Ich stamme aus einfachen Verhältnissen, aber geordneten Verhältnissen. Meine Eltern bekümmerten sich sehr um ihre vier Kinder. Unser Vater war als junger Mensch in den Militärdienst eingetreten, war später in die mittlere Justizlaufbahn gekommen und Oberster Sekretär am Oberlandesgericht in Köln geworden. Ich glaube, wir waren immer, auch zu Hause, politisch veranlagt. Wir waren drei Jungens, ich war der jüngste, und dann hatte ich noch eine jüngere Schwester.
Interview mit Columbia Broadcasting System, 21-23.08.1962.
Ich habe außer Jura auch Volkswirtschaft studiert. Beide Fächer entsprachen meinen Neigungen. Allerdings konnte ich, als ich mit 18 mein Abitur bestanden hatte, noch nicht gleich die Universität beziehen. Meinem Vater fehlten zu seinem Bedauern einfach die Mittel, mich wie meine beiden älteren Brüder studieren zu lassen.
Interview mit dem Westdeutschen Rundfunk, 04.01.1961.
Ich war ein froher, aber auch ein fleißiger Student. Ich machte alle Examina sehr früh, um möglichst bald zu verdienen und meinen Eltern nicht weiter zur Last zu fallen.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Meines Erachtens besteht der Vorzug der kommunalen Thätigkeit darin, daß man dort sozial thätig sein kann und zwar sowohl hinsichtlich der materiellen Hebung der unteren, als der geistigen Förderung der mittleren Klassen. Ist hierzu in G. Gelegenheit, und sind die Stadtverordneten bezw. die führenden, einsichtsvollen Männer, mit denen zusammen man in dieser Richtung arbeiten kann? Hat der Beigeordnete überhaupt die Möglichkeit zu selbstständigem Arbeiten, oder ist er nur eine Null, was Selbstständigkeit angeht, neben dem 1. Bürgermeister? Wie sind die Gehaltsverhältnisse? Wie stehen sich die Parteien gegenüber? Wie sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, das außerdienstliche Leben? Wird ferner die möglichst weitgehende Garantie gegeben, die Beigeordnetenstelle zu erhalten? - Soweit ich weiß, sollen Bewerbungen bis 1.4.02 eingehen, ist es nicht überhaupt schon zu spät? - Mir sind von einer anderen Seite Andeutungen gemacht worden, als ob in nicht allzu langer Zeit auch die Stelle des 1. Bürgermeisters frei würde. Würde man dann Aussicht haben, dazu vorzurücken?
Erkundigung bei einem Conphilister über die Besetzung einer Beigeordnetenstelle in Gelsenkirchen, 01.04.1902 (Auszug).
Es kam der Krieg 1914/18, ein Krieg, der durch die Dummheit aller gekommen ist. Während dieser Zeit schied der Oberbürgermeister Wallraf aus. Die Zentrumsfraktion, die über die Mehrheit verfügte, entschied sich dafür, mich zu seinem Nachfolger zu wählen. Im Jahre 1917 wurde ich Oberbürgermeister.
Interview mit Columbia Broadcasting System, 21-23.08.1962.
Das Jahr 1917 war für mich schwer, sehr schwer, voll körperlicher und geistiger Qual und Elend. Das ganze Jahr ist erfüllt von Schmerz und Leid und Sehnsucht nach meiner teuren Frau. Sehr schwer lastet auch auf mir die Sorge um die Erziehung meiner geliebten Kinder, der ich mich kaum widmen kann; mutterlose Kinder – das ist etwas unendlich Trauriges. Ein Übermaß von Arbeit brachten mir die ersten Monate des Jahres; die Arbeit war mir ein Narkotikum für mein Leid. In jungen Jahren zu einer großen Stellung berufen, bin ich ein vielbeneideter Mann, und dabei arm, bitterarm!
Tagebucheintrag Konrad Adenauers. In: Hans Peter Mensing, Emma, Gussie und Konrad Adenauer, mit ihren Töchtern Ria Reiners, Lotte Multhaupt und Libet Werhahn, in: D. Zimmer (Hg.), Deutschlands First Ladies, Stuttgart 1998, S. 36.
