Herausforderungen und Gefahren

Materialismus und Christentum, das sind die großen entgegengesetzten Pole, die sich allmählich immer klarer und deutlicher abzeichnen. Ob die Mehrheit unseres Volkes auf materialistischem Boden verharrt oder ob sie zurückfindet zu der Weltanschauung des Christentums, das ist die entscheidende Frage für unser Volk.

In Essen auf einer Veranstaltung der CDU am 24.8.1946, st. N., S. 5, StBKAH 02.03.

Nichts ist dauernd auf Erden und alles fließt. Aber der Fluß der Entwicklung kann langsam und geordnet sein wie etwa in dem Jahrhundert, das 1815 mit dem Wiener Kongreß begann und das 1914 mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges endete. In solchen Zeiten ist vielleicht die Mehrzahl der Menschen berechtigt, den eigenen Geschäften sich zu widmen und sich um politische Angelegenheiten nicht zu kümmern. Aber es kann auch Perioden geben, die erfüllt sind von Sturm, von einer atemberaubenden Schnelligkeit der Entwicklung, in denen es nur eine Wahl zwischen Gut und Böse, zwischen Leben und Untergang gibt, und in denen diese Wahl schnell und ohne Zögern getroffen werden muß. In einer solchen Periode hat kein Mensch das Recht, sich abseits zu stellen. Kein Mensch und kein Volk hat dies Recht. Jeder Mensch und jedes Volk hat dann die Pflicht, Stellung zu nehmen und das von ihm als richtig Erkannte mit äußerster Zähigkeit und Energie durchzuführen.

Auf dem 1. Bundesparteitag der CDU in Goslar am 20.10.1950, Protokoll des Parteitages, hrsg. v. der CDU, Bonn o. J., S. 12.

Der heutige Mensch und vor allem der junge Mensch in vielen Ländern drängt geradezu zur Vermassung, weil er selbst keine Verantwortung übernehmen will für seine Entschlüsse, für das, was er tut. Jeder, der diese Entwicklung mit einiger Aufmerksamkeit verfolgt, muß geradezu erschrecken vor dieser Gefahr.

Im Pontificium Collegium Germanicum in Rom am 20.6.1951, st. N., S. 1, Privatbesitz.

Nach meiner Meinung ist eines der Hauptübel im Leben Europas, im wirtschaftlichen und politischen Leben, die materialistische Lebensauffassung.

Rede vor den NEI in Bad Ems am 14.9.1951, st. N., S. 1, StBKAH 02.09.

Diese materialistische Einstellung führt in ihrer äußersten Konsequenz notwendig zu kommunistischen und diktatorischen Entwicklungen, jedenfalls zu Entwicklungen, die sich über das Recht der Einzelperson hinwegsetzen.

Rede vor den NEI in Bad Ems am 14.9.1951, st. N., S. 9, StBKAH 02.09.

Ich bin fest überzeugt, daß es eine Rettung gibt, wenn wir nur wollen, wenn wir nur entschlossen sind, alle die Kraft anzuwenden zum Widerstand und zur Bekämpfung, die in uns wohnt. Die Rettung des Abendlandes, die Rettung der christlichen Kultur, wird entscheidend mit beeinflußt werden durch einen Zusammenschluß der politischen, auf dem Boden des Christentums stehenden Kräfte.

Rede vor den NEI in Bad Ems am 14.9.1951, st. N., S. 9, StBKAH 02.09.

Das Gegenteil des personenhaften Seins, wie wir es auf Grund unserer christlichen Weltanschauung als Norm verlangen müssen, ist die Vermassung, die den Menschen erniedrigt, ihn seiner Persönlichkeit beraubt. Wir stehen mitten in der Vermassung. Sie wird begünstigt durch die fortschreitende Industrialisierung und durch die fortschreitende Typisierung und Normierung der industriellen Arbeit. Sie wird weiter gesteigert durch die fortschreitende Technisierung und die damit verbundene Uniformierung unserer Kultur und unserer Unterhaltung. Ein vermasstes Volk ist kein Kulturvolk, kein christliches Volk.

Hs. Redeentwurf für eine „Katholische Kundgebung“ (so die Formulierung laut Tagesplan, StBKAH 04.02.) in Essen am 23.9.1951, S . 14 ff., StBKAH 02.09.

Ich hoffe, daß wir erleben werden, daß die Geißel der Menschheit, die so viele Kriege hervorgebracht hat, der Nationalismus, verschwindet. Aber schon tun sich zwei neue große Gefahren für den Fortschritt der Menschheit auf. Ich meine den Materialismus und die Vermassung. Wenn es nicht gelingt, den Materialismus und die Vermassung zu besiegen, dann, fürchte ich, wird die Menschheit noch in weitere Kriege und in weitere Epochen des Niederganges hineinkommen.

Ansprache in Bonn aus Anlaß einer der UNESCO gewidmeten Feierstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages am 14.1.1952. Bulletin Nr. 7/52, S. 68.

Man mag mit einer solchen Vermassung und Uniformierung der Arbeit und des Denkens zunächst auf wirtschaftlichem Gebiet einen schnelleren Fortschritt erzielen als durch Schonung und Pflege der individuellen Freiheit. Aber auf die Dauer führt eine Politik der Vermassung, ja schon eine Politik, die es zuläßt, daß das Individuelle verkümmert, mit absoluter Sicherheit zum Niedergang, zu einem katastrophalen Niedergang auf schlechthin allen Gebieten der menschlichen Betätigung.

Ansprache auf dem Deutschen Handwerkstag in Düsseldorf am 27.4.1952, Bulletin Nr. 48/52, S. 500.

Spezialisierung und Zersplittern des Wissens ist eine sehr ernste Gefahr; und es darf nicht dazu kommen, daß sich die Universitas umgestaltet in ein Bündel gehobener Fachschulen, die gelegentlich bei den Universitätsfesten zusammenkommen.

Ansprache in der Frankfurter Universität am 30.6.1952, Bulletin Nr. 81/52, S. 826.

Wir sind Gegner der materialistischen Weltauffassung, aber der Kampf darum, ob Deutschland, ob Europa dem Materialismus anheimfallen sollen oder dem Christentum erhalten bleiben, der wird sich noch viele Jahre hindurch abspielen, und zwar auf Gebieten, die wir zunächst nicht in Angriff nehmen können, die aber in Angriff genommen werden müssen, auf dem Gebiet der Familie, und auf dem Gebiet vor allem der Erziehung der Jugend. Dieser Kampf um die Seele des deutschen Volkes und um die Seele Europas, die christliche Seele Europas, der uns und unsere Nachfahren noch lange beschäftigen wird, denn wir müssen gegenüber diesem materialistischen Zeitgeist letzten Endes den Sieg davontragen.

Vor dem Bundesparteiausschuß der CDU am 6.9.1952, st. N., S. 8, ACDP VII-001-019/11.

Im Mittelstand erkenne ich das stärkste Bollwerk gegen den verderblichen Geist des Kollektivismus und der Vermassung.

Interview mit Franz Effer; Pressedienst des Einzelhandels, zitiert nach Bulletin Nr. 168/52 vom 31.10.1952, S. 1495.

Die verschiedenen Systeme des Totalitarismus hätten niemals auch nur annähernd die ungeheure Macht über Millionen von Menschen gewinnen können, wenn nicht gewisse Tendenzen der modernen Zivilisation das Terrain für die Beherrschung der Massen vorbereitet hätten. Der moderne Mensch ist sich weithin nicht mehr seiner Eigenständigkeit und seines Eigenwertes bewußt. Er erarbeitet sich nicht mehr selbst sein Weltbild, sondern akzeptiert vielfach aus Bequemlichkeit die fertige Schablone, die ihm die Kollektivität bietet.
Selbst in die Hochschulen ist der Geist der Entpersönlichung eingedrungen, der dem Wesen der Universität geradezu diametral entgegensteht. Eine der Aufgaben der Hochschule ist die Erziehung der jungen Generation zu unabhängigem Denken und schöpferischem Schaffen.

Rede in der Georgetown University in Washington, D.C., anläßlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde der juristischen Fakultät am 7.4.1953, Redetext, S. 3., StBKAH 02.11.

Es ist wohl sicher, daß das Pressewesen und die moderne Nachrichtengebung in großen Teilen unserer Welt ständig derart ausgedehnt worden ist, daß der moderne Mensch sozusagen die ganze Welt gleichzeitig erlebt. Dieser Fülle ist der Mensch noch nicht gewachsen, er kann nicht alles in sich aufnehmen, und was die Hauptsache ist, geistig verarbeiten. Infolge dieser Entwicklung sind viele Menschen in ihrem geistigen Leben verflacht und haben nur noch Sinn für die allerneueste Nachricht, die desto besser erscheint, je sensationeller sie ist oder aufgemacht ist.

Rede vor dem Internationalen Presseinstitut in London am 14.5.1953, Bulletin Nr. 91/53, S. 774.

