Schwarz-Weiß-Portraitaufnahme von Ludwig Kaas
Ludwig Kaas, 1928

Ludwig Kaas

* geboren 23.05.1881 in Trier
† gestorben 25.04.1952 in Rom


Kanonist, Zentrumspolitiker, Dr. phil., Dr. theol., Dr. jur. can., Dr. theol. h. c., rk.

Übersicht

1900Abitur in Trier, Theologiestudium am dortigen Priesterseminar und seit 1901 an der Gregoriana in Rom (3 Doktorate)
1906Priesterweihe, in Trier seelsorgliche Tätigkeit, dann in einer Pfarrei in Kärlich
1909Leitung der Höheren Schule Kemperhof in Koblenz, Studien in Bonn bei dem Kanonisten Ulrich Stutz
1910Professor für Kirchenrecht am Priesterseminar in Trier, dann Ernennung zum Domkapitular
1918-1924MdNV (Zentrum) und ihres Verfassungsausschusses
1919-1920MdR, aktiv im Auswärtigen Ausschuß
1920-1933Mitglied des Preußischen Staatsrats
1921-1933Mitglied der deutschen Delegation zum Völkerbund (Sprecher des besetzten Rheinlands)
1924-1926Entbindung von seiner Professur, statt dessen Ernennung zum Domkapitular
1924Leitung der in Trier errichteten Zweigstelle des Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft
07.04.1933Emigration nach Rom
1935Domherr an St. Peter
1936dort Vermögensverwalter und Leiter der Dombauhütte

Biographischer Werdegang

Kaas zählte zu den rheinischen Anhängern der „Los-von-Preußen-Bewegung". Der bedeutende Kanonist und glänzende Redner geriet nach seiner Wahl zum Vorsitzenden des Zentrums (8.12.1928) noch tiefer in das Spannungsfeld von Staat und Kirche. Denn seit 1920 war er gleichzeitig kanonistischer Berater des Nuntius in München (seit 1917) und in Berlin (seit 1920) Eugenio Pacelli (später Pius XII.). In der Persönlichkeit des „Zentrumsprälaten" (1921 Päpstlicher Hausprälat, 1929 Protonotar) spiegelte sich die Problematik des politischen Katholizismus. Kaas hat dazu beigetragen, die in der Reichsverfassung verankerten Freiheiten und Rechte für die katholische Volksminderheit zu sichern, die Regierungsfähigkeit seiner Partei unter Beweis zu stellen und einen Ausgleich zwischen Kirche und Staat herbeizuführen. Er war allerdings keine kraftvolle Führerpersönlichkeit in der Krise des Parlaments, auch gesundheitlich labil. Der Verfechter kurialer Konkordatspolitik unterschätzte 1933 den Nationalsozialismus, vertraute Hitlers Zusicherungen und bewog die Reichstagsfraktion des Zentrums am 23.3.1933 dazu, dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. Durch Mitwirkung am Zustandekommen des Reichskonkordats (20.7.1933) und anschließend als Mitarbeiter Pacellis glaubte Kaas, mehr für den deutschen Katholizismus bewirken zu können als in Trier. 1939 erhielt er die Verantwortung für die Grabungen unter dem Petersdom übertragen, die 1950 zur Entdeckung des Petrus-Grabes führten. 1939/40 hat Kaas Versuche deutscher Widerstandskreise gefördert, über den Vatikan Kontakt zur britischen Regierung herzustellen. 1950 war er an der Errichtung der Theologischen Fakultät in Trier beteiligt. Kaas unterschätzte die Gefährlichkeit totalitärer Kräfte, die in seinem Menschenbild und Erfahrungsschatz keinen Platz hatten.

  • G. May: Ludwig Kaas, 3 Bde. (1981/82); Ders:, in: Rhein. Lebensbilder, 10 (1985);
  • M. Persch, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, 3 (1992).

Rudolf Morsey