Sich ganz auswirken mit den Kräften des Verstandes und der Seele, mit seiner ganzen Persönlichkeit schöpferisch tätig sein zu können, ist der schönste Inhalt menschlichen Lebens. Das Feld hierzu haben Sie, meine verehrten Herren, mir durch die Wahl zum Bürgermeister der Stadt Cöln geöffnet. Dafür danke ich Ihnen von Herzen. Mein Dank ist um so wärmer, als es meine Vaterstadt ist, deren Leitung Sie meiner Hand anvertraut haben, die Stadt, die wegen ihrer Eigenart, ihrer stolzen Vergangenheit, ihres mächtig pulsierenden Gegenwartslebens auch jetzt noch jedem ihrer Kinder „eyn Kroyn boven allen steden schoyn" ist.
Antrittsrede als Oberbürgermeister der Stadt Köln am 18.10.1917.
Was die Revolution angeht, so war der Zerfall der staatlichen Macht schon vorher offensichtlich. Auch der Zerfall der Armee.
Interview mit "Bild", 22.12.1965.
Am 8.11.1918 wurde mir, ich war damals ein Jahr Oberbürgermeister, gemeldet, in Köln habe sich ein Arbeiter- und Soldatenrat gebildet, der die gesamte Macht übernommen habe.
Ich habe im Verein mit anderen wackeren und mutigen Männern versucht, dem Unheil Einhalt zu tun, für Ruhe und Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Und unsere Arbeit, die auch von besonnenen Elementen der sozialdemokratischen Partei unterstützt wurde, hat Erfolg gehabt.
Am 10.11.1918 haben wir einen Wohlfahrtsausschuß unter meinem Vorsitz gebildet, dem im Gegensatz zum Arbeiterrat neben Sozialdemokraten Vertreter aller bürgerlichen Parteien angehörten.
Unseren vereinten Kräften gelang es, allmählich wieder Ruhe und Ordnung zu schaffen, den Arbeiter- und Soldatenrat auszuschalten, die militärischen Lager zu retten, die Versorgung mit Lebensmitteln wieder in Gang zu bringen.
Redeentwurf für eine verbotene Wahlveranstaltung der Kölner Zentrumspartei 10.03.1933.
Ich will Ihnen aber erzählen, wie das mit dem Separatismus war. Wir hatten damals britische Besatzung. Hier war ein General Clive. Er war hier als politischer General, und wir verstanden uns sehr bald. In der französischen Zone und in der amerikanischen Zone ließ man dem Separatismus freie Hand. Ich sagte General Clive immer, bei uns wird nichts passieren. Er ließ mich eines Tages rufen und sagte: „Sie haben immer gesagt, es wird bei uns nichts passieren. In Koblenz ist ein rheinischer Staat ausgerufen, und wir haben die Anweisung von unserer Regierung, es zu keinen Schwierigkeiten mit den Franzosen kommen zu lassen. Was sollen wir tun?" Ich hatte damals einen sehr glücklichen Gedanken. Ich habe ihnen gesagt: „Erlassen Sie eine Verordnung, nach der die Staatsform in der britischen Besatzungszone nicht geändert werden darf ohne Ihre Zustimmung; ich garantiere Ihnen, daß dann keiner die Zustimmung nachsuchen wird." Er ließ dann einen britischen Offizier kommen und sagte mir: „Bitte, diktieren Sie diese Verordnung." Ich habe sie dann auf Deutsch diktiert, sie wurde übersetzt, und in ganz wenigen Stunden war sie überall in der britischen Zone angeschlagen - und es ist nichts passiert. Dagegen haben die Separatisten mich in Koblenz zum Tode verurteilt.
Interview mit Columbia Broadcasting System, 21.-23.08.1962.
Nachdem die ersten Schwierigkeiten, die jede Besetzung mit sich bringt, überwunden waren, bot sich mir in Köln ein reiches und großes Arbeitsfeld. Der Grüngürtel wurde angelegt. Große Eingemeindungen wurden vorgenommen.