Die Nachrichtengebung legt es m. E. zu sehr auf die Erregung des Menschen an. In einem Zeitalter, in dem große Entfernungen in wenigen Stunden zu überbrücken sind, in dem Waffen ersonnen werden, die sich noch vor wenigen Jahrzehnten die kühnste Phantasie nicht träumen ließ, wird keineswegs jede zu schnellen und gefährlichen Entschlüssen drängende Erregung bekämpft, sondern oft bewußt aufgepeitscht. Alle Mittel der öffentlichen Meinungsbildung tragen heute eine größere Verantwortung denn je zuvor.

Rede vor dem Internationalen Presseinstitut in London am 14.5.1953, Bulletin Nr. 91/53, S. 774.

Die Presse sollte ihrer Tradition treu bleiben und sich auf die volle Entfaltung ihrer großen Möglichkeiten besinnen, das Wesentliche, die Essenz aus der ungeheuren Flut der Aktualitäten auszuwählen und zu verarbeiten und dadurch einer gesunden Urteilsbildung zu dienen.

Rede vor dem Internationalen Presseinstitut in London am 14.5.1953, Bulletin Nr. 91/53, S. 774.

Wenn die geistige Arbeit nicht besser gewertet wird, wird unser Volk nicht nur geistig, auch wirtschaftlich schwersten Schaden leiden.

Ansprache in der Technischen Universität Berlin am 19.7.1954, Bulletin Nr. 133/54, S. 1198.

Massenherrschaft bedeutet Massendenken und damit Unterdrückung des individuellen Geistes, bedeutet Einflußlosigkeit des Einzelgängers, der ja, wie wir wissen, zu allen Zeiten der Menschheit den Fortschritt gebracht hat. Als Akademiker sind Sie berufen, der Vermassung, die auch uns in der freien Welt bedroht, entgegenzutreten, zu helfen, daß wir keine Masse werden, gelenkt durch Spruchbänder und Lautsprecher und unterworfen all den trostlosen Folgen in politischer, wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht, die sich aus der Vermassung ergeben. Vermassung und geistiges schaffen sind einander diametral entgegengesetzt. Ohne ein Klima, das der Entfaltung der schöpferischen Persönlichkeit Möglichkeiten bietet, wird das deutsche Volk zugrunde gehen.

Ansprache in der Technischen Universität Berlin am 19.7.1954, Bulletin Nr. 133/54, S. 1198.

Wir leben in einer Periode der zur Gefahr für alle gestalteten Unruhe in der Welt. Diese Periode begann vor 50 Jahren - ihr Ende ist noch nicht abzusehen. Sie ist erfüllt von furchtbaren Kriegen, die namenloses Elend über Millionen von Menschen brachten, und die an den Grundfesten unserer sittlichen Werte rüttelten. Diese Periode der Unruhe ist auch gekennzeichnet durch unerhörte Fortschritte der Technik, die sich zum Segen, aber auch zum Fluch der Menschheit auswirken können.

Weihnachtsansprache am 25.12.1955 über die deutschen Rundfunksender. Druck: Martin Verlag, Buxheim/Allgäu U. J., o. S.

Wenn die Bande der Familie sich lockern, wenn die Eltern nicht mehr ihre Pflichten gegenüber den Kindern, wenn die Kinder nicht mehr ihre Pflichten gegenüber den Eltern erkennen, wenn die Liebe in der Familie schwindet, die Sorge füreinander, die Ehrfurcht, dann hat der Sturm unserer Zeit ein weites Loch in den Damm gerissen, der Frieden, Freiheit, Gottesglauben vor den Meeresfluten schützt, die der Sturm der Unruhe aufgewühlt hat.

Weihnachtsansprache am 25.12.1955 über die deutschen Rundfunksender Druck: Martin Verlag, Buxheim/Allgäu o. J., o. S.

Die Gefahren, die von dem atheistischen Materialismus uns, Europa, der ganzen christlichen Welt drohen, sind ungeheuer groß, weil hinter ihm große politische Macht steht. Die Auseinandersetzung mit ihm wird schwer sein und lange dauern. Ich spreche hier nicht von politischem Kampf, ich spreche von dem geistigen Kampf, der geistigen Auseinandersetzung, dem geistigen Sieg über den Materialismus, den wir erringen müssen, den wir erringen werden.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages in Köln am 2.9.1956, Bulletin Nr. 165/56, S. 1594.

Die politische und wirtschaftliche Vormachtstellung Europas, die zu Anfang dieses Jahrhunderts noch unbestritten war, ist lange dahin. Ob die europäische Kultur ihre führende Stellung behalten wird? Ich glaube nicht, wenn wir sie nicht verteidigen und den neueren Verhältnissen entsprechend entwickeln, denn auch Kulturen sind, wie die Geschichte zeigt, gefährdet.

Rede vor den Grandes Conférences Catholiques in Brüssel am 25.9.1956, Bulletin Nr. 181/56, S. 1728.

Die Feinde von heute sind nicht die anderen Nationen. Die Feinde von heute sind vielmehr Armut, Unwissenheit, Krankheit und Diskriminierung. Was wir brauchen, ist eine Zusammenarbeit im Sinne einer Menschheitsfamilie der ganzen Welt. Durch Nutzbarmachung der reichen Energiequellen, die in diesem nuklearen Zeitalter in der ganzen Welt erschlossen wurden, kann die Menschheit diese Feinde überwinden. Unwissenheit und mangelndes Verständnis zwischen asiatischen, afrikanischen und westlichen Völkern ist heute die größte Gefahr.

Gespräch mit Professor Arthur H. Compton (Nobelpreisträger für Physik), Vorsitzender der World Brother Hood von Nordamerika, am 17.5.1957, Bulletin Nr. 93/57 S. 833.

Durch eine aktive Politik muß dafür gesorgt werden, daß die geistigen Kräfte unseres Volkes nicht infolge der Gefahren, die die Entwicklung von Technik und Wirtschaft in sich bergen, verkümmern.

Telegramm an den Hauptvorstand der DAG aus Anlaß des 6. Gewerkschaftskongresses der DAG in Hamburg, zitiert nach Bulletin Nr. 188/57 vom 9.10.1957, S. 1725.

Wirtschaftliche Machtzusammenballungen können in der Hand von Unternehmern ebenso gefährlich sein, wie in der Hand von Organisationen von Arbeitnehmern. (Lebhafter Beifall.) Kartelle können gefährlich werden, aber auch Gewerkschaften. Diese Erscheinungsformen der Machtzusammenballung auf der einen wie auf der anderen Seite werden wir darum mit großer Sorgfalt zu beobachten haben, damit sie nicht die Freiheit der wirtschaftlichen Entwicklung beeinträchtigen.

Auf dem 8. Bundesparteitag der CDU in Kiel am 19.9.1958, Protokoll des Parteitages, hrsg. v. der CDU-Bundesgeschäftsstelle, Bonn o. J., S. 23.

Sorgen wir, daß wir nicht untergehen im Materialismus! Sorgen wir, daß auch die deutsche Jugend erkennt, daß das Leben wirklich nicht identisch ist mit Vergnügungen, mit möglicher Flucht vor der Arbeit. Sorgen wir dafür, daß das ganze deutsche Volk, auch die Jugend, die ich immer wieder besonders erwähne, sich darüber klar ist, daß nur derjenige ein befriedigendes Leben führt, der sich der Verantwortung bewußt wird, die auf ihm liegt und der er nach besten Kräften gerecht zu werden versucht.

Ansprache aus Anlaß einer Feierstunde zum zehnjährigen Bestehen der Vereinigung der Opfer des Stalinismus in Königswinter am 13.2.1960, Bulletin Nr. 31/60, S. 297.

Vermassung eines Volkes verträgt sich nicht mit der Freiheit und der Würde des Menschen. Der Widerstand gegen die Vermassung ist eine der Hauptaufgaben, die wir lösen müssen. Diese Vermassung hängt zusammen mit der Hast, ja mit der Hetze des Lebens, das wir führen. Diese Hast und diese Hetze und auch diese Unsicherheit unseres Lebens sind, wenigstens zum Teil, eine Folge der Entwicklung der Technik - ich gebrauche das Wort ‚Technik’ hier im weitesten Sinne des Wortes -, vielleicht würde man auch sagen können: der Nützung der Kräfte unseres Planeten. Hüten wir uns, diese Kräfte anzubeten! Das würde ein verfeinerter Materialismus sein. Das oberste in der Wissenschaft, in ihren Fortschritten und in der Wirtschaft und in der Politik ist und bleibt der Mensch, sein Geist und seine Seele.

Ansprache anläßlich des Deutschen Handwerkstages in Köln am 20.6.1961, Bulletin Nr. 113/61, S. 1093.

