* geboren 15.09.1902
in
Anholt
† gestorben 02.06.1965
in
Freiburg/Breisgau
OP
Dominikanerpater, Dr. rer. pol., rk.
Rektoratsschule Anholt, Gymnasialkolleg der Dominikaner Vechta, Gymnasium Emmerich | |
1922 | Eintritt in den Dominikanerorden, Studium der Philosophie und der Theologie an der Ordenshochschule in Düsseldorf, später Walberberg |
1929 | Priesterweihe |
1930 | Lektoratsexamen, Dozent für Ethik und Moraltheologie in Walberberg, gleichzeitig Studium der Volkswirtschaft und Soziologie an der Universität Köln |
1934 | Promotion zum Dr. rer. pol |
1939-1955 | Studienregens |
Eberhard Welty wird am 15. September 1902 in Anholt/Westfalen als ältestes von elf Kindern geboren und entstammt einer Handwerkerfamilie. Er besucht in seiner Geburtsstadt die Rektoratsschule, dann das Gymnasialkolleg in Vechta, das von Dominikaner geleitet wird, und wechselt an das Gymnasium in Emmerich, wo er 1922 sein Abitur macht. Gleich nach dem Abitur tritt Welty in den Dominikanerorden ein und studiert in Düsseldorf an der ordenseigenen Hochschule Theologie und Philosophie. Während des Studiums, 1924, wechselt die Ordenshochschule nach Walberberg bei Bonn, dort macht Welty 1930 sein Lektoratsexamen und wird Dozent für Ethik und Moraltheologie. Gleichzeitig studiert er an der Universität Köln Volkswirtschaft und Soziologie. 1935 wird er zum Dr. rer. pol. promoviert. In Köln prägen ihn der Soziologe Leopold von Wiese, der Volkswirtschaftler Christian Eckert und vor allem der katholische Sozialethiker Theodor Brauer, der lange Jahre Leiter des Bildungswesens der christlichen Gewerkschaften ist und dann das Kölner Forschungsinstitut für Sozialwissenschaften leitet. Die naturrechtliche Wesensbestimmung und Zuordnung von „Gemeinschaft und Einzelmensch“ sind Thema seiner vielbeachteten Dissertation.
Während des „Dritten Reiches“ beschränkt Welty seine Publikationen auf politisch unverfängliche Themen, arbeitet an der Deutschen Thomasausgabe mit und bekleidet im Kloster Walberberg die Funktionen des Studentenmagisters, des Priors und des Studienregens. Über seinen Provinzial Laurentius Siemer OP gelangt Welty 1941 in den aus der katholischen Arbeiterbewegung entstandenen Kölner Widerstandskreis, für den er Grundsätze zu einer neuen Staats- und Gesellschaftsordnung ausarbeitet. Zu diesem Kreis gehören neben Siemer Jakob Kaiser, Andreas Hermes, Johannes Albers, Wilhelm Elfes und Karl Arnold, die den Krieg überlebt haben, sowie Bernhard Letterhaus, Nikolaus Groß, Josef Wirmer, Heinrich Körner und Otto Müller, die nach dem 20. Juli 1944 hingerichtet werden bzw. in Gestapohaft gestorben (Müller) oder in den Wirren der letzten Kriegsmonate umgekommen sind (Körner). Welty selber bleibt vor Verfolgung bewahrt und kann seine Arbeiten über eine „christliche Gesamtlebensordnung“ als „Neuordnung im deutschen Lebensraum“ retten und in Sicherheit bringen.
