* geboren 07.01.1901
in
Frankfurt/Main
† gestorben 29.10.1986
in
Frankfurt/Main
Juristin, Oberkirchenrätin, Bundesministerin, Dr. jur., ev.
Abitur | |
1920 | Lehrerinnenexamen |
1930 | 2. juristische Staatsprüfung |
1934 | Promotion |
1919-1933 | politische Betätigung in der DVP |
1930-1932 | Juristin in der städtischen Rechtsauskunftsstelle für Frauen in Frankfurt/Main |
1932-1933 | Hilfsrichterin in Frankfurt/Main und Dortmund |
1935 | von den Nationalsozialisten entlassen |
seit 1935 | Juristin in der Kirchenkanzlei der EKD in Berlin, Stolberg/Harz, Göttingen |
1948 | Oberkirchenrätin im Kirchlichen Außenamt in Frankfurt/Main |
1945-1986 | ehrenamtlich in evangelischen und überparteilichen Frauenorganisationen, Sprecherin der christlichen Frauenbewegung in der Ökumene und der UNESCO |
1952 | CDU |
1953-1969 | MdB |
seit 1957 | im Fraktionsvorstand |
1961-1966 | als erste Frau Bundesministerin für das Gesundheitswesen |
1970-1972 | Vorsitzende des Deutschen Frauenrates |
Eigentlich stellte sich Elisabeth Schwarzhaupt ihr Leben ganz anders vor. Theaterkritikerin wollte sie werden, oder Jugendrichterin. Stattdessen entwickelte sie sich zu einer der profiliertesten Verfechterinnen der Gleichberechtigung. 1961 berief sie Konrad Adenauer als erste Frau überhaupt an die Spitze eines Bundesministeriums.
Elisabeth Schwarzhaupts Elternhaus, in das sie am 7. Januar 1901 hineingeboren wird, atmet den liberalen und demokratischen Geist der freien Reichsstadt Frankfurt. Ihr Vater, Wilhelm Schwarzhaupt, ist Lehrer. Seine Frau Frieda hat ebenfalls eine Ausbildung zur Lehrerin erhalten, versorgt nun aber den Haushalt und die beiden Kinder Elisabeth und Adolf. Die Eltern setzen sich intensiv mit der Frauenbewegung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, insbesondere mit den Werken Helene Langes und Gertrud Bäumers, auseinander. Da beide Eltern politisch interessiert sind, wird zu Hause viel debattiert. Dabei spielen liberale Ideen im Sinne Friedrich Naumanns ebenso eine große Rolle wie der ernsthaft, aber nicht dogmatisch vertretene Geist der Reformierten Kirche, in dem die Schwarzhaupts ihre Kinder erziehen.
Elisabeth Schwarzhaupt besucht zunächst die Mittelschule, an der ihr Vater arbeitet. 1913 wechselt sie auf das Schillergymnasium für Mädchen in Sachsenhausen, eine der führenden Mädchenschulen Deutschlands. Nach ihrem Abitur 1920 will Schwarzhaupt ihre Leidenschaft für Kunst und Literatur als Theater- und Kunstkritikerin zum Beruf machen. Dies lehnt ihr Vater allerdings ab und schickt sie auf ein außeruniversitäres Lehrerinnenseminar. Zunächst fügt sie sich dem Willen des Vaters, weigert sich jedoch nach dem Abschluss der einjährigen Ausbildung, in seine Fußstapfen zu treten. Stattdessen bittet sie darum, Jura studieren zu dürfen. Sie will nun Jugend- oder Vormundschaftsrichterin werden - auch wenn Frauen zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Rechtspflege zugelassen sind. Wilhelm Schwarzhaupt teilt den Optimismus seiner Tochter, dass sich Frauen bald in diesem Berufsfeld durchsetzen werden. Er ermöglicht ihr daher ab 1921 das Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt am Main und Berlin.
Die Entscheidung, ins Familienrecht zu wechseln, resultiert vor allem in persönlichen Erfahrungen. Während des 1. Weltkrieges muss die Familie starke Einschränkungen ihrer großbürgerlichen Lebensweise hinnehmen. So ist die Mutter nach dem Verlust aller Hausangestellten allein für das Führen des Haushalts und die Erziehung der Kinder zuständig. Elisabeth Schwarzhaupt erlebt bewusst mit, wie sehr die weltoffene und intelligente Mutter darunter leidet, auf die häusliche Sphäre reduziert zu werden. Für die Tochter steht damit fest: „Ich selbst wollte diese Rolle, die meine Mutter vorlebte, nicht übernehmen. Zu einem Thema meines Lebens wurde die Frage, wie man die Rolle der Frau an neue Gesellschaftsformen so anpassen könnte, daß sie Kinder haben und doch mit gleichen Entwicklungschancen leben könnte wie der Mann."