Ich sehe mit Schrecken, wie die Jugend - wobei ich unter Jugend junge Leute bis zu 35 Jahren verstehe - immer mehr dem Christentum und dem christlichen Gedankengut entfremdet wird. (...) Deshalb müssen wir viel mehr als vor 15 Jahren immer wieder zum Ausdruck bringen und beweisen, daß es allein die Wahrheiten des Christentums sind, auf denen - trotz der Entwicklung dieser Zeit - das Wohlergehen der Menschen aufgebaut werden kann.

Vor dem Bundesparteivorstand der CDU am 10.5.1962, st. N., S. 124 f., ACDP VII-001-011/3.

In der Geschichtsperiode, in der wir uns gegenwärtig befinden, kommt es darauf an, daß man die geistige Orientierung nicht verliert. Das ist entscheidend für die weitere Zukunft.

Ende August 1963 gegenüber Anneliese Poppinga, vgl. Das Wichtigste ist der Mut!, a. a. O., S. 541.

Im Fernsehen erblicke ich wirklich eine Gefahr, auch für die Erwachsenen - eine Gefahr unserer Zeit.

lnterview mit Will McBride (Twen) am 17.2.1966, st. N., S. 5, StBKAH 02.37.

Lassen Sie mich zum Schluß zusammenfassend noch einmal eindringlich hinweisen auf die außerordentliche Gefährlichkeit der politischen Lage in unserer Zeit. Die Gefährlichkeit beruht einerseits in der Schnelligkeit, mit der sich umwälzende Machtverschiebungen vollzogen haben und noch vollziehen. Sie liegt weiter in dem Vorhandensein von Supermächten, deren Bestehen die Gefahr in sich birgt, daß die übrigen Mächte zu mehr oder weniger Bedeutungslosigkeit verurteilt werden, sie werden Werkzeuge des Willens der ganz Großen. Sie liegt schließlich in der Unübersehbarkeit der Entwicklung Rotchinas. Diese Gefährlichkeit der Lage, die außerordentliche Schnelligkeit der Entwicklungen, zwingt Europa zu schnellem, entschlossenem Handeln, zwingt es zur schnellen politischen Einigung, um seine besonderen Interessen zu wahren, und damit seine Existenz als Faktor des Weltgeschehens zu erhalten.

Letzte außenpolitische Rede Konrad Adenauers in Madrid im Ateneo am 16.2.1967, Redemanuskript, S. 17f., StBKAH 02.38.

Ich bin bekannt dafür, daß ich ein Störenfried bin. Man muß mich nehmen wie ich bin. Wenn ich ein Störenfried bin, dann geschieht es auch aus gutem Grund. Und, meine Damen und Herren, wenn jemand Schlafende aufweckt, damit sie aufpassen, dann ist der Betreffende kein Störenfried. Ich möchte rufen, seid wach! Seid wach für die kommenden Jahre.

Letzte öffentliche Rede Konrad Adenauers in München am 28.2.1967, zitiert nach der Wiedergabe im Bayernkurier vom 29.4.1967, Nr. 17, 18. Jg.

Die wachsende Überalterung des deutschen Volkes steigt andauernd, die Verluste der beiden Kriege sind nur einer der Gründe dieser erschreckenden Erscheinung. Heute stehen 67 % der Bevölkerung im produktiven Alter, 9 % zählen zu den Alten, 24 % stehen im jugendlichen Alter und sind noch nicht arbeitsfähig. Diese Zusammensetzung der Bevölkerung ändert sich stets zuungunsten des Prozentsatzes der im produktiven Alter Stehenden, weil die Langlebigkeit wächst und die Geburtenzahl abnimmt. Wenn diese Zusammensetzung sich nicht ändert, wenn nicht durch konstante Zunahme der Geburten der Prozentsatz der im produktiven Alter stehenden Personen wächst, werden zunächst die Alten von der geringeren Sozialproduktion, die dann notwendigerweise eintreten muß, betroffen werden. Durch Technisierung und Rationalisierung der Wirtschaft wird man den für unser ganzes Volk im Verlauf einiger Generationen vernichtenden Prozeß nicht aufhalten können. Helfen kann nur eins: Stärkung der Familie und dadurch Stärkung des Willens zum Kind.
Die ganze Entwicklung unserer Zeit ist der Gründung einer gesunden Familie abträglich. Es handelt sich dabei nicht nur um ein moralisches Problem. Es wirken viele Umstände zusammen. Dieser Entwicklung durch eine zielbewußte Familienpolitik entgegenzuwirken, ist ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung. Sie wird alles dazu tun, um die Familie zu fördern; denn nur so kann auf natürliche Weise den Gefahren gesteuert werden, die sich aus der jetzigen Lage für das Volksganze ergeben. Das Gewicht, das die Bundesregierung den bezeichneten Aufgaben beimißt, kommt darin zum Ausdruck, daß ein Ministerium gebildet werden soll, das sich eigens nur ihrer annehmen wird.

Regierungserklärung vom 20. Oktober 1953, abgegeben von Bundeskanzler Dr. Adenauer vor dem Deutschen Bundestag. Hg. vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. Bonn 1953, S. 27f.

Wuermeling [Bundesminister für Familienfragen] wird, das möchte ich zunächst sagen, eine sehr wenig beneidenswerte Aufgabe haben. Er wird ein kleines Ministerium erhalten und wird sich bei allen Ministerien durchsetzen müssen, daß doch bei ihnen die Interessen der Familie berücksichtigt werden. Ich kann hier vielleicht sagen, es ist ein ernstes Thema. Die Bevölkerungsbilanz des deutschen Volkes ist erschreckend, die Überalterung, und es kommt, wenn nichts Durchgreifendes geschieht, dazu, daß einfach die Arbeitenden die Nichtarbeitenden nicht mehr unterhalten können. Das Verhältnis wird sich im Laufe der nächsten Jahrzehnte völlig umkehren. Es ist eine sehr ernste Frage, und ich wäre Ihnen dankbar, wirklich dankbar - das hat mit Parteipolitik gar nichts zu tun, möchte ich erwähnen -, wenn Sie gerade diese Frage oder die Aufmerksamkeit Ihrer Redaktionen auf diese Frage einmal hinlenken würden.

Am 20.10.1953 zu Journalisten. In: Adenauer. Teegespräche 1950-1954 (Rhöndorfer Ausgabe). Hg. von Rudolf Morsey und Hans-Peter Schwarz. Bearb. von Hanns Jürgen Küsters. Berlin 1984, S. 491.

Noch ein weiteres sollten wir berücksichtigen. Wenn nicht eine grundlegende Änderung kommt, dann haben wir im Jahre 1970 nur noch eine Geburtenüberschußzahl von 3,9 und im Jahre 1974 3,1 und in dieser Zeit wird der Anteil der Kinder unter 15 Jahren auf höchstens 23 ansteigen, der Anteil der Bevölkerung über 60 Jahre von 10 auf 14 bis 15 v. H. Das sind sehr ernste Ziffern für jeden, der es gut mit dem deutschen Volke meint, und wir werden - ich befinde mich da in vollkommener Übereinstimmung mit Herrn Dr. Krone von unserer Bundestagsfaktion - möglichst bald etwas beim Kindergeld tun müssen.

Auf dem 9. Bundesparteitag der CDU am 27.4.1960. In: 9. Bundesparteitag der CDU, 26.-29. April 1960 in Karlsruhe. Hamburg 1960, S. 28.

Wenn es nicht gelingt, den Materialismus und die Vermassung zu besiegen, dann, fürchte ich, wird die Menschheit noch in weitere Kriege und weitere Epochen des Niederganges hineinkommen.

Ansprache bei UNESCO-Feier, Bundeshaus Bonn 14.1.1952, Stenogramm.

Die maßlose Unzufriedenheit ist fast ein Kennzeichen unserer Tage. Immer mehr und immer mehr zu erlangen, ist unmöglich, und kein Mensch in der Welt soll glauben, daß man dadurch glücklich wird, wenn einem jeder Wunsch erfüllt wird. Dann hat man überhaupt keine Freude mehr am Leben und keine Freude an der Arbeit.

Vor dem CDU-Parteitag 1962, Protokoll.

Der Aufwand, der von gewissen Schichten unserer Bevölkerung getrieben wird, ist meines Erachtens nicht weiter tragbar.

Vor dem CDU-Bundesparteitag 1962, Protokoll.

Wenn ein System der Rüstungsbeschränkungen in weltweitem Maßstab verwirklicht werden könnte, so würden damit die Mittel frei, um auch den bedürftigen Völkern den Weg zum Wohlstand und zu einem besseren Leben zu öffnen.

Vor dem Deutschen Bundestag 1.7.1953, Protokoll.

