Konrad Adenauers letzte Lebenstage

Hanns Jürgen Küsters

Portrait Foto von Konrad Adenauer
Portrait Konrad Adenauer, 1967

Bis in die letzten Lebenstage hat Konrad Adenauer gearbeitet, sich um die Entwicklung in Deutschland, den Fortgang der europäischen Einigung und das transatlantische Verhältnis Sorgen gemacht und auf eine neue Initiative des französischen Präsidenten Charles de Gaulles zur politischen Einigung Europas gehofft. Nach einem zweiten Herzinfarkt, den er über Ostern 1967 erlitt, verschlechterte sich sein Zustand. Am 13. April 1967 nahm er bei vollem Bewusstsein Abschied von seiner Familie, bevor er knapp eine Woche später am 19. April 1967 in seinem Wohnhaus in Rhöndorf verstarb.

23.03.1967

Besuch mit der Hausärztin Dr. Ella Bebber-Buch beim Augenarzt Dr. Olaf Rösch in Bad Honnef; Diagnose: Konrad Adenauer leidet unter grauem Star auf beiden Augen

27.03.1967

Besuch der Kinder, Schwiegertöchter und Schwiegersöhne in Rhöndorf

28.03.1967

Keine Termine, ein letztes Mal Arbeit in seinem Pavillon im Garten, arbeitet nicht, sagt er sei "zu müde"

29.03.1967

Früher Morgen: Adenauer verspürt heftigen Schmerz im Rücken; Besuch von Frau Dr. Bebber-Buch; für nächsten Tag ist eine Röntgenaufnahme vorgesehen.

Vormittag: Absage der Besprechungstermine in Bonn. Konrad Adenauer verbringt die Zeit in seinem Arbeitszimmer.

Später Vormittag: Telefonat mit Frau Dr. Bebber-Buch

Mittagessen: Konrad Adenauer klagt über Appetitlosigkeit, anschließend Mittagsruhe.

Nachmittags (16.30 Uhr): Besuch von Frau Dr. Bebber-Buch, telefoniert mit Prof. Dr. Adolf Heymar, Universität Bonn, bittet ihn nach Rhöndorf zu kommen.

Besuch von Prof. Heymar, der einen Verdacht auf Lungenentzündung diagnostiziert; Frau Dr. Bebber-Buch hegt Verdacht auf Herzinfarkt.

Nachts: Anneliese Poppinga, Paul Adenauer und Dr. Bebber-Buch halten Nachtwache.

30.03.1967

Ergebnis der Untersuchungen, das Adenauer nicht mitgeteilt wird: Herzinfarkt. Konrad Adenauer wird von den beiden Ärzten der Transport ins Krankenhaus empfohlen, was Adenauer erregt ablehnt.

Prognose Frau Dr. Bebber-Buch: Konrad Adenauer müsse die nächsten zehn Tage ohne Re-Infarkt überstehen. Prof. Heymar ist pessimistisch.

Rede den US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey auf einer Konferenz der in Europa akkreditierten amerikanischen Botschafter in Bonn-Bad Godesberg, in der andeutete, die friedliche Nutzung der Atomenergie durch europäische Staaten unter die Kontrolle der USA und der Sowjetunion zu stellen.

31.03.1967

Besuch der ehemaligen Hausangestellten Monika Hurth, von der sich Adenauer persönlich verabschiedet

In einem Telegramm an Präsident de Gaulle, bittet Konrad Adenauer ihn, im Sinne der Rede Humphreys "die NATO durch Übertragung politischer Zuständigkeiten zu stärken und gleichzeitig ein stärkeres und unabhängigeres Europa zu bilden".

01.04.1967

Vormittag: Konrad Adenauer bittet um ein Telefonat mit Bundeskanzler Kiesinger, das an dem Tag nicht mehr zustande kommt. Konrad Adenauer zeigt sich enttäuscht.

Anneliese Poppinga informiert Konrad Adenauers Tochter Libet Werhahn im Urlaub in Tirol über den Ernst der Erkrankung des Vaters.

02.04.1967

Kurz nach 9.00 Uhr: Konrad Adenauer telefoniert mit Bundeskanzler Kiesinger über die Rede Humphreys und vereinbart ein Gespräch mit ihm für den nächsten Tag.

Frau Dr. Bebber-Buch ist besorgt über den Gesundheitszustand ihres Patienten und will Aufregung für ihn verhindern. Der Besuch könne "in jeder Minute den Tod auslösen", der "nach dem Urteil des Ärztekollegiums sowieso nicht mehr aufzuhalten sei".

Besuch der Familie Werhahn in Rhöndorf.

03.04.1967

12.00 Uhr: Unterredung Konrad Adenauers mit Bundeskanzler Kiesinger in Rhöndorf

04.04.1967

Telegramm von Staatspräsident de Gaulle an Konrad Adenauer

Schreiben Konrad Adenauer an Bundeskanzler Kiesinger

05.04.1967

Schreiben Konrad Adenauer anlässlich des Geburtstages von Bundeskanzler Kiesinger

Danktelegramm Konrad Adenauer an Staatspräsident de Gaulle

06.04.1967

Konrad Adenauer fragt Frau Dr. Bebber-Buch nach seinem Gesundheitszustand und ob er sein Testament machen müsse. Er wünscht mit seinem Sohn Paul Adenauer darüber zu sprechen.

