* geboren 12.10.1901
in
Schweinheim/Aschaffenburg
† gestorben 05.08.1961
in
München
Ministerpräsident, Vorsitzender der CSU, Dr. jur.,rk
Studium der Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Germanistik in Würzburg, Freiburg/Breisgau und Jena; Rechtsanwalt in Aschaffenburg | |
1940-1945 | Kriegsdienst |
1945-1947 | Landrat in Aschaffenburg |
1946 | Mitglied der Verfassunggebenden Landesversammlung (CSU) |
1946-1961 | MdL (CSU) |
1947-1954 | Staatsminister für Wirtschaft (und Verkehr) |
1955-1961 | CSU-Vorsitzender |
1957-1960 | Ministerpräsident |
1929 ließ Seidel sich als Rechtsanwalt in Aschaffenburg nieder, 1932 trat er in die BVP ein. Sein Engagement trug ihm die Gegnerschaft der Nationalsozialisten ein; nach kurzer Untersuchungshaft floh Seidel 1933 nach Memel, kehrte aber nach einigen Wochen zurück und praktizierte bis 1940 als Rechtsanwalt. Dann wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Im Oktober 1945 wurde er von der amerikanischen Militärregierung zum Landrat ernannt und im Juni 1946 durch Wahl bestätigt. Ende 1945 hatte sich Seidel der CSU angeschlossen, in deren Flügelkämpfen er zu den Anhängern Josef Müllers zählte, dessen Konzept einer gut organisierten, liberal-konservativen, interkonfessionellen Partei für ihn richtungweisend werden sollte. Im September 1947 übernahm Seidel das Amt des Wirtschaftsministers. Er war auch außerhalb Bayerns ein geschätzter Politiker. Konrad Adenauer bot ihm im Februar 1950 das Amt des Staatssekretärs im Bundeskanzleramt an. Seidel zog es jedoch vor, die bayerische Wirtschaftspolitik zu koordinieren; 1952 wurde seinem Ressort auch die Zuständigkeit für Verkehrsfragen übertragen. Im Dezember 1954 verlor Seidel sein Ministeramt, nachdem eine Regierungsbildung unter Führung der CSU gescheitert war. Der Sturz in die Opposition löste in der CSU eine tiefe Krise aus, die zu einem Revirement an der Parteispitze führte. Landesvorsitzender wurde Seidel, der sich am 22. Januar 1955 in einer Kampfabstimmung gegen Franz Josef Strauß durchsetzte. Als CSU-Vorsitzender betrieb Seidel die organisationspolitische Modernisierung, programmatische Öffnung und personelle Erneuerung der CSU. Im Landtag bemühte er sich um eine in der Sache harte, aber faire Oppositionspolitik. Nach dem Ende des Kabinetts Hoegner wurde Seidel am 16. Oktober 1957 zum Ministerpräsidenten einer Koalition aus CSU, FDP und GB/BHE gewählt, die ihre Arbeit nach der Landtagswahl im November 1958 fortsetzen konnte. Obwohl in erster Linie Wirtschaftspolitiker, gelang es Seidel 1958, mit dem Gesetz über die Ausbildung der Volksschullehrer eines der drängendsten Probleme der bayerischen Kulturpolitik zu lösen. Sein eigentliches Anliegen war die Steuerung des Strukturwandels, der Bayern zum Industrieland werden ließ. Durch eine engagierte Industrie-, Struktur- und Infrastrukturpolitik sollten Standortnachteile kompensiert, die Lebensbedingungen der Bevölkerung vor allem im ländlichen Raum verbessert und der steuerschwache Freistaat finanziell auf die eigenen Füße gestellt werden. Damit hatte Seidels Wirtschafts- und Strukturpolitik auch eine deutlich föderalistische Komponente. Im Juli 1958 war Seidel in einen Autounfall verwickelt, von dessen Folgen er sich nie erholen sollte. Am 21. Januar 1960 trat er als Ministerpräsident zurück, im Februar 1961 als CSU-Vorsitzender.