Es gibt Quellen der Schwäche für uns. Das ist einmal unser Hang zum Materiellen, zum materiellen Genuß und zur materiellen Macht. Mit ihm geht Hand in Hand eine erschreckende Nichtachtung der geistigen Werte, eine Nichtachtung der auf Sachkenntnis beruhenden Autorität. Eine weitere Quelle unserer Schwäche ist die Entwurzelung so vieler, das Schwinden der Persönlichkeit, das Hintreiben, das Sich-treiben-lassen zur Vermassung. Vermassung aber ist die Vorstufe des Materialismus.
Über die überaus ernste geistige Lage, in der wir, in der die Welt sich befindet, ist unser Volk in allen seinen Schichten und Ständen sich nicht genügend klar.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages in Köln 2.9.1956, Bulletin Nr. 165/56, S. 1594.

Wir stehen in einer entscheidenden geistigen Auseinandersetzung gegen falsche Ideologien.

Ansprache bei Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Georgetown während des Amerika-Besuches 1953, in: "Bulletin".

Was die Zukunft bringen wird, wir wissen es nicht. Wir wissen nur, daß unser geistiges Erbe sehr gefährdet sein wird.

Im Gespräch während der Madrider Reise 1967, in: Anneliese Poppinga, "Meine Erinnerungen an Konrad Adenauer", Stuttgart 1971.

Haben wir wirklich unsere Pflicht erfüllt? Wie steht es mit dem geistigen Aufbau? Steckt er nicht erst in seinen Anfängen?

Im Gespräch in Rhöndorf 1967, in: Anneliese Poppinga, "Meine Erinnerungen an Konrad Adenauer", Stuttgart 1971.

Der Schrei nach Universitätsreform, glaube ich, darf nicht mehr verstummen, sie muß in die Tat umgesetzt werden.

Rede vor der Frankfurter Universität 30.6.1952, in: "Bulletin".

Unsere Zeit ist so schnelllebig, es wird vielfach so oberflächlich gedacht und geurteilt. Manches, was mühsam aufgebaut wurde, wird leichtfertig wieder zerstört. Vielleicht kann es den Menschen etwas nützen, wenn ich versuche, meine Erfahrungen weiterzugeben.

Im Gespräch Februar 1965 in Rhöndorf, in: Anneliese Poppinga, "Meine Erinnerungen an Konrad Adenauer", Stuttgart 1971.

Die Zeitung sollte wieder weniger als Ware angesehen und zur Trägerin von Gesinnungen gemacht werden. Sie sollte uns ein Mittel sein, den Menschen von der geistigen Leere fortzuführen, die sich als Folge des Krieges im menschlichen Alltag noch so häufig zeigt. Verleger und Redakteure sollten nicht vor dem Leser kapitulieren, denn das würde letzten Endes auf eine Kapitulation vor dem Leser mit den geringsten geistigen Ansprüchen hinauslaufen. Ich glaube, daß der Leser dies auch gar nicht verlangt. Wo ihm Schlechtes nicht geboten wird, wird er sich bereitwilligst auch das Gute zur Lektüre dienen lassen. Wäre es anders, so wäre es schlecht um unser Volk bestellt.

Rede vor dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Köln 18.10.1956, in: Bulletin Nr. 200/56.

Es scheint mir, daß wir den Werkzeugen, die auf die öffentliche Meinung einwirken, eine viel größere Beachtung schenken müssen, als wir das in den vergangenen Jahren getan haben.

Auf dem CDU-Bundesparteitag 1962, Protokoll.

Eine sittliche Erneuerung ist notwendig, wenn die ungeheuren Belastungen, die jedem Deutschen auferlegt werden, getragen und die dadurch entstehenden Spannungen ausgeglichen werden sollen.

Vor dem CDU-Parteitag, Stuttgart 26.4.1956, Protokoll.

Nun müssen wir in einer solchen politischen Epoche, die voll von Bewegung ist, Geduld haben, Geduld, niemals unser Ziel zu vergessen, auch dann nicht, wenn wir nicht jeden Tag und jede Stunde davon sprechen. Aber wir müssen Geduld haben; dann wird auch dieser Erfolg eines Tages uns beschieden werden.

Vor dem CDU-Parteitag 17.3.1964, Protokoll.

Wir Deutschen haben viele gute Eigenschaften, sogar hervorragende Eigenschaften, aber etwas, was uns doch fehlt, das ist das Maßhalten. Durch den Mangel an Maßhalten hat unser Volk viel Unglück erfahren. Maßhalten in allem ist eine der besten und wertvollsten Eigenschaften des Menschen.

Ansprache in der Technischen Universität Berlin, 19.7.1954. Bulletin 133/54.

Dynamik ist eine der wertvollsten, ja unentbehrlichsten Voraussetzungen für Aufstieg und Fortschritt, und dieses dynamische Streben und Handeln, das dem deutschen Volke eigen ist, ist auch ein Zeichen von Kraft und von Jugend. Aber allzu starke Dynamik, allzu starkes Denken und Handeln lediglich in dynamischer Richtung birgt auch große Gefahren in sich. Wenn man diese Gefahren nicht sieht, dann wird letzten Endes die in uns wohnende Dynamik uns wiederum ins Verderben hineinführen. Dynamisches Streben ist in die Zukunft gerichtet; aber wenn es nur in die Zukunft gerichtet ist, dann wird es falsch sein.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Eine übergroße, eine ausschließliche Dynamik macht egozentrisch. Sie läßt übersehen, daß auch andere Völker mit berechtigten Ansprüchen, mit eigenen Gedanken, mit eigenen Anschauungen, mit eigenen Ideen auf dieser Welt sind. Dynamik, die nicht verbunden ist mit dem Blick in die Vergangenheit und mit dem Blick in die Umwelt, ist sehr gefährlich.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Der Mensch hat eine an sich glückliche Eigenschaft, er kann vergessen. Aber wie jede gute Eigenschaft unter Umständen in das Gegenteil umschlägt, so dürfen wir Deutsche niemals in den Tag hineinleben. Wir müssen uns immer darüber klar bleiben, daß wir nicht in einer sicheren Welt leben.

CDU-Kundgebung, Universität Bonn, 28.3.1952. Bulletin 38/52.

Ich fürchte, wir sind viel zu sehr von dem Gedanken beherrscht, daß das menschliche Sein sich im wesentlichen auf der jetzigen Stufe halten werde, daß vielleicht gelegentlich Schwankungen eintreten können, daß aber trotzdem und trotz aller Zwischenfälle die aufsteigende Linie in der menschlichen Kultur und in den materiellen Gebieten gesichert sei. Ich glaube, daß eine solche Überzeugung durch nichts gerechtfertigt ist, ja, daß sie nur zu leicht einen dazu verleiten kann, falsche Wege zu gehen.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Gottlob ist die menschliche Natur so geschaffen, daß sie sich auch an Gefahren gewöhnt. Aber die Gewöhnung an Gefahren darf nicht dazu führen, daß man die Augen schließt vor den Gefahren, sondern man muß immer, auch wenn man seinen Berufspflichten und seinen Geschäften und auch seinen Vergnügungen und seinen Erholungen nachgeht, sich darüber klar sein, daß wir in Europa und vor allem das deutsche Volk in Gefahren stehen, wie kaum jemals in unserer ganzen Geschichte.

CDU-Kundgebung, Heidelberg, 1.3.1952. Bulletin 26/52.

Auf längere Sicht betrachtet ist die Zukunft der abendländischen Menschheit durch nichts, aber auch durch gar nichts, durch keine politische Spannung so sehr gefährdet wie durch die Gefahr der Vermassung, der Uniformierung des Denkens und Fühlens, kurz, der gesamten Lebensauffassung, und durch die Flucht aus der Verantwortung, aus der Sorge für sich selbst. Diese Vermassung, die Gefahr, die zum Teil durch die technische Entwicklung hervorgerufen und gefördert wird, kann zu einer wahrhaft tödlichen Gefahr für jeden wirklich kulturellen Fortschritt werden.

Auf dem Deutschen Handwerkertag, Düsseldorf, 27.4.1952. Bulletin 48/52.

Die größte Gefahr für die menschliche Kultur erblicke ich in der drohenden Nivellierung und Uniformierung des Menschen und der dadurch eingeleiteten Vermassung.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Der Nationalismus, gleichgültig wo und gleichgültig in welcher Form er auftritt, verstößt gegen die göttliche Ordnung. Er macht den Staat, und zwar in jedem Volk seinen eigenen Staat, zum Götzen. Eines der Grundprinzipien des Christentums ist die Liebe zum Nächsten, die Achtung vor dem Nächsten. Nun, dieses Prinzip gilt nicht nur für den Einzelmenschen; es gilt auch für die Haltung von Völkern gegenüber einem anderen Volk. Und gegen dieses Prinzip des Christentums verstößt der Nationalismus, und deswegen darf niemals wieder unser neuer Staat vom Nationalismus beherrscht werden.

Auf der Schlußkundgebung der Tagung "Gemeinschaft katholischer Männer Deutschlands", 20.7.1952. Bulletin 95/52.

Dem Machtstreben kann man nur mit entschlossener Stärke begegnen, dem falschen Weltbild nur mit geduldiger Überzeugungskraft.