Im programmatischen Selbstfindungsprozess der CDU in ihrer Gründungsphase haben sozialpolitische Fragen einen zentralen Stellenwert. Diese sind stets mit der Diskussion um die anzustrebende Wirtschaftsordnung verbunden. In Hinblick hierauf gibt es zunächst ein Übergewicht der Kräfte, die einen „christlichen Sozialismus“ bzw. einen „Sozialismus aus christlicher Verantwortung“ anstreben. Diese Vorstellungen basieren unteranderem im rheinischen Gründerkreis auf den sozialethischen Ideen Weltys. Seine Ausarbeitungen erscheinen 1945 in programmatischer Kurzfassung unter dem Titel „Was nun?“ und in erweiterter Buchfassung 1946 „Die Entscheidung in die Zukunft“ und finden erstmals in den Kölner Leitsätzen vom Juni 1945 ihren Niederschlag. Im Grundsätzlichen sind auch noch das Parteiprogramm von Neheim-Hüsten vom März 1946 und das Ahlener Programm vom Februar 1947 durch diese Auffassungen geprägt. Beide enthalten eine Absage an die überkommene kapitalistische Wirtschaftsordnung und weisen der Wirtschaft die Aufgabe der „Bedarfsdeckung des Volkes“ zu. Das Programm von Neheim-Hüsten betont die Notwendigkeit, ein „soziales Recht zu schaffen, das Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichberechtigter Tätigkeit in Führung und Verantwortung verpflichtet“, um auf diese Weise eine „soziale Neuordnung in Wirtschaft und Gesellschaft“ herbeizuführen. Das Ahlener Programm konkretisiert diese Gedanken noch, indem es detaillierte Forderungen zur Entflechtung, Mitbestimmung sowie Planung und Lenkung der Wirtschaft aufstellt. Mit dem Ahlener Programm ist jedoch zugleich der Höhepunkt erreicht, der Christentum und Sozialismus als programmatische Grundlage der CDU-Politik zusammenzufassen sucht. Spätestens seit Anfang des Jahres 1947 setzt eine Entwicklung ein, an deren Ende mit den Düsseldorfer Leitsätzen vom Juli 1949 ein Programm steht, das in eine andere Richtung weist. In den Düsseldorfer Leitsätzen bekennt sich die Union im wirtschaftspolitischen Teil uneingeschränkt zur Sozialen Marktwirtschaft. Konrad Adenauer hat sich frühzeitig in die Programmdiskussion eingeschaltet. Sowohl das Programm von Neheim-Hüsten als auch das Ahlener Programm sind weitgehend von ihm geprägt. Die hierin enthaltenen Zugeständnisse an die Sozialausschüsse sind lediglich taktischer Natur und so formuliert, dass ein Übergang zu einem marktwirtschaftlich orientierten Programm bereits im Ahlener Programm angelegt ist. Die Entwicklung vom Ahlener Programm zu den Düsseldorfer Leitsätzen hat er weiter gesteuert, wobei er sich dabei im Besonderen Ludwig Erhards und der von diesem betriebenen Politik im Frankfurter Wirtschaftsrat bedient. Der Versuch Weltys, einen antimarxistischen Sozialismusbegriff einzuführen, um dadurch die Attraktivität der katholischen Soziallehre zu erhöhen und die Arbeiterschaft stärker an die Kirche heranzuführen, misslang ihm jedoch. Dennoch wuchs sein Einfluss auf das soziale Denken innerhalb der Kirche. Im politischen Bereich gingen die Wirkungen, die er auf die CDU-Programmatik ausübte, zurück und beschränkten sich auf die Sozialausschüsse.
Welty organisiert im Walberberger Kloster ein Erwachsenenbildungswerk, das wohl als erstes nach 1945 in Westdeutschland sozialethische Lehrgänge und Informationskurse veranstaltet. Das „Walberberger Institut“ ist ökumenisch ausgerichtet und die überparteiliche Einstellung, ermöglicht es, christlich-soziale Grundeinsichten und Orientierungen weiten Arbeitnehmer- und Gewerkschaftskreisen zu vermitteln. 1951 gründete Welty das „Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg“. Es soll durch Forschung, Veröffentlichungen und Veranstaltungen an der „Neugestaltung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung“ mitwirken. Grundlegende Fragen der Zeit werden diskutiert, die in der 1946 gemeinsam mit Siemer gegründeten Zeitschrift „Die Neue Ordnung“ ihren publizistischen Niederschlag finden. In dieser Zeit spricht man von einer „Walberberger Bewegung“. Die Träger und Multiplikatoren sind die katholischen Arbeitnehmervereinigungen, doch pflegt Welty ebenso Kontakte zu den katholischen Unternehmern. Den CDU-Sozialausschüssen steht Welty besonders nah und gehört zum „Königswinterer Kreis“, dort wurde sein Rat von vielen geschätzt. Von 1951 bis 1958 veröffentlicht er die ersten drei Bände seines Hauptwerkes „Sozialkatechismus“. Mitten in der Arbeit am vierten, die Wirtschaftsordnung behandelnden Band des „Sozialkatechismus“ stirbt Welty am 2. Juni 1965 in Freiburg im Breisgau. Auf dem Weg zu Verlagsverhandlungen bricht er auf der Straße zusammen und stirbt an Herzversagen.