* geboren 17.05.1928
in
Köln
† gestorben 03.02.2019
in
Neuss
Werhahn, Elisabeth "Libet", geb. Adenauer
Libet Werhahn gewann viel Sympathie, als sie nach dem Tod ihrer Mutter in den 1950/60er Jahren ihrem Vater Konrad Adenauer als „First Lady“ zur Seite stand. Stets war es ihr jedoch wichtig, nicht nur als Tochter des ersten Bundeskanzlers, sondern als eigenständige Person wahrgenommen zu werden. Mit ihrem sozialen und kulturellen Engagement in der Kommunal- und Europapolitik setzte sie eigene Akzente.
Elisabeth „Libet“ Werhahn wurde am 17. Mai 1928 als jüngste Tochter Konrad Adenauers und seiner zweiten Ehefrau Gussie geboren. Zusammen mit ihren Geschwistern Paul, Lotte und Georg zählte sie zu den „Kleinen“ in der Großfamilie, zu der auch die älteren Halbgeschwister Konrad, Max und Ria aus Adenauers erster Ehe gehörten.
Mit nicht einmal fünf Jahren erlebte Libet, wie ihr Vater im März 1933 von dem nationalsozialistischen Mob aus dem Amt des Oberbürgermeisters von Köln vertrieben wurde. Während sie mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern im Elisabeth-Krankenhaus Hohenlind Unterschlupf fand und anschließend weiter in Köln blieb, floh Adenauer nach Berlin und versteckte sich schließlich bis 1934 im Kloster Maria Laach. Die Jahre 1934 und 1935 verbrachte die Familie gemeinsam in Neubabelsberg, wo der Vater im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches kurzzeitig von der Gestapo verhaftet wurde.
1935 erfolgte dann der Umzug nach Rhöndorf, wo jedoch schon bald erneut Ungemach drohte. So wurde Adenauer unter einem Vorwand für einige Monate aus dem Regierungsbezirk Köln ausgewiesen, was zur Folge hatte, dass er nicht mehr bei seiner Familie in Rhöndorf wohnen durfte.
Da Adenauer immer wieder gezwungen war, sich für längere Zeit getrennt von seiner Familie aufzuhalten, musste sich die Mutter Gussie häufig allein um die große Familie kümmern, wobei ihr jedoch ein Kindermädchen zur Seite stand. Mit ihrer warmherzigen, fröhlichen Art gab die Mutter Libet und ihren Geschwistern in der Kindheit liebevollen Halt. Besonders genoss Libet jedoch die Zeit, die der Vater – zur Untätigkeit verdammt – in Neubabelsberg und Rhöndorf mit der Familie verbrachte.
Ansonsten war die Zeit des Nationalsozialismus in Libets Erinnerung geprägt von der Erfahrung, einer sozial geächteten Familie anzugehören, in der man auf Sparsamkeit bedacht sein musste.
Als besonders einschneidendes Erlebnis erinnerte sie die Verhaftung ihrer Eltern durch die Gestapo 1944. Die gerade 16-jährige Libet reiste zur Gestapozentrale am Appellhofplatz in Köln, um durch hartnäckiges Nachfragen den Aufenthaltsort der Mutter zu erfahren. Mit unregelmäßigem Busverkehr und auf dem Fahrrad gelangte sie unter Fliegerbeschuss schließlich nach Brauweiler, wo sie ihre Mutter und ihren Vater sehen konnte. Während sie Gussie schließlich abholen durfte, telegrafierte sie an die Kommandantur ihres Bruders Max, der Leutnant bei der Abwehr war. Dieser konnte sich schließlich erfolgreich für die Freilassung des Vaters einsetzen.
Die letzten Kriegsmonate überstand die Familie unbeschadet in Rhöndorf. Libet, die zunächst als Internatsschülerin die Klosterschule Nonnenwerth besucht hatte, legte in einem Gymnasium in Bonn das Notabitur ab. Nach dem Krieg besuchte sie 1946/47 das wiedereröffnete Gymnasium St. Adelheid des Ordens Sacré-Cœur in Pützchen, wo sie das reguläre Abitur erlangte.
Nach dem Abitur zog Libet zu Hause aus und studierte in Bonn zunächst Germanistik und Geschichte, schließlich Jura. Da die Mutter bis zu ihrem Tod im März 1948 immer wieder schwer erkrankt im Bonner Johannes-Hospital lag, verbrachte Libet all ihre freie Zeit an ihrem Krankenbett, so dass ihre Studienzeit in Bonn keineswegs unbeschwert war.