Interview mit Friedlaender, 22.2.1954. Bulletin 37/54.

Was schon für den einzelnen Menschen gilt, daß die Meinung, die er sich einmal im Laufe der Zeit von einem anderen gebildet hat, erst langsam und allmählich sich ändern kann, das gilt erst recht von den Ansichten und Meinungen und Überzeugungen, die sich in breiten Volksschichten fest gesetzt haben.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Die totalitären Staaten verneinen Recht und Gesetz und kennen nur das eine, dem Staate alles zu geben, was er nach ihrer Meinung, d. h. nach Meinung der Machthaber des Staates braucht.

CDU-Kundgebung, Heidelberg, 1.3.1952. Bulletin 26/52.

In unserer erschütterten Zeit ist der Mensch zu sehr geneigt, sein Urteil über Wert oder Unwert seiner Tätigkeit, ja seines ganzen Seins abhängig zu machen von seinem Urteil über eine kurze Zeitspanne. Er ist sehr geneigt zu glauben, daß die Last immer so bleibt, wie sie gerade jetzt auf ihm lastet, und daß auch die Annehmlichkeiten immer so bleiben wie gerade jetzt. Aber das Leben auf Erden unterliegt einem ständigen Wechsel und nur wer diesen ständigen Wechsel ebenfalls beachtet, kann sich ein zutreffendes Urteil bilden über seinen Beruf, über seine Tätigkeit, über sein Leben und über das Leben seiner Frau und seiner Kinder.

"Grüne Woche", 2.2.1957. Bulletin 24/57.

Der Kommunismus ist nicht zuerst in Rußland entstanden, sondern in westlichen Ländern Europas. In Rußland hat er eine besonders harte und gefährliche Prägung erhalten; aber theoretisch entwickelt worden ist er zunächst in anderen Ländern. Er ist dort noch keineswegs abgestorben, er wird auch in den kommenden Jahrzehnten, so glaube ich, immer wieder versuchen, das geistige Leben und damit auch das politische und wirtschaftliche zu beherrschen. Ich kenne nur eine Weltanschauung, die ihn im geistigen Kampfe besiegen kann, die christliche Weltanschauung. Nur ein Christentum des Geistes und der Tat kann seiner Herr werden.

Ansprache in der Universität Löwen, 16.1.1958. Bulletin 10/58.

Unsere Zeit ist gekennzeichnet durch eine schreckliche Verwirrung auf fast allen Gebieten. Es ist eine Verwirrung, die zum Wohle der Völker und zum Wohle eines jeden einzelnen Menschen nur dann gelöst werden kann, wenn die zwingenden Gebote des Rechts dabei berücksichtigt werden. Ich denke hierbei an die Normen des Völkerrechts, ich denke aber auch an die Grundrechte eines jeden einzelnen Menschen, wie sie in der Charta der Vereinten Nationen bezeichnet sind.

In der japanischen Waseda-Universität, 31.3.1960. Bulletin 64/60.

Verzagen Sie nicht, meine Freunde, bedenken Sie immer das ungeheure Ausmaß der Katastrophe, die über die Welt hingegangen ist. Denken Sie immer daran, daß mit dieser politischen Katastrophe eine industrielle Umwertung Hand in Hand gegangen ist und noch geht, die auch einen kolossalen Einfluß auf die geistige Verfassung der Menschen ausübt. Denken Sie ferner daran, daß solche Katastrophen, die sich in der Welt lange Zeit vorbereitet haben, auch lange Zeit brauchen, um wieder abzuklingen. Aber seien wir doch alle davon überzeugt, daß die Güter, die wir als wirkliche Güter ansehen, die für uns das Leben allein menschenwürdig machen, Friede und Freiheit, die stärksten Waffen in der ganzen Welt sind.

An die ostpreußische Jugend, Düsseldorf, 10.7.1960. Bulletin 126/60.

Als es in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts darum ging, die Rechtseinheit in Deutschland herzustellen und der Entwicklung zum Industriestaat Rechnung zu tragen, haben sich Juristen aus den verschiedensten Berufszweigen in freiem Zusammenschluß diesen drängenden Aufgaben ihrer Zeit erfolgreich angenommen. In der heutigen völlig veränderten Welt stehen die deutschen Juristen vor neuen Aufgaben. Die Politik der Machthaber in der sowjetischen Besatzungszone führt zur Unterdrückung von Recht und Freiheit und hat damit eine immer tiefere Spaltung des deutschen Rechts zur Folge. Die Erscheinung unserer modernen Massengesellschaft stellt immer schwierigere Probleme. Die Bemühungen des Deutschen Juristentages müssen ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung des Rechts und eines Lebens in Freiheit und Menschenwürde sein.

An den 43. Deutschen Juristentag, 13.9.1960. Bulletin 173/60.

Meiner Meinung nach ist die Entartung des Gedankens des Nationalstaates, das Abgleiten in die nationalistische Denkungsweise bei allen Völkern der Ausgangspunkt und die Ursache dafür gewesen, daß sie unfähig waren, das Notwendige zu erkennen und das Richtige zu tun. Der Nationalismus verführt die Völker dazu, zu vergessen, daß alle Völker ein Recht auf ihre Existenz haben, und daß allein ein harmonisches Zusammenleben der Völker auch den Interessen des eigenen Volkes am besten dient. Wir können daher nur zu einem Zeitalter der Entspannung, der Zusammenarbeit und des Friedens kommen, wenn die nationalistische Idee aus der Politik der Völker ausgeschaltet wird.

Vor der Auslandspresse, 6.4.1954. Bulletin 67/54.

Ich hoffe und glaube, daß es schließlich doch gelingen wird, den Krieg, der die Erde verwüsten würde, zu vermeiden. Aber auch wenn das gelingt, wird die große geistige Auseinandersetzung zwischen Christentum und Materialismus noch lange Zeit andauern. Ich meine nicht allein die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus russischer Prägung.

Ansprache in der Universität Löwen, 16.1.1958. Bulletin 10/58.

Wir leben in einer grausamen Welt, in einem schrecklichen Zeitalter, wie es, soweit das geschichtliche Denken reicht, niemals gewesen ist. Ich bin aber der Auffassung, daß uns gerade diese Tatsache verpflichtet, mit aller Sorgfalt und mit aller Nüchternheit die ganzen Dinge zu überlegen und zu prüfen.

Vor dem Deutschen Bundestag, 20.3.1958. Bulletin 55/58.

Wohl niemals zuvor - sicher seit Jahrhunderten nicht - ist die Freiheit in der Welt so gefährdet gewesen, wie sie es jetzt ist. Um so größer ist unsere Pflicht und die Pflicht all der Völker, die sich der Freiheit erfreuen, die Freiheit zu sichern für ganz Europa und für die ganze Welt.

Auf dem 6. Ordentlichen Kongreß der FILDIR, 26.10.1960. Bulletin 206/60.

Besonders in unserer Zeit müssen wir die hohen sittlichen Werte unserer christlich-abendländischen Weltanschauung betont in das gesellschaftliche Leben stellen. Sie allein bilden den unerschütterlichen Damm gegen die unheilvolle Vermassung der Menschen, die ihre krasseste Ausdrucksform im Bolschewismus findet.

An den Internationalen Kongreß der Katholischen Unternehmerverbände, 9.5.1953. Bulletin 89/53.

Die Aufgabe Deutschlands, die historische Aufgabe Deutschlands in dieser gefahrvollen Periode Europas, ja der Menschheit ist ganz klar. Es muß helfen, diesen Damm zu bauen, es muß alles, was in seinen Kräften steht, tun, damit dieser Damm durch nichts gebrochen werden kann. Diese seine Aufgabe hat Deutschland erkannt. Es kennt den russischen Kommunismus, es weiß, was es bedeutet, russischer Satellitenstaat zu sein, es weiß, daß es gilt, die abendländische, auf christlicher Grundlage gewachsene Kultur zu retten.

Artikel in "Life", 10.5.1954. Bulletin 85/54.

Der Bolschewismus ist ein gefährlicher Gegner, der auch in für ihn aussichtslosen Situationen immer wieder versucht, mit illegalen Mitteln und durch zähe illegale Kleinarbeit Fuß zu fassen. Zweifellos sind gesunde wirtschaftliche und soziale Verhältnisse ein guter Schutz vor dem Umsichgreifen des Bolschewismus. Für noch wichtiger halte ich es aber, daß die Menschen auch seelisch zur Abwehr des Bolschewismus jederzeit bereit sein müssen.

Interview mit "Mann in der Zeit". Bulletin 65/59.

Wer ein überzeugter Christ ist, der kann niemals die atheistische Diesseits-Ideologie des Kommunismus gutheißen. Die seelische Abwehrbereitschaft zu stärken, das kann nicht allein Aufgabe des Staates und seiner Organe sein, auch die Kirchen sind dazu berufen. Überhaupt alle, die in der Öffentlichkeit stehen und für die Öffentlichkeit arbeiten, müssen wissen, daß in erster Linie Seele und Geist der Menschen entscheidend im Kampf gegen den Atheismus sind.

