1. Juli 1958

Appell zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 6. Juli 1958

Friede und Sicherheit! - Appell des Bundeskanzlers an die Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen

 

Meine lieben Landsleute in Nordrhein-Westfalen!

Unsere Landtagswahl am 6. Juli 1958 ist landespolitisch und auch bundespolitisch von größter Bedeutung. Es geht vor allem darum, daß unsere schöne Heimat Nordrhein-Westfalen, das größte Bundesland, nicht dem Sozialismus verfällt mit allen seinen Unsicherheiten, Widersprüchen und bedrohlichen Endzielen. Wenn es mein und der Bundespolitik einziges Bemühen ist, uns den Frieden zu erhalten, die bisherigen Erfolge zu sichern, den Wohlstand allen Schichten und allen Familien wie Einzelstehenden zukommen zu lassen, so sind Landesregierungen vonnöten, die eine solche Politik unterstützen. Aber die Vertreter des Wehner-Kurses sprechen es deutlich genug aus, daß sie über die nach ihren Plänen geformten Landes­regierungen den Bundesrat und schließlich auch den Bund selbst mit ihrer verhängnisvollen Abenteuerpolitik überrollen wollen.

Es geht ihnen nicht um das Wohl des Landes Nordrhein-Westfalen, sie schüren vielmehr eine von außen künstlich entfachte Angst, sie wollen uns wehrlos machen, sie betreiben ein falsches Spiel um der bloßen parteipolitischen Macht willen. Ihre Macht wäre unser Unheil. Sie haben auch nicht in zwei­einhalbjähriger Regierungszeit ihre landespolitische Bewäh­rungsprobe bestanden. Sie wa­ren durch eine schänd­liche Intrige, durch einen Vertrauensbruch an die Regierung gekommen. Die FDP, die nach der letzten Land­tagswahl eine Koalition mit der CDU einging, hat diese Verbin­dung gebrochen. Was soll man zu einer Partei sagen, die wie die FDP heute mit der CDU, morgen im gleichen Lande durch dieselben Leute eine Koalition mit der SPD eingeht? Auch eine Partei muß einen Charakter haben. Wer könnte uns den Charakter der FDP zeichnen? Die Düsseldorfer FDP, ein wahrer Hohn auf den alten Liberalismus und auf eine wirklich freie Demokratie, gab der SPD eine unverantwortliche Hilfestellung. Diese sonderbare Koali­tion schaltete das Zentrum mit einem Wahlgesetz-Trick aus, um allein zu herrschen, schonungslos zu herr­schen besonders auch auf dem Gebiete der Personalpolitik. Sie hat so die neunjährige erfolggekrönte Wie­deraufbauarbeit eines Karl Arnold gebremst, gefährdet und in falsche Wege geleitet, sie ahmten diesen verdienten Politiker in manchem hilflos nach, aber sie eiferten ihm nicht nach. Wie in der Bundes-, wie in der Wehr- und in der Außenpolitik kommen diese Machtstreber mit verworrenen Vorschlägen, die in Pankow und vielleicht auch in Moskau beifällig aufgenommen werden, die aber nicht nur an Rhein, Ruhr und Lippe, nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch bei unseren Brüdern und Schwestern in der Sowjet­zone und bei allen Völkern und Regierungen der freien Welt, zu der wir gottlob gehören, auf Verwunde­rung, ja Entsetzen stoßen.

Wir wollen frei bleiben und weiter in Frieden arbeiten und leben. Wir müssen unsere nordrhein-westfälische Heimat vor einem ziellosen Dahintreiben bewahren, einem Dahintreiben, das in unseren politisch so stürmischen Zeiten mit absoluter Sicher­heit zu einem Sturz in das kommunistische Chaos führt.

Liebe Frauen und Männer in Nordrhein-Westfalen, ihr Neubürger, die ihr die Qual des Kommunismus am eigenen Leibe verspürt und bei uns eine zweite Heimat gefunden habt, du fleißige Jugend zwischen Rhein und Weser, gebt den falschen Propheten die rechte Antwort, stimmt für die Männer und Frauen der christlich­-demokratischen Union, auf daß Friede und Ordnung, Sicherheit und Familienglück uns morgen erhalten bleiben!

 

Bonn, Ende Juni 1958.

[Adenauer]

Bundeskanzler
1. Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands

 

Quelle: Politisch-Soziale Korrespondenz vom 01.07.1958, 7. Jg., Nr. 13, S. 3f.