Neue Häfen wurden gebaut. Die Kölner Messe wurde geschaffen. Wir schufen das erste Stadion in Deutschland und hatten in Bälde 70.000 Turner und Sportler, übrigens für alle Fälle auch zur Abwehr eines etwaigen Separatistenputsches. Es kam dann das Jahr, in dem die tausendjährige Zugehörigkeit des Rheinlandes zu Deutschland gefeiert und die unvergeßliche Ausstellung altdeutscher Kunst gezeigt wurde. Es kam die PRESSA, die erste internationale Presse-Ausstellung, auf der die ganze Welt vertreten war und die ein bedeutender Erfolg wurde.
Ich setzte mich auch besonders für den Wohnungsbau ein, vor allem für den Bau von Eigenheimen mit Gärten. Es war eine der bittersten Erfahrungen meiner Jugend, als wir bei einem Wohnungswechsel bei der neuen Wohnung keinen Garten mehr hatten. (...) Ich wollte das geistige Element in dem lebhaft pulsierenden Leben dieser Stadt durch die Universität stärken und weiterentwickeln. (...) In Köln lebten noch starke Traditionen, so daß an der Wiedererrichtung der Universität die ganze Bürgerschaft freudigen Anteil nahm.
Es war eine Zeit, erfüllt von vieler Arbeit, aber auch von viel Erfolg und auch mit viel Ärger. Alles in allem aber eine Zeit großen Aufschwungs für Köln.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Ich kam in den Provinziallandtag, war von 1918 bis 1932 Vorsitzender des Provinzialausschusses der Rheinprovinz und von 1920 bis 1932 Präsident des Preußischen Staatsrats. Die insgesamt 60 Mitglieder des Preußischen Staatsrats wurden indirekt, d. h. von den Provinziallandtagen, gewählt. Die preußische Staatsregierung hatte ihm die Gesetzesentwürfe, ehe sie in den Landtag gingen, zur Stellungnahme vorzulegen. Der Staatsrat arbeitete gut, schnell, sachlich und fast reibungslos.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Ich wurde plötzlich von meiner Partei nach Berlin gerufen. Als ich am Morgen dort ankam, wurde mir gesagt: Sie sollen Reichskanzler werden, um 12 Uhr erwartet Sie der Reichspräsident, um Ihnen die Ernennungsurkunde zu überreichen. Es hieß, es sei alles fix und fertig. Ich habe geantwortet: Mal langsam! Welche Mehrheit soll die Regierung haben? Die Antwort: Diese Regierung soll von den Sozialdemokraten, den Demokraten und dem Zentrum getragen werden. Ich habe erklärt, das sei mir eine zu schwache Mehrheit.
Nach dieser Unterredung habe ich meiner Partei gesagt, ich sähe keine Möglichkeit für eine erfolgreiche Arbeit, und bin mit einem Nachtzug nach Köln zurückgekehrt. Zu Hindenburg bin ich nicht gegangen.
Interview mit "Bild", 22.12.1965.
Die Nazis hätten mich gern entfernt, ohne viel Aufhebens davon zu machen. Sie sind an mich herangetreten und haben mich gefragt, ob ich nicht freiwillig zurücktreten wolle. (...) Ich habe denen damals gesagt, ich denke nicht daran, hier stehe ich und hier bleibe ich. Ich meine, man muß auf seinem Posten bleiben, bis man mit Gewalt entfernt wird, man soll nicht freiwillig gehen.
Dann kam folgendes hinzu: Hitler kam nach Köln, an einem Sonntag, und die Nationalsozialisten hatten auf der großen Rheinbrücke überall ihre Fahnen aufgezogen. Ich habe die Polizei ersucht, die Fahnen wieder zu entfernen, und habe dabei sagen lassen, wenn die Nationalsozialisten an ihrem Zelt Fahnen hissen wollen, können sie das tun, aber nicht hier an einem städtischen Objekt - und das war die Brücke -, da gibt es das nicht. Bei den Nationalsozialisten in Berlin hat das natürlich sehr eingeschlagen und wurde als ein sehr harter Widerstand gegenüber dem Nationalsozialismus gewertet; das sollte es auch sein.