Interview mit "Mann in der Zeit". Bulletin 65/59.

Der Kommunismus ist eine falsche Ideologie, aber er ist eine Ideologie. Der Kommunismus muß daher auch mit geistigen Waffen bekämpft werden. Wir müssen danach streben, durch unsere Untersuchungen, unsere Forschungen, unsere Feststellungen überzeugend den Nachweis zu erbringen, daß die kommunistische Ideologie innerlich falsch ist, daß sie unter gar keinen Umständen weder den einzelnen Menschen noch die Völker zur Freiheit und zu einem menschenwürdigen Leben führen kann.

Ansprache vor dem japanischen Parlament, 31.3.1960. Bulletin 64/60.

Wir müssen die geistige Auseinandersetzung mit dem Kommunismus sehr ernst nehmen. Wir dürfen uns nicht damit begnügen, daß wir uns mit Waffen rüsten, um Angriffe abzuwehren. Die geistige Auseinandersetzung mit ihm ist von sehr großer Bedeutung. (...) Ich nehme diese Aufgabe sehr ernst. Sie wird wahrscheinlich sich über Jahre, vielleicht Jahrzehnte hinaus erstrecken müssen, aber sie muß gemeistert werden.

Ansprache vor dem japanischen Parlament, 31.3.1960. Bulletin 64/60.

Freude, Hoffnung und Jugend gehören zusammen. Aber Freude und Hoffnung sind nicht denkbar ohne Sorgen. Die Polarität ist notwendig, sonst liegt die Gefahr sehr nahe, daß Freude zur Ausgelassenheit führt und daß Hoffnung in Leichtsinn ausartet. Aber ich weiß, daß diese deutsche Jugend der Gefahr nicht unterliegt.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Der große Kampf zwischen Christentum und Materialismus wird in der Seele der Jugend ausgetragen. Wenn es uns nicht gelingt, den einzelnen jungen Menschen dahin zu bringen, daß er sich selbst als die christliche Persönlichkeit begreift, die ihr Leben vor Gott zu verantworten hat, dann haben wir umsonst gearbeitet.

Aus der Kanzler-Biographie von Paul Weymar, München 1955. Bulletin 241/55.

Wir sind im Besitze der Wahrheit, aber es gibt Quellen der Schwäche für uns. Das ist einmal unser Hang zum Materiellen, zum materiellen Genuß und zur materiellen Macht. Mit ihm geht Hand in Hand eine erschreckende Nichtachtung der auf Sachkenntnis beruhenden Autorität. Eine weitere Quelle unserer Schwäche ist die Entwurzelung so vieler, das Schwinden der Persönlichkeit, das Hintreiben, das Sich-treiben-lassen zur Vermassung. Vermassung aber ist die Vorstufe des Materialismus.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages, Köln, 2.9.1956. Bulletin 165/56.

Die moderne Technik mit Kino, Radio und Fernsehen fördert die Vermassung des Menschen, und der Massenmensch wird immer zum Materialismus hinneigen. Als Gegengewicht brauchen wir in allen Staaten christliche Parteien, die nicht nur das politische, wirtschaftliche und soziale Leben mit christlichem Geist durchdringen, sondern es sich darüber hinaus zum Ziel setzen, die Voraussetzungen für eine christliche Existenz des einzelnen zu schaffen. Zu diesen Voraussetzungen gehört ein Besitz, der den arbeitenden Menschen von der Angst vor Hunger und Elend befreit. Dazu gehört ein familiengerechtes Heim, in denen die Kinder gesund und unbeengt in Licht und Sonne aufwachsen; dazu gehört auch genügend Freizeit, denn eine wirkliche Persönlichkeit braucht Ruhe und Muße zu ihrer Entfaltung. Vor allem aber gehört dazu die christliche Erziehung der Jugend.

Aus der Kanzler-Biographie von Paul Weymar, München 1955. Bulletin 241/55.

Wir müssen in Deutschland wieder eine Schicht von Gebildeten schaffen. Sicher, es ist wahr, nicht die Hochschulen allein können Bildung verschaffen, aber sie sind an erster Steile dazu berufen. Ich spreche absichtlich von Bildung und nicht von Wissen. Sie sind nicht identisch. Die Bildung steht höher als das Wissen. Bildung kann, das ist wahr, nirgendwo besser entstehen als auf diesem Boden, und darum, ich wiederhole das, sind die Hochschulen in besonderer Weise dazu berufen, wieder eine Schicht von gebildeten Menschen beiderlei Geschlechts heranzubilden.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Wissen ist auch nicht gleich Fachwissen, und ich denke manchmal, ob der Name Universität wirklich noch zu Recht besteht, und dann - ich will mich jetzt nicht in fremde Jagdgründe begeben, von denen ich nicht allzu viel weiß -, aber das Wort Universitätsreform, der Schrei nach ihr, glaube ich, darf nicht mehr verstummen, sondern muß in die Tat umgesetzt werden.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Spezialisierung und Zersplittern des Wissens ist eine sehr ernste Gefahr, und es darf nicht dazu kommen, daß sich die Universitas umgestaltet in ein Bündel gehobener Fachschulen, die gelegentlich bei den Universitätsfesten zusammenkommen.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Die Minderbewertung der Tätigkeit des akademisch Vorgebildeten ist ein Unrecht und ein schwerer Schaden für das gesamte deutsche Volk. Wenn nicht das Ganze, das Volksganze Schaden leiden soll, muß unter allen Umständen dafür gesorgt werden, daß dieses Unrecht und dieser Schaden beseitigt wird.

Feierstunde in der Frankfurter Universität, 30.6.1952. Bulletin 81/52.

Gott hat die jetzt lebenden Menschen in eine schwere Zeit hineingestellt. Ich denke jetzt nicht an den hinter uns liegenden Krieg und seine Zerstörungen, ich denke an die ganze Unruhe, die unsere Zeit beherrscht, eine Unruhe, die nur zu sehr den Menschen dazu bringt, das zu vergessen, was seinem Leben allein einen dauernden Halt und einen dauernden Wert geben kann. Ich denke dabei auch daran, daß der Kampf gegen den Materialismus von jedem einzelnen gekämpft und bestanden werden muß. Ich denke daran, daß das siegreiche Bestehen dieses Kampfes allein unser Vaterland und ganz Europa für das Christentum retten kann.

Grußwort an den Evangelischen Kirchentag, 8.8.1956. Bulletin 147/56.

"Wo der Geist des Herrn ist, ist Freiheit", sagt der hl. Apostel Paulus, und wir können hinzufügen: "Wo der Geist des Herrn nicht ist, da ist Unfreiheit und Sklaverei". Die gefährlichste Irrlehre unserer Zeit ist der atheistische Materialismus. Er verneint Gott, er haßt Gott, er bekämpft Gott, darum kennt er keine Freiheit. Er vergottet den Staat, er will Gott vom Thron stoßen, er will dem Staat und seinen Funktionären die ganze Gewalt über den Menschen geben. Machen wir uns klar, daß die Staaten, die den atheistischen Materialismus zu ihrer Grundlage gemacht haben, rund eine Milliarde Menschen umfassen.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages in Köln, 2.9.1956. Bulletin 165/56.

Der atheistische Materialismus ist im Angriff gegen das Christentum und die monotheistischen Religionen. Jedes Mittel ist ihm recht. Keine freundliche Geste, kein Dulden einer religiösen Kundgebung darf unseren Blick trüben gegenüber der Tatsache, daß dieser Materialismus dort, wo er Macht hat, schonungslos mit brutalen Mitteln und äußerster Konsequenz die Religion auszurotten versucht, und daß er diese Macht weiter auszudehnen sucht. Wir fühlen mit allen Verfolgten und bewundern ihre Tapferkeit.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages in Köln, 2.9.1956. Bulletin 165/56.

Über die überaus ernste geistige Lage, in der wir, in der die Welt sich befindet, ist unser Volk in allen seinen Schichten und Ständen sich nicht genügend klar. Wir alle müssen uns diesem für die Zukunft so entscheidenden Problem immer wieder widmen. Es handelt sich - ich betone es noch einmal - um die entscheidende Frage unserer Zeit, die entscheidende Frage der geschichtlichen Periode, in der wir leben. Von der Entscheidung in dieser geistigen Auseinandersetzung hängt die Zukunft des Christentums ab.

Auf der Schlußkundgebung des 77. Deutschen Katholikentages in Köln, 2.9.1956. Bulletin 165/56.