Nachdem Schwarzhaupt 1930 ihr zweites juristisches Staatsexamen mit der Abschlussnote „gut" besteht und obwohl Frauen inzwischen zur Rechtspflege zugelassen werden, sieht sie sich dem Amt des Jugendrichters auf Grund mangelnder Lebenserfahrung noch nicht gewachsen. Sie nimmt daher in Frankfurt eine Stelle als Gerichtsassessorin an der Städtischen Rechtsauskunftsstelle für Frauen an. Bis zu ihrem Ausscheiden 1932 wird sie dort mit der harten Realität des Alltags vieler Frauen konfrontiert, die sie unter anderem in Scheidungsangelegenheiten, Mietrechtsfragen und Armenrechtsgesuchen berät. Sie lernt die praktischen Auswirkungen des patriarchalischen Familienrechts von 1900 kennen, das dem Ehemann unter anderem das Vermögensverwaltungs- und Letztentscheidungsrecht einräumt und die Ehefrau weitgehend in die Unmündigkeit verbannt. In der Rechtsberatung für Frauen sammelt Schwarzhaupt wertvolle Erfahrungen, die ihr später bei der Arbeit im Rechtsausschuss des Bundestages helfen, für eine Änderung des Familienrechts einzutreten.
Es ist auch die Diskussion um die Rolle der Frau, die Elisabeth Schwarzhaupt 1932 in die Politik führt. Obwohl Politik in ihrem Elternhaus allgegenwärtig, ihr Vater DVP-Mitglied und seit 1918 Mitglied des Preußischen Landtages ist, wird Schwarzhaupt lange nicht selbst aktiv. Erst die Lektüre von Adolf Hitlers „Mein Kampf" und Alfred Rosenbergs „Mythos des 20. Jahrhunderts" politisiert die Juristin. Zutiefst erschüttert stellt sie fest, „daß die nationalsozialistische Bewegung die Interessen der Frauen auf allen Gebieten, in der politischen Bewegung und beruflichen Stellung, in der Mädchenbildung und in der Stellung als Frau und Mutter gefährdet". In der Schrift „Die Stellung der Frau im Nationalsozialismus" von 1932 bezieht sie öffentlich Stellung gegen das nationalsozialistische Frauenbild. Zugleich unterstützt sie ab 1932 die liberale DVP durch Wahlkampfreden, die sie ebenfalls dem Thema Frauen im Nationalsozialismus widmet. Obwohl sie nicht die einzige ist, die vor den Auswirkungen des Nationalsozialismus auf die Frauenbewegung und die Rechte der Frauen warnt, erlangt Schwarzhaupt mit ihren Beiträgen bald überregionale Bekanntheit.
1926 lernt Elisabeth Schwarzhaupt bei einem Kuraufenthalt einen jungen jüdischen Arzt aus Gelsenkirchen kennen, mit dem sie sich bald verlobt. Um näher bei ihrem Verlobten zu sein, gibt Schwarzhaupt ihre Assessorenstelle bei der Rechtsauskunftsstelle 1932 auf und nimmt eine Stelle als Vertretungsrichterin in Zwangsversteigerungsangelegenheiten in Dortmund an. Doch das private Glück währt nicht lange. Nach der „Machtergreifung" der Nationalsozialisten verliert ihr Verlobter 1933 seine Kassenzulassung, ohne die er seine Praxis nicht mehr führen kann. Da er die weitere Zuspitzung der Lage jüdischer Bürger befürchtet, emigriert er noch im gleichen Jahr in die Schweiz - allerdings ohne seine Verlobte. Diese ist nicht bereit, sich ohne eigene Anstellung in der Schweiz niederzulassen. Als die Juristin nach zahlreichen Versuchen 1936 noch immer keine berufliche Perspektive in der Schweiz sieht, lösen sie die Verbindung auf. Schwarzhaupt wählt Unabhängigkeit, Selbständigkeit und Erfüllung im Beruf vor häuslichem Glück.
1933 wird auch Elisabeth Schwarzhaupt Opfer der diskriminierenden Politik des Nationalsozialismus. Es tritt eben jene frauenverachtende Politik in Kraft, vor der Schwarzhaupt warnte: Frauen sollen nicht mehr über Männer richten können und werden daher aus dem Justizdienst entlassen. So endet am 15. Mai 1933 Elisabeth Schwarzhaupts Tätigkeit als Richterin, auf die sie seit 1921 zielstrebig hinarbeitete. Da sie sich nun beruflich umorientieren muss, arbeitet sie seit 1933 an einer Promotion zum Thema „Fremdwährungsklauseln im deutschen Schuldrecht", die sie 1935 abschließt.