Interview mit Columbia Broadcasting System, 21-23.08.1962.
Die Nationalsozialistische Partei hatte mir jede Tätigkeit verboten. Außerdem wurde mein Telefon überwacht, ein Aufpasser war in einem Nachbarhaus einquartiert. Er sollte feststellen, wer zu mir kam. Ich habe meine Tage ausgefüllt mit Lesen, mit dem Zusammensein mit meiner Frau, mit der Erziehung meiner Kinder, mit Spaziergängen und vor allem mit der Pflege meines Gartens.
Von Freunden war mir mehrfach geraten worden, doch Deutschland zu verlassen, da ich sehr gefährdet sei. Ich lehnte das ab. Ich wollte, gleichgültig was kommen würde, bei meiner Familie und bei meinem Volke bleiben, und alles das mitmachen, was die Zukunft bringt.
Am 12. März 1933 waren Stadtverordnetenwahlen in Köln. Durch Terror und Wahlfälschungen errangen die Nationalsozialisten die Mehrheit. Ich hörte, daß die SA das Rathaus nötigenfalls mit Gewalt besetzen würde, daß man mich absetzen und ins Gefängnis sperren wollte. Ich wandte mich am Abend des Wahltages an den Polizeipräsidenten und den Regierungspräsidenten und ersuchte sie, das Rathaus zu schützen. Der Regierungspräsident fragte in Berlin an, was er tun solle. Göring war preußischer Innenminister. Der Regierungspräsident erhielt die Antwort, es dürfe zu keinen Konflikten zwischen Polizei und Nationalsozialisten kommen. Das teilte er mir telephonisch mit. Ich entschloß mich, nach Berlin zu fahren, wo ich als Präsident des Staatsrates in der Wilhelmstraße eine Dienstwohnung hatte. Mein Haus in Köln war schon seit einigen Tagen von einem Trupp SA Tag und Nacht besetzt, angeblich zu meinem Schutz, in Wahrheit, weil man mich nach der Stadtverordnetenwahl festnehmen wollte.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Am Morgen des 13. März 1933 verließ ich in aller Frühe, an der schlafenden, aus sechs Leuten bestehenden Wache vorbei, mein Haus, fuhr im Auto eines Freundes nach Dortmund und von dort mit dem Zuge nach Berlin. Ich sollte mein Haus, das ich mir gebaut hatte, erst nach Jahr und Tag als Ruine wiedersehen.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
13. September 1933: Heute vor 6 Monaten bin ich von Köln abgereist, ich dachte in kurzer Zeit wieder zu Hause zu sein. - Schwere 6 Monate liegen hinter mir, die schwersten meines bisherigen Lebens und die entscheidungsvollsten für mein Inneres. Ob sie zu meinem Besten ausgeschlagen sind? Ich hoffe es ... Wie mag es in Deutschland in 6 Monaten aussehen, wo mag ich sein, wo meine Familie; ich weiß es nicht. - Alles ist ungewiss, alles ist schwankend.
Tagebucheintrag in der Benediktinerabtei Maria Laach; abgedruckt in: Freundschaft in schwerer Zeit. Die Briefe Konrad Adenauers an Dora Pferdmenges 1933-1949. Bearb. von Hans Peter Mensing und Ursula Raths. Bonn 2007, S. 5.
Dann hat man gegen mich ein Verfahren eingeleitet, in dem man sozusagen mein ganzes Leben untersucht hat. Man hat mir natürlich auch vorgeworfen, ich wäre ein Separatist. Den Vorwurf hat man aber fallen lassen. (...) Aus der ganzen Sache wurde nichts; selbst die Nazis haben das alles fallen lassen.
Interview mit Columbia Broadcasting System, 22.12.1965.
Ich verließ Maria Laach nach einem Jahr und zog mit meiner Familie nach Neubabelsberg bei Berlin. Wir blieben dort ein Jahr. Es verlief im allgemeinen ruhig, wenn ich auch unter polizeilicher Aufsicht stand und einmal festgenommen und drei Tage in Haft gehalten wurde. Meine Frau und ich beschlossen dann, an den Rhein zurückzukehren, und zwar an einen Ort im Siebengebirge. So kamen wir nach Rhöndorf.