07.04.1967

Nacht zum 08.04.1967: Verschlechterung des Zustands von Konrad Adenauer; er erhält Sauerstoff.

Monsignore Paul Adenauer spendet ihm das Sakrament der letzten Ölung.

08.04.1967

Konrad Adenauer hört Lieder von Schubert, unter anderem "Die schöne Müllerin".

09.04.1967

Weitere Verschlechterung des Gesundheitszustands. Konrad Adenauer fällt zeitweise ins Koma.

Nachtwache von Dr. Hans-Hermann Hilger

10.04.1967

Zeitweise Bewusstlosigkeit Konrad Adenauers

Nachtwache von Dr. Hilger

11.04.1967

Konrad Adenauer verlässt ein letztes Mal sein Bett und lässt sich Berichte aus der Tageszeitung vorlesen, betrachtet Gemälde, geht ins Arbeitszimmer und wieder in sein Schlafzimmer.

Die Öffentlichkeit erfährt erstmals von der Erkrankung des 91 Jährigen, jedoch ist der Ernst der Lage noch unbekannt.

12.04.1967

Konrad Adenauer kann sein Bett nicht mehr verlassen, ist nur kurz bei vollem Bewusstsein, bedankt sich bei Frau Dr. Bebber-Buch.

Die CDU teil offiziell mit, ihr Ehrenvorsitzender sei an "einem grippalem Infekt mit einer Bronchitis erkrankt, die die Gesamtorganismus belastet haben."

13.04.1967

Konrad Adenauer, eine Stunde bei Bewusstsein, nimmt Abschied von seinen Kindern und sagt seine letzten Worte in kölnischem Dialekt: "Do jitt et nix ze kriesche" ("Da gibt es nichts zu weinen!")

Anschließend verliert Konrad Adenauer das Bewusstsein und wacht nicht wieder auf. 

Spät abends: Die Kinder Konrad Adenauers verlassen das Wohnhaus; allein Monsignore Paul Adenauer hält sich in der Nähe des Vaters auf.

 

14.04.1967

Nachts und am Morgen: Neue Sauerstoffflaschen werden in das Wohnhaus gebracht.

Nach Auskunft des Sohnes Georg Adenauer gegenüber der Presse geht es dem Vater unverändert schlecht. Konrad Adenauer "habe eine ruhige Nacht gehabt. Er werde dann und wann auch wach und sei dann bei vollem Bewusstsein."

Die Kinder treffen wieder in Rhöndorf ein.

Nachmittags: Das Befinden Konrad Adenauers hat sich nicht weiter verschlechtert.

In einem offiziellen ärztlichen Bulletin teilen die behandelnden Ärzte ("ein Team von Spezialisten und der Hausärztin Dr. Bebber-Buch") unter Leitung von Prof. Heymar mit, "das Krankheitsbild sei unverändert ernst. 'Es sind keine Zeichen einer Besserung zu erkennen.'" 

17.04.1967

Sohn Max Adenauer erklärt. "der Zustand seines Vaters halte sich jetzt auf der stabilisierten Grundlage von Sonntag." Konrad Adenauer bekommt wie an den Tagen zuvor weiterhin Sauerstoff.

18.04.1967

Das Befinden Konrad Adenauers ist weiterhin ernst. Im zweiten Bulletin des Tages lassen die Ärzte wissen. "Im Krankheitsbild ist keine wesentliche Änderung eingetreten."

Abends kurz vor 19.00 Uhr: Die Ärzte lassen im dritten Bulletin verlautbaren: "Der  geschwächte Allgemeinzustand und der Lungenbefund haben sich nicht gebessert. Das Krankheitsbild ist weiterhin ernst."

19.04.1967

Früher Morgen: Im ersten Bulletin teilen die Ärzte mit: "Die Nachtstunden brachten keine Änderung des weiterhin sehr ernsten Krankheitsbildes."

11.30 Uhr: Im zweiten Bulletin teilen Prof. Schäde, PD Dr. Hilger und Dr. Bebber-Buch mit: "Der Krankheitszustand hat sich verschlechtert und gibt zu ernster Besorgnis Anlass."

13.21 Uhr: Konrad Adenauer stirbt.

  • Adenauer. Die letzten Lebensjahre 1963-1967. Briefe und Aufzeichnungen. Gespräche, Interviews und Reden, Bd. II: September 1965 - April 1967, bearb. von Hans-Peter Mensing, (Adenauer Rhöndorfer Ausgabe) Paderborn-München-Wien-Zürich 2009.
  • Anneliese Poppinga: Adenauers letzte Tage. Die Erinnerungen seiner engsten Mitarbeiterin, Stuttgart-Leipzig 2009.

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Noch an Adenauers Todestag hoben führende Persönlichkeiten die Verdienste des Verstorbenen hervor. Hier finden Sie eine Auswahl an Nachrufen auf Konrad Adenauer sowie weitere Dokumente zu seinem Tod.

Am 19. April 1967 starb Konrad Adenauer im Alter von 91 Jahren in Rhöndorf. Zur Trauerfeier kamen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt.

Nach seinem Rücktritt vom Amt des Bundeskanzlers waren die letzten Lebensjahre Adenauers von dem Willen geprägt, unverändert Einfluss auf die Tagespolitik zu nehmen.