1936 bewirbt sich Elisabeth Schwarzhaupt bei der Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche in Berlin, wo die promovierte Juristin eine Stelle als juristische Hilfsarbeiterin erhält. Die gläubige Protestantin - ihr Vater ist mittlerweile Mitglied der Bekennenden Kirche - verbindet damit die leise und naive Hoffnung, weitgehend unbehelligt von nationalsozialistischer Einflussnahme arbeiten zu können. Für die Kirchenkanzlei prüft sie insbesondere die Gesetzesvorlagen des Reichskirchenministeriums zur Reform des Straf- und Scheidungsrechts. Wieder muss sie feststellen, wie sehr die Benachteiligung von Frauen im Gesetzestext zementiert wird. Ihre fachliche Expertise ist in der Kirchenkanzlei anerkannt, so dass sie 1939 als erste Frau überhaupt zur Konsistorialrätin und 1944 zur Oberkonsistorialrätin ernannt wird.
1945 geht Schwarzhaupt für die Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurück nach Frankfurt, um dort die evangelische Jugend- und Frauenarbeit zu organisieren. Zugleich arbeitet sie im Verfassungsausschuss der EKD an einer neuen Grundordnung der Kirche mit. Hier lernt sie den Oldenburger Hermann Ehlers kennen. 1948 wechselt die Oberkonsistorialrätin ins Kirchliche Außenamt, das unter der Leitung Martin Niemöllers ein Jahr zuvor nach Frankfurt verlegt wurde. Auf internationalen Kirchenversammlungen kann Schwarzhaupt einen wertvollen Blick über die Grenzen und Verhältnisse Deutschlands hinaus werfen. Auch hier faszinieren sie insbesondere die Lage, Herausforderungen und Probleme von Frauen in der ganzen Welt.
Parallel zu ihrer Tätigkeit in der EKD wirkt Schwarzhaupt nach 1945 maßgeblich am Aufbau von Frauenverbänden mit. 1946 unterzeichnet sie den Gründungsaufruf eines überparteilichen und überkonfessionellen Frankfurter Frauenausschusses. Daneben übernimmt sie die Geschäftsführung der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland (EFD), deren Gründung sie in Frankfurt mit initiierte. Auf Grund ihrer erfolgreichen Tätigkeit im vorpolitischen Raum versuchen Gründerinnen der Frankfurter CDU Elisabeth Schwarzhaupt bereits 1949 von einer Kandidatur für den ersten Deutschen Bundestag zu überzeugen. Wegen „Bedenken gegen das Wort ‚christlich' im Namen" lehnt diese den Antrag allerdings ab. Gleichwohl wird der inzwischen zum Bundestagspräsidenten gewählte Hermann Ehlers auf die kompetente Juristin aufmerksam. Er bietet ihr daher 1950 an, das Frauenreferat im Bundesministerium des Innern zu übernehmen, was sie ebenfalls ablehnt. Erst zur zweiten Wahl zum Deutschen Bundestag 1953 können er, Hans Wilhelmi und Elfriede Ketzer die Frankfurterin zum Eintritt in die CDU und zur Kandidatur im Wahlkreis Wiesbaden bewegen. Womöglich überzeugt sie das „C" als Ausdruck der Überkonfessionalität der Union, möglicherweise will sie auch zur Stärkung des protestantischen Flügels der CDU beitragen. Insbesondere aber reizt sie die Möglichkeit, so am Wiederaufbau Deutschlands mitzuwirken.
In ihrem Wahlkreis unterliegt Schwarzhaupt 1953 dem FDP-Mann Victor-Emanuel Preusker, zieht aber dennoch über einen günstigen Listenplatz in den Bundestag ein. 1957 wird sie als Direktkandidatin Wiesbadens in den Deutschen Bundestag gewählt, 1961 und 1965 zieht sie wieder über Listenplätze ins Parlament ein. Als neue Abgeordnete wird sie vor allem als Mitglied des Rechtsausschusses tätig. Hier wirkt sie an der Reform des Familienrechts mit.