In Rhöndorf fanden wir in einem Seitental ein Haus, das als Sommerhaus gedient hat. Die Einwohner Rhöndorfs waren uns gegenüber sehr freundlich und betrachteten uns ganz als zu ihnen gehörig.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Das Haus in Rhöndorf befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Vor allem war es völlig feucht, so daß die Kinder erkrankten. (...) Ich entschloß mich daher, in Rhöndorf ein eigenes Haus zu bauen. Dies war mir deswegen möglich, weil inzwischen (...) die schwebenden finanziellen Fragen zwischen der Stadt Köln und mir einigermaßen geregelt worden waren. Ich wählte ein Grundstück im Rheintal, das erhöht über dem Strom lag. Obwohl die Höhe den Bau verteuerte, nahm ich das in Kauf, um einen weiten Blick in die Ferne zu haben. Ich habe immer gefunden, daß nichts wohltuender ist als ein weiter Blick über das Land bis zum Horizont.
So entstand das Haus. (...) Es liegt am Abhange des Breiberges und nicht, wie die Zeitungen so gerne schreiben, am Abhang des Drachenfelses.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Im August 1944 fiel ich einer großen Verhaftungswelle zum Opfer. An einem Sonntagnachmittag wurde ich verhaftet und nach Bonn gebracht, von dort in ein Auffanglager der Gestapo im Deutzer Messegelände. Der Kapo, das ist der Vorsteher des Lagers, war ein früherer Gartenarbeiter der Stadt Köln, den ich kannte. Er war ein sehr anständiger Mann, der sein Bestes für mich tat. Wir alle wußten, daß wir mit einem Fuß im Grabe standen
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Eines Tages sagte mir der Kapo, daß ich in größter Gefahr sei. Er habe eine Mitteilung gelesen, wonach ich in einer der nächsten Nächte von SS-Leuten geholt und „auf der Flucht" erschossen werden sollte.
(...) Wir verbreiteten dann, daß ich einen Kollaps bekommen hätte. Ich wurde in das Caritas-Krankenhaus in Köln-Lindenthal gebracht, dessen Leitung ich gut kannte. Ich wußte, daß dort meines Bleibens nicht lange sein könnte, und beschloß, von dort zu fliehen und mich in einer einsam gelegenen Mühle im Bergischen zu verbergen. Nach zwei Wochen machte die Gestapo mich dort ausfindig und brachte mich in ein Gestapo-Gefängnis nach Brauweiler bei Köln. Meine Frau wurde gleichzeitig verhaftet und in die Frauenabteilung desselben Gefängnisses gebracht. Wir beide wußten nichts voneinander. Am Tage unserer silbernen Hochzeit waren wir im selben Gefängnis, ohne daß der eine vom anderen wußte, daß er auch dort war. An einem Sonntag, dem 26. November 1944, an meinem Namenstage, wurde ich entlassen.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Die Deutsche Wehrmacht hatte bedingungslos kapituliert. Aber viele, darunter auch ich, waren der Auffassung, daß Deutschland damit nicht aufhörte, als völkerrechtliches Subjekt und Objekt weiterzubestehen. Die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, die am 7. und 8. Mai 1945 erfolgte, war ein militärischer Akt, durch den der völkerrechtliche Status Deutschlands nicht ausgelöscht wurde. (...)
Täglich strömten Tausende von Kölnern zu Fuß, auf irgendwelchen Transportmitteln, später in Güterwagen nach Köln zurück. Ich sehe noch jetzt die offenen Güterwagen vor mir, vollgepreßt mit Menschen, die in ihre Heimat wollten, gleichgültig, unter welchen Strapazen das geschehen würde.
Konrad Adenauer: Erinnerungen 1945-1953.
Wir wurden nach einigen Tagen von amerikanischen Truppen besetzt. Ihre Anordnungen waren hart und drückend, aber für uns war der Kampf und der Krieg vorbei, das war ein tröstliches Gefühl.