Auch nach meiner Auffassung hat die Wissenschaft aller Zweige eine gemeinsame Wurzel, einen gemeinsamen Boden. Man muß nun versuchen, gewisse Mauern, die sich in der Wissenschaft zwischen den verschiedenen Disziplinen aufzubauen beginnen, nicht entstehen zu lassen, sondern sich immer bewußt zu bleiben, daß alle Wissenschaften eine gemeinsame Wurzel haben; und aus dieser gemeinsamen Wurzel müssen sie die Kraft ziehen, wenn sie wirkliche Wissenschaften bleiben wollen.

Jahresversammlung des Stifterverbandes, 25.4.1957. Bulletin 79/57.

Ich meine, daß die Presse grundsätzlich auch sich selbst eine Ordnung setzen sollte, wo sich Freiheit mit dem Willen nach Wahrhaftigkeit und dem Respekt vor Sitte und Anstand verbindet. Die Staaten und Regierungen sollten sich auf das geringst mögliche Maß staatlicher Bestimmungen beschränken. Die Staaten sollten weiter die Freiheit der Meinung durch Gesetze schützen und im Verkehr untereinander Vereinbarungen schaffen, die den Journalisten über die Grenzen hinweg Bewegungsfreiheit geben und ihnen die erforderlichen Informationsquellen erschließen.

Vor dem Internationalen Presseinstitut, London, 14.5.1953. Bulletin 91/53.

In einem Zeitalter, in dem große Entfernungen in wenigen Stunden zu überbrücken sind, in dem Waffen ersonnen werden, die sich noch vor wenigen Jahrzehnten die kühnste Phantasie nicht träumen ließ, wird keineswegs jede zu schnellen und gefährlichen Entschlüssen drängende Erregung bekämpft, sondern oft bewußt aufgepeitscht. Alle Mittel der öffentlichen Meinungsbildung tragen heute eine größere Verantwortung denn je zuvor.

Vor dem Internationalen Presseinstitut, London, 14.5.1953. Bulletin 91/53.

Trotz unseres so erfolgreichen Wiederaufbaues ist unsere ganze Zeit vielfach noch gekennzeichnet durch seelische Nöte. Ich meine, mehr denn je sollten Verleger und Journalisten sich deshalb verpflichtet fühlen, den Leser zu leiten und zu formen, nicht aber die Zeitung durch den Leser formen zu lassen. Die Zeitung sollte wieder weniger als Ware angesehen und zur Trägerin von Gesinnungen gemacht werden. Sie sollte uns ein Mittel sein, den Menschen fortzuführen von der geistigen Leere, die sich als Folge des Krieges im menschlichen Alltag noch so häufig zeigt. Verleger und Redakteure sollten nicht vor dem Leser kapitulieren, denn das würde letzten Endes auf eine Kapitulation vor dem Leser mit den geringsten geistigen Ansprüchen hinauslaufen. Ich glaube, daß der Leser dies auch gar nicht verlangt. Wo ihm Schlechtes nicht geboten wird, wird er sich bereitwilligst auch das Gute zur Lektüre dienen lassen. Wenn es anders wäre, wäre es schlecht um unser Volk bestellt.

Vor dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, Köln, 18.10.1956. Bulletin 200/56.

Die Rundfunksender dürfen weder eine Partei bevorzugen, noch dürfen sie im Verhältnis zwischen Regierungskoalition und Opposition Partei ergreifen. Ein Sender, der diesen Grundsatz der Unparteilichkeit verletzt, verliert damit seine Existenzberechtigung.

Regierungserklärung, 10.6.1953. Bulletin 107/53.

Ach Gott, meine Damen und Herren! (nach links) Sie sind immer der Auffassung, die Menschheit wäre viel besser, wie sie in Wirklichkeit ist. Mit der Besserung der Menschheit geht es aber nur sehr langsam; darauf können Sie sich verlassen.

Vor der Kölner Stadtverordnetenversammlung am 14. Juni 1922.

Wir leben in einer Zeit nicht abzusehender Umwälzungen. Technische Erfolge und Fortschritte verändern das gesamte Weltbild, überstürzen und überfluten den Menschen mit ständig wachsenden Eindrücken und Erregungen. Und doch wächst der menschliche Geist nur in der Sammlung und Vertiefung, ohne sie gibt es keinen wirklichen, keinen beglückenden Fortschritt.

Rede anlässlich der Grundsteinlegung der neuen Universität Köln am 26. Oktober 1929.

Die Menschheit muss in dieser Periode ihrer Entwicklung zeigen, ob sie des großen Geschenks des technischen Fortschritts würdig ist durch einen dem technischen Fortschritt parallel laufenden Fortschritt der menschlichen und brüderlichen Gesinnung. Das ist die Schicksalsfrage für die nächste Periode der Geschichte der Menschheit.

Rede zur Eröffnung der Amerikanischen Handelskammer in Köln am 26. Januar 1931.

Es hat Sternstunden der Menschheit gegeben, aber auch Perioden tiefster Sorge und Not; Perioden, in denen die Zukunft in schwere Wolken gehüllt ist, in denen sich das Geschick der Menschheit für Generationen entscheidet, sei es zum Guten, sei es zum Bösen. In einer solchen Zeit leben wir jetzt: in unserer Zeit wird es sich entscheiden, ob Freiheit, Menschenwürde, christlich-abendländisches Denken der Menschheit erhalten bleibt oder ob der Geist der Finsternis und der Sklaverei, ob der anti-christliche Geist für eine lange, lange Zeit seine Geißel über die hilflos am Boden liegende Menschheit schwingen wird.

Auf dem 1. Bundesparteitag der CDU in Goslar am 20.10.1950, Protokoll des Parteitages, hrsg. v. der CDU, Bonn o. J., S. 12.

Wenn wir die politischen Verhältnisse des Jahres 1914 vergleichen mit dem heutigen Zustand, dann erkennen wir erst, was in der, geschichtlich betrachtet, so kurzen Zeitspanne von 36 Jahren sich ereignet hat. Wir nehmen wahr, welch ungeheuren Kräfte durch die beiden Kriege entfesselt worden sind und welch neuer, noch unendlich größeren Katastrophe die Menschheit in reißender Schnelligkeit entgegentreibt, wenn nicht rechtzeitig, wenn nicht buchstäblich im letzten Augenblick entscheidende Maßnahmen getroffen, feste Dämme gezogen werden.

Auf dem 1. Bundesparteitag der CDU in Goslar am 20.10.1950, Protokoll des Parteitages, hrsg. v. der CDU, Bonn o. J, S. 12f.

Diese Maßlosigkeit in unseren Ansprüchen ist unbeschreiblich und ist ein schwerer Schaden für das deutsche Volk. Das ist psychologisch vielleicht zu erklären aus all dem, was das deutsche Volk in den vergangenen Jahren hat entbehren müssen - dann möchte man gern nachholen -, und auch im Hinblick auf die Ungewißheit der Zukunft, die viele, allzu viele dazu veranlaßt, zu sagen: Ich will den Augenblick genießen, koste es, was es wolle; ich weiß nicht, ob ich morgen überhaupt noch am Leben bin. Aber aus diesen beiden Wurzeln heraus ist in unserer deutschen Bevölkerung eine Höhe der Ansprüche entstanden, die wirklich nicht erfüllt werden kann (Sehr richtig!) und die von keiner Regierung erfüllt werden kann. Von diesen Ansprüchen müssen wir wieder herunterkommen und werden wir wieder herunterkommen. Die Gewalt der Tatsachen wird uns dazu zwingen.

In Bonn vor maßgebenden Politikern der CDU-Kreisparteien Rheinland und Westfalen am 13.1.1951, st. N., S. 15, StBKAH 02.08.

Ich hielt es für nötig, Ihnen die Größe der Gefahren, die dem Christentum, der christlichen Kultur, die Gesamt-West-Europa drohen, in aller Ausführlichkeit darzulegen, denn nur dann, wenn man die Größe einer Gefahr wirklich erkennt, überlegt man sich auch, wie man dieser Gefahr begegnen kann, und faßt man mit der nötigen Tatkraft die dazu nötigen Entschlüsse.

Rede vor den NEI in Bad Ems am 14.9.1951, st. N., S. 9, StBKAH 02.09.

Wir stehen noch inmitten einer Epoche fast revolutionärer politischer und wirtschaftlicher Umgestaltungen. Umso wichtiger erscheint es mir inmitten der wogenden Flut, in der wir stehen, sich immer wieder zu besinnen auf die tragenden Fundamente menschlichen Zusammenlebens.

Hs. Redeentwurf für eine "Katholische Kundgebung" (so die Formulierung laut Tagesplan, StBKAH 04.02) in Essen am 23.9.1951, S. 2f., StBKAH 02.09.

Wir alle sind uns darin einig, daß wir in einer Zeit leben, in der alles und jedes in Frage gestellt ist, alle Bindungen, alle Ziele, alle Erkenntnis. (...) Der Gefahren, die eine solche gärende Zeit in sich birgt, kann man nur Herr werden, wenn man auf festem Boden steht, wenn man erkennt, daß die ethischen Ziele, die ethischen Gesetze, die auf religiösem Boden wurzeln, allein den Menschen den inneren Halt und die innere Festigkeit geben.