Die Aufnahme der Gleichberechtigung (Art.3, Abs.2) ins Grundgesetz macht die Überarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900 nötig, in dem noch das Letztentscheidungsrecht des Vaters in der Kindeserziehung und der sogenannte „Gehorsamsparagraph", nach dem sich die Ehefrau in Eheangelegenheiten den Entscheidungen des Ehemannes zu unterwerfen hatte, verankert sind. Das Bundeskabinett legt 1954 eine Gesetzesvorlage vor, die sich für die Beibehaltung der genannten Klauseln ausspricht und sich damit den Forderungen konservativer katholischer Unionsabgeordneter, wie Helene Weber, anschließt. Elisabeth Schwarzhaupt dagegen plädiert im Plenum, entgegen der eigenen Fraktion, für eine Abschaffung bzw. Änderung der Paragraphen. Ihre juristisch und historisch argumentierenden Redebeiträge erregen Aufmerksamkeit. Sie vertritt die Position, dass der Staat nicht in die innere Ordnung der Familie eingreifen dürfe. Die Ehe sei eine partnerschaftliche und gleichberechtigte Verbindung von Mann und Frau, Entscheidungen seien daher nur im Einvernehmen, im äußersten Falle von unabhängigen Gerichten zu treffen. Um die Streichung des „Gehorsamsparagraphen" aus der Gesetzesvorlage zu erreichen, schließt sich Schwarzhaupt im Unterausschuss „Familienrechtsgesetz" mit der DP-Abgeordneten Margot Kalinke kurz. Gemeinsam mit den Abgeordneten der SPD überstimmen sie die Union und erreichen eine Änderung der Vorlage. Helene Weber wettert gegen Schwarzhaupts Taktieren: „Das ist doch sehr bedenklich für eine Oberkirchenrätin!"
Auch danach setzt sich Schwarzhaupt für die rechtliche Stärkung der Frauen ein. So wird 1957, auch dank ihrer Überzeugungsarbeit in der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, das Gleichberechtigungsgesetz verabschiedet und 1961 das Scheidungsrecht derart reformiert, dass der beklagten Seite nun ein Widerspruchsrecht zugesprochen wird.
Auch wenn Helene Weber und Elisabeth Schwarzhaupt im Familienrecht unterschiedlicher Meinung sind, so schätzt die ältere Katholikin die Juristin wegen ihrer fachlichen Kompetenz und Durchsetzungskraft. Nachdem Konrad Adenauer bereits 1957 sein Versprechen, eine Frau ins Kabinett zu berufen, nicht wahr machte, mahnt Weber bei der Regierungsbildung 1961 wieder die Beteiligung von Frauen an der Regierungspolitik an. Als ihre Forderungen bei den Koalitionsverhandlungen wieder unterzugehen drohen, organisiert Weber zusammen mit Aenne Brauksiepe kurzerhand ein „sit-in" der CDU-Damen im Bundeskanzleramt - mit Schnittchen und Getränken, aber ohne Elisabeth Schwarzhaupt. Die Aktion der Frauen hat Erfolg: Da bereits alle Ressorts vergeben sind, wird ein Gesundheitsministerium, wie es bereits in zahlreichen europäischen Ländern besteht, neu eingerichtet. Ihm werden Kompetenzen aus dem Innenministerium, Landwirtschaftsministerium, Ministerium für Atomenergie und Wasserwirtschaft, aus dem Wirtschaftsministerium und dem Ministerium für Arbeit und Soziales zugeordnet. An seine Spitze beruft der Kanzler Elisabeth Schwarzhaupt, deren Arbeitsweise er aus dem Bundestag und CDU-Bundesvorstand bereits kennt. Er hofft damit sowohl die Gruppe der Frauen, wie auch die Protestanten in der Union zu besänftigen. Die Familienrechtlerin Schwarzhaupt nimmt die Berufung aus Solidarität zu den Frauen an. Die persönliche Beziehung zwischen dem Kanzler und der neuen Ministerin bleibt stets kühl, auch weil Schwarzhaupt 1961 den Rücktritt des „Alten" vom Amt als Bundeskanzlers befürwortet.
Nach ihrer Vereidigung am 14. November 1961 sieht sich Elisabeth Schwarzhaupt in ihrer doppelten Pionierarbeit als erste Ministerin und Gesundheitsministerin mit zahlreichen Widerständen aus den Reihen ihrer Kabinettskollegen, der eigenen Fraktion und deren Frauengruppe konfrontiert. So muss sie nicht nur die Struktur des neuen Ministeriums erarbeiten, sondern auch Etat, Kompetenzbereiche und Personal anderen Ressorts abtrotzen. Schließlich zeichnet das Ministerium für die Human- und Veterinärmedizin, das Arzneimittel- und Apothekenwesen, die Vorsorge, Aufklärung sowie Gewässer- und Luftreinhaltung verantwortlich.