Wenige Tage darauf kamen amerikanische Offiziere, die mich aufforderten, nach Köln zu dem dortigen Kommandanten zu kommen und die Verwaltung der Stadt zu übernehmen.
Die Aufgaben, die sich mir in dem völlig zerstörten Köln stellten, waren groß und außerordentlich erschütternd. Das Ausmaß des Schadens, den die Stadt durch die Luftangriffe und durch weitere Auswirkungen des Krieges erlitten hatte, war ungeheuerlich.
Konrad Adenauer: Erinnerungen 1945-1953.
Mit den Amerikanern kam ich sehr gut aus, wir verstanden uns sehr gut. Dann kamen die Briten. (...)
Interview mit Columbia Broadcasting System, 21.-23.08.1962. |
Ende September 1945 kam es zu einem sehr harten Konflikt zwischen den Engländern und mir. Die britische Militärregierung verlangte von mir, die Bäume in den Grünanlagen und Ringstraßen Kölns zu fällen, um das Holz der Bevölkerung als Brennstoff zu geben. (...)
Ich lehnte die Abholzung der Grünanlagen ab und verlangte von den britischen Behörden, beschlagnahmte Kohlenvorräte für die Bevölkerung freizugeben. Ich forderte, daß außerdem für die Versorgung mit Hausbrand aus dem Ruhrgebiet Kohle geliefert werde. Die Reaktion auf meine Forderung war ziemlich eisig. (...)
Ich versuchte deshalb, über die Presse unseren Forderungen größeren Nachdruck zu geben. Am 5. Oktober 1945 empfing ich in meinem Haus in Rhöndorf einen Vertreter des „News Chronicle" und einen Vertreter der „Associated Press".
Am Tag nach diesem Interview (...) wurde ich in das Amtsgebäude der Militärregierung beordert. Dann wurde mir ein Schriftstück vorgelesen, das alle Sünden enthielt, die ich begangen haben sollte. Ich wurde aufgefordert, den Empfang dieses Schreibens auf dem Original mit meiner Unterschrift zu bestätigen. Der entscheidende Passus dieses Entlassungsschreibens war der Punkt 10: „Sie werden weder direkt noch indirekt irgendeiner wie auch immer gearteten politischen Tätigkeit nachgehen."
Konrad Adenauer: Erinnerungen 1945-1953.
Es war vor allem Karl Arnold, der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der mich bat, in den Parlamentarischen Rat zu gehen. Ich gab ihm erst auf sein starkes Drängen hin nach. (...)
Im Parlamentarischen Rat bildete die CDU/CSU die stärkste Fraktion. Sie konnte den Präsidenten vorschlagen. Man schlug mich vor, weil man annahm, daß ich dank meiner Tätigkeit als Oberbürgermeister der Stadt Köln und als Präsident des Preußischen Staatsrats Erfahrungen in der Leitung eines größeren Gremiums haben würde.
Schallplatte "Aus meinem Leben", Köln, Electrola GmbH 1961.
Ich hatte mich schon seit Jahr und Tag mit dem Gedanken getragen, das Amt des Bundeskanzlers abzugeben, und war bemüht gewesen, einen geeigneten Nachfolger zu finden. Ich hatte mir den Kopf darüber zerbrochen, wie es ermöglicht werden konnte, daß ich mein Amt abgäbe und trotzdem die Kontinuität meiner politischen Richtung gewahrt bliebe. Immerhin war ich bereits 83 Jahre alt und mußte an mein Ausscheiden denken. (...)
Die Nachricht von meiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten löste eine große Sensation in der Öffentlichkeit des In- und Auslandes aus.
Konrad Adenauer: Erinnerungen 1955-1959.
Ich habe also von Beginn meiner Amtszeit an bis zum 1.9.1963 93 Pressekonferenzen abgehalten, 450 Informationsgespräche und Interviews gegeben, 152 Aufsätze und Namensartikel geschrieben, 69 Regierungserklärungen abgegeben und 647 öffentliche Reden gehalten, d. h. also, daß ich 1411 mal persönlich und direkt zur Öffentlichkeit gesprochen habe.
Rede beim Abschiedsempfang der Bundespressekonferenz am 14.10.1963.