Bereits 1947 war Libet in Rhöndorf zum ersten Mal ihrem späteren Ehemann, dem Neusser Kaufmann und Industriellen Hermann Josef Werhahn (1923–2016), begegnet. Libet und Werhahn heirateten am 2. Mai 1950 in der Basilika des Klosters Maria Laach, wo Adenauer 1933/34 Zuflucht gefunden hatte. Das Ehepaar lebte fortan zusammen in Neuss. Aus der Ehe gingen fünf Kinder (Monika, Stephan, Charlotte, Annette und Konrad) hervor.
Libet heiratete in eine konservative Industriellenfamilie ein. Anders als ihr Vater Konrad Adenauer tat sich ihr Schwiegervater Wilhelm Werhahn mit dem Gedanken schwer, dass Frauen eine höhere Bildung und größere Selbstständigkeit erlangen könnten. Ihr Ehemann unterstützte sie hingegen in all ihren eigenständigen Aktivitäten.
So begrüßte es Hermann Josef Werhahn auch, dass seine Frau ihren Vater, den Bundeskanzler, in den Jahren 1954 bis 1967 des Öfteren bei Staatsbesuchen und Konferenzen begleitete. Nach dem Tod seiner Frau Gussie standen Adenauer die Töchter Ria Reiners, Lotte Multhaupt und Libet als „First Ladies“ in Bonn, auf Staatsbesuchen und bei Urlauben medienwirksam zur Seite.
Die drei Töchter wirkten damit „weit über das Protokollarische und die oberflächliche Breitenwirkung hinaus“ (Hans Peter Mensing). Schließlich sorgten sie mit dafür, dass Adenauer insbesondere im Ausland zum Sympathieträger der jungen Bundesrepublik wurde.
Libet begleitete ihren Vater etwa zwölf Mal in die Vereinigten Staaten von Amerika. Bei der Unterzeichnung der Römischen Verträge am 25. März 1957 war sie anwesend und reiste anschließend mit ihrem Vater in den Iran. Ihr wurde nachgesagt, sie habe während Adenauers Treffen mit dem französischen Präsidenten Charles de Gaulle bzw. mit dem amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy zu einem guten Gesprächsklima beigetragen. Auch bei Adenauers letzter Auslandsreise vor seinem Tod, nach Spanien, war Libet an der Seite ihres Vaters.
Nach Adenauers Tod setzte sich Libet mit ihren Geschwistern dafür ein, das Andenken an ihren Vater und sein politisches Erbe zu bewahren. Bereits im Dezember 1967 entschlossen sich die Geschwister, Adenauers Wohnhaus samt Garten in Rhöndorf sowie seinen persönlichen Nachlass der Bundesrepublik Deutschland zu schenken. Im Gegenzug verpflichtete sich der Bund, eine Stiftung einzurichten. Die Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus war die erste Politikergedenkstiftung. Mit der Erinnerungsstätte des Wohnhauses, einer Dauerausstellung, dem Archiv und ihrer editorischen Arbeit pflegt sie das Andenken an den ersten Bundeskanzler.
Als Vertreterin der Familie gehörte Libet zusammen mit ihrem Bruder Paul seit Anfang 1968 dem Kuratorium der Stiftung an. Diese Aufgabe nahm sie sehr aufmerksam, engagiert und gewissenhaft wahr, bis sie 2012 das Amt an die nächste Generation abgab.
Nachdem Libet viele Jahre in der Telefonseelsorge mitgearbeitet hatte, wurde sie in den 1970er Jahren als Sachkundige Bürgerin (1975–1994) und Mitglied des Stadtrats (1979–1989) in der Neusser Kommunalpolitik tätig. In den 1980er Jahren arbeitete sie mit Karla Geismann und Annette Schavan im Parteivorstand der CDU in Neuss zusammen.
Nach eigener Aussage habe es immer wieder den Versuch gegeben, sie als Tochter Konrad Adenauers für die Politik zu instrumentalisieren: „Ich habe es zwar geduldet, mich jedoch durch mein soziales und kulturelles Engagement darum bemüht, ein eigenes politisches Profil zu entwickeln, was den Parteioberen in Neuss oft nicht so recht ins Konzept passte.“
Besonders am Herzen lag ihr die Europapolitik. Als stellvertretende Vorsitzende der Europa Union Nordrhein-Westfalens engagierte sie sich mit zahlreichen Veranstaltungen zur Europapolitik in der Erwachsenenbildung. Den Vorschlag, für das Europäische Parlament zu kandidieren lehnte sie jedoch ab, da sie lieber in Neuss in der Nähe ihrer Kinder und Enkel bleiben wollte.