Wenige Wochen nach ihrer Amtsübernahme gerät die Ministerin bereits in heftige Turbulenzen: Wissenschaftliche Untersuchungen beweisen 1961 den Zusammenhang des Schlafmittels Contergan und schweren Missbildungen tausender Neugeborener. Schwarzhaupt reagiert mit der Einrichtung von Krankenhaussonderstationen für die Kinder und der besonderen Förderung der Prothesenforschung. Darüber hinaus verschärft sie die Arzneimittelkontrolle und weitet die Rezeptpflicht aus. Damit unternimmt sie ihr Möglichstes, solche Katastrophen in Zukunft zu verhindern und die Betroffenen zu unterstützen.
Zu weiteren Leistungen als Gesundheitsministerin zählen die Forcierung der Ernährungsberatung, die Einführung der Polio-Schluckimpfung und der Krebsvorsorge bei Frauen als Pflichtleistungen bei den gesetzlichen Krankenkassen und der Baubeginn des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Auf besondere Anregung Elisabeth Schwarzhauptes werden dem Gesundheitsministerium auch jene Bereiche unterstellt, die sich mit bedenklichen Entwicklungen der Umwelt befassen - von einem dezidierten Umweltbewusstsein kann allerdings noch nicht die Rede sein. Erste Verordnungen regeln die Reinhaltung des Wassers (1961) und der Luft (1965). Die Ministerin geht mit gutem Beispiel voran und lässt ihren Ministerwagen, einen schwarzen Opel-Rekord, sogleich mit einem Katalysator ausrüsten. Darüber hinaus regt Schwarzhaupt im Bereich der Umwelt wissenschaftliche Forschungen und internationale Kooperationen an.
Obwohl die Ministerin zahlreiche Gesetzesvorlagen und Verordnungen vorlegt, wird sie in ihrem Ressort nicht heimisch. Wiederholte Male erwägt sie, das Amt niederzulegen. 1966 stellt sie dem neu gewählten Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger ihr Amt zur Verfügung. Nach der Bildung der Großen Koalition wird es der Sozialdemokratin Käthe Strobel zugewiesen. Elisabeth Schwarzhaupt kehrt als einfache Abgeordnete in den Bundestag zurück. Hier widmet sie sich wieder dem Thema ihres Lebens, dem Familienrecht. Als Vorsitzende des Unterausschusses zur „Reform des Unehelichenrechts" kämpft sie darum, die Rechts- und Unterhaltsansprüche unehelicher Kinder denen ehelicher Kinder anzugleichen. Am 19. August 1969 wird das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder verabschiedet, das die rechtliche Position unehelich geborener Kinder wesentlich verbessert.
Wie sie ihrem Wahlkreis bereits 1965 angekündigte, kandidiert Schwarzhaupt 1969 nicht mehr für den Bundestag. Ihre Arbeitskraft investiert sie nun wieder im vorpolitischen Raum, unter anderem im Vorstand des Deutschen Frauenrates, des Evangelischen Frauenbundes, des Deutschen Akademikerinnenbundes und des Deutschen Juristinnenbundes. So hofft sie, möglichst viele Frauen verschiedener Schichten, Professionen, Altersgruppen und Konfessionen politisch zu mobilisieren. Aus den Leitungsgremien der CDU zieht sie sich ebenfalls zurück. Nur in ihrem CDU-Stadtverband Frankfurt-Eschersheim sowie im Evangelischen Arbeitskreis (EAK) und in der Vereinigung christdemokratischer Juristen (BACDJ) bleibt sie aktiv.
Bis zu ihrem Tod am 29. Oktober 1986 nimmt sie immer wieder Stellung zu aktuellen Entwicklungen im Familienrecht und zur Rolle der Frau in einer veränderten Gesellschaft. Unverklärt blickt sie auf ihr Leben zurück: In der Politik, sowohl im Bundestag als auch im Kabinett, sei sie stets lediglich eine „Alibifrau" gewesen. Dabei erreicht Elisabeth Schwarzhaupt 1961 das höchste politische Amt, das eine Frau bis dahin in der Bundesrepublik Deutschland inne gehabt hat, obwohl es ursprünglich gar nicht ihre Intention war, in die Politik zu gehen. Nur unter dem Einfluss Hermann Ehlers erklärt sie sich zum Beitritt in die CDU und zur Bundestagskandidatur bereit, nur Dank der Fürsprache von Helene Weber und anderer weiblicher Abgeordneter wird sie Ministerin. Dass aber gerade Elisabeth Schwarzhaupt so gefördert wird, hat nichts mit „Alibi" zu tun, sondern ist ihrer großen juristischen Kompetenz, Willenskraft und Furchtlosigkeit wie auch ihrer menschlichen Wärme zu verdanken.