Auf dem 2. Bundesparteitag der CDU in Karlsruhe am 19.10.1951, Protokoll des Parteitages, hrsg. v. der CDU, Bonn o. J., S. 18f.

Haben wir alle überhaupt verstanden, daß wir in einer Zeitwende leben? Haben wir alle begriffen, daß für lange, lange Zeit das Schicksal der Menschheit davon abhängt, ob und wie wir, die jetzt Lebenden, die Prüfung, die über uns alle gekommen ist, bestehen? Auf unsere Schulter, auf die Schultern der jetzt Lebenden, ist eine ungeheure Verantwortung gelegt, die Verantwortung für viele kommende Geschlechter. Wir, die jetzt Lebenden, werden die Verantwortung dafür tragen, ob das zum Kehricht geworfen wird als nutzloser Plunder, was wir von unseren Vätern ererbt haben: Gerechtigkeit, Güte, Barmherzigkeit, Lauterkeit, Seelenfrieden, Nächstenliebe, Frömmigkeit, Freiheit und Frieden.

Weihnachtsansprache am 25.12.1953 über die deutschen Rundfunksender. Druck: Martin Verlag, Buxheim/Allgäu o. J., o. S.

Ich weiß nicht, ob wir uns bewußt sind, auf welch schmalem Grat wir wandern, welche Tiefen sich zu beiden Seiten unseres Weges auftun, welch höllische Abgründe uns verschlingen werden, wenn wir straucheln und fallen. Wer die Augen schließt, sieht nicht die Finsternis, die um ihn herrscht. Wer die Augen schließt, sieht nicht den Abgrund. Er sieht nicht die Schmalheit seines Pfades, nicht die Gefahren, in denen er wandelt. Wer die Augen schließt, sieht auch nicht das Licht, das ihm von weitem winkt. Wer die Augen öffnet, sieht die Gefahren, er sieht, wohin er seine Füße setzen, welchen Weg er gehen muß, um zum Licht zu kommen.

Weihnachtsansprache am 25.12.1953 über die deutschen Rundfunksender. Druck: Martin Verlag, Buxheim/Allgäu o. J., o. S.

Von Bonn etc. etc. kann ich mich in Gedanken noch nicht lösen, es ist alles zu sehr in Bewegung in der Übergangsepoche, in der wir zu leben verurteilt sind.

Hs. Schreiben vom 30.3.1956 aus Ascona an Bundespräsident Prof. Dr. Theodor Heuss, BA NL Heuss Nr. 62.

Ich weiß nicht, ob es gerechtfertigt ist, von irgendeinem europäischen Staat noch in dem Sinne als Großmacht zu sprechen, wie man das mit Fug und Recht zu Beginn dieses Jahrhunderts tun konnte. Wenn aber ein Großer und ein Kleiner oder ein Großer und mehrere Kleine zusammen Politik treiben wollen, dann ergibt sich ganz von selbst bei dem Großen ein Führungsanspruch, bei den Kleinen ein Abhängigkeitsgefühl. Das ist unter den verschiedensten Gesichtspunkten nicht gut; unbedingt führt das Abhängigkeitsgefühl der Kleinen aber im Laufe der Entwicklung zum Nachlassen ihrer Kräfte. Die technische Entwicklung, die Entwicklung der nuklearen Waffen, die Monopolstellung, die die zwei Weltmächte dadurch erhalten, führt auf die Dauer zu untragbaren Verhältnissen für alle Kleinen.

Rede vor den Grandes Conférences Catholiques in Brüssel am 25.9.1956, Bulletin Nr. 181/56, S. 1726f.

Ich weiß, daß derjenige, der in relativ guten Zeiten wie der Prediger in der Wüste dasteht und auf die großen Gefahren hinweist, auf die ungeheuren Gefahren, die uns allen drohen, manchmal nicht gern gehört wird. Aber gerade wenn man an der Spitze eines Landes steht, wenn man für die Führung der Regierungsgeschäfte in der Bundesrepublik verantwortlich ist, wie ich das bin, dann glaube ich, hat man die Pflicht, überall, wo man steht, das zu sagen, was man wirklich denkt. Nur dadurch kann man, wie ich meine, seine Pflicht tun und auch Unheil verhüten.

Vor der Evangelischen Akademie Westfalen in Bochum am 13.07.1957, st. N., S. 9f., StBKAH 02.16.

So lassen Sie mich noch einmal vor dem Geist des partikularen Eigensinns der europäischen Staaten warnen, denn darüber besteht kein Zweifel: Das Nebeneinander kleiner politischer Gebilde im Schatten der Großen verbürgt uns keine sichere Zukunft.

Rede aus Anlaß der ersten Tagung der Europäischen Kulturstiftung in Amsterdam am 23.11.1957, Bulletin Nr. 219/57, S. 2024.

Die Außenpolitik und die Innenpolitik ist zurzeit, wie Sie wissen werden, recht in Bewegung. Was schließlich herauskommen wird, liegt im Schoße der Götter. Ich fürchte nur, diese Bewegungen und Erschütterungen in der Welt werden noch lange dauern; hoffentlich bleibt das deutsche Volk stark und geduldig.

Hs. Schreiben vom 22.10.1959 an Bundespräsident a. D., Prof. Dr. Theodor Heuss, BA NL Heuss/62.

Wie können wir - lassen Sie mich sagen wir Abendländer, um nicht zu sagen wir Europäer, weil ich die Vereinigten Staaten von Amerika mit einschließen möchte -, warum können wir Abendländer einem so mächtigen Staat, wie es Sowjetrußland geworden ist, widerstehen? Sicher auch aufgrund unseres Kräftepotentials. Aber auf die Dauer können wir nur widerstehen kraft unserer geistigen Verfassung. Nur dann können wir widerstehen, wenn wir uns zutiefst bewußt sind, welch kostbares Gut wir Abendländer haben an der gemeinsamen Kultur, die auf christlichem Boden ruht.

Ansprache auf einem Festakt anläßlich der 10. Sommertagung des Politischen Clubs an der Evangelischen Akademie in Tutzing am 19.7.1963, st. N., S. 8f., StBKAH 02.31.

Wir müssen darauf achten, (...) daß unsere Jugend nicht das Materielle als den Sinn dieses Lebens ansieht, sondern das Geistige und das Religiöse.

Ansprache auf einem Festakt anläßlich der 10. Sommertagung des Politischen Clubs an der Evangelischen Akademie in Tutzing am 19.7.1963, st. N., S. 9, StBKAH 02.31.

Ich meine, in einer Periode, in der alles fließt, kommt es darauf an, ob man von Anfang an die richtige Richtung eingeschlagen und sie gesichert hat; das ist das entscheidende.

Informationsgespräch mit Cyrus L. Sulzberger ("The New York Times") am 22.7.1963, st. N., S. 4, StBKAH 02.31.

Wir sollen uns gar nicht einbilden, als wenn Deutschland nun für immer an der Spitze aller zivilisierten und kultivierten Völker stünde. Im Gegenteil, ich mache mir große Sorge, wie die Entwicklung weitergehen wird, und ich bin der Auffassung, daß auf dem Gebiete des Schulwesens, der Hochschulbildung und der Kultur überhaupt einmal gründlich nachgeprüft werden muß, was man da tun kann.

Interview mit Dr. Ernst Weisenfeld für die ARD am 8.10.1963, st. N., S. 4, StBKAH 02.32.

Eine der großen Gefahren, die die Verwirklichung eines vereinigten Europas bedrohen, sehe ich in dem Mangel an Vorausschau der Entwicklung, in der Kleinheit des Denkens, die zu einer Überschätzung des Gewordenen, Bestehenden und zur Blindheit und zur Unterschätzung des Auf-uns-zu-Kommenden führt. Darüber hinaus ist es die Gefahr der Gewöhnung, der wir oft in geistig-politischer Hinsicht begegnen.

Erinnerungen 1955-1959, a. a. O., S. 17.

Da schickt man nun Raketen zum Mond, und dabei weiß die arme geplagte Menschheit offenbar nicht einmal mehr, welch ein Besitz Kultur ist, wie gefährdet sie ist, und vor allem, wie schwer es ist, Kultur, wirkliche Kultur hervorzubringen. Wie leicht wird sie zerstört und verfällt sie, und wie schwer wird eine neue geschaffen. Man darf nicht vergessen, daß es in der Geschichte Perioden gibt, Wellenbewegungen. Das eine Volk steigt, das andere fällt ab.(...) Ein Auf und ein Ab. So ist es mit Völkern und mit Kulturen - und die Menschen heute sehen nicht die Gefahren!

Im März 1966 gegenüber Anneliese Poppinga, vgl. Meine Erinnerungen an Konrad Adenauer, a. a. O., S. 259.