Seit meiner Jugend fühle ich mich der Natur, dem Garten und damit auch der Arbeit des Gärtners eng verbunden, und aus eigenem Erleben kann ich nur immer wieder denen recht geben, die vom Garten als einer Stätte der Erneuerung sprechen.
In meinem Rhöndorfer Garten finde ich nach getaner politischer Arbeit Entspannung, Ruhe und neue Kraft für kommende Aufgaben, die mich erwarten, und hier auch wird mir stets wieder bewußt, was die Natur uns zu lehren vermag - man muß Geduld haben, wenn man etwas erreichen will, in der Natur und in der Politik.
Aufsatz in "Epoca" 8/1963.
Warum immer Cadenabbia: Ich kann dort ein Haus mieten. (...) Besonders lockt mich dieses Haus, das vollständig isoliert ist, das auf einem Hügel liegt; es heißt ja auch Villa Collina: Man ist für sich und hat doch die Schönheit der Natur, und ich bin im Laufe der Jahre mit den Behörden und mit der Bevölkerung der ganzen Gegend so vertraut geworden, daß sie mich, wie ich glaube, nicht als einen Fremden betrachten. Das tut einem dann wohl bei einem Aufenthalt, wenn man so von den sehr sympathischen und freundlichen Menschen umgeben ist, wie die Menschen dort sind. (...)
Ich habe immer eine große Vorliebe für die oberitalienischen Seen gehabt, auch wegen des frühen Frühlings dort.
Interview mit "La Nazione", 07.07.1965.
Ich hatte mich bereiterklärt zur Wiederwahl als 1. Vorsitzender der Partei, weil immer mehr Leute, die von Anfang an mit dabei waren, ausfallen und dadurch eine wertvolle Tradition evtl. abbrechen würde.
Abgedruckt in: Konrad Adenauer. Dokumente aus vier Epochen deutscher Geschichte. Das Buch zur Ausstellung. Bad Honnef/Rhöndorf 1997, S. 137.
Ich habe meine Erinnerungen an das, was ich erlebt habe, an das, was ich zum Teil mitgestaltet habe, geschrieben, um meinem Volk, um meinem Vaterland, die Situationen, so wie ich sie sah und beurteilte, darzulegen. Der Sinn meiner Arbeit ist auch, daß ich durch das, was ich über die Vergangenheit sage, Gedanken und Überlegungen für die Gegenwart und die Zukunft wecken möchte. Ein Volk kann seine Gegenwart und seine Zukunft nur gestalten, wenn es seine Vergangenheit versteht und daraus seine Lehren zieht. Wenn ich durch meine Erinnerungen dazu beitragen kann, bin ich dankbar.
Abgedruckt in: Konrad Adenauer. Dokumente aus vier Epochen deutscher Geschichte. Das Buch zur Ausstellung. Bad Honnef/Rhöndorf 1997, S. 138.
Es war ein schweres Leben, aber auch ein schönes Leben, das sage ich ganz offen, politisch ein schönes Leben. Denn in der Politik (...) finde ich den Kampf, namentlich wenn er erfolgreich ist, wunderbar und schön. Ohne Kampf ist es langweilig. Wenn man den Kampf verliert, ist es bitter; aber wenn man kämpft und dabei siegt, ist es schön. Daher sehe ich diese Jahre, die schwer waren, während eine unendliche Arbeitslast auf einem lag, mit großer innerer Befriedigung an mir vorbeiziehen.
Pressekonferenz in Bonn, 04.08.1964.
Sie wissen, dass ich hier in Köln geboren bin, dass ich hier meine Jugend verbracht habe, dass dieser Stadt die Kraft meiner Mannesjahre gegolten hat. Aber was ich dieser Stadt gegeben habe, das hat mir dieser Boden und diese Stadt hundertfach wiedergegeben. Denn was ich bin - im Guten wie im Schlechten -, das ist gewachsen auf diesem Boden und geformt worden von dieser Umgebung und in dieser Atmosphäre.
Dankesrede auf die Verleihung des Kölner Ehrenbürgerrechts am 04.01.1951.