10. April 1950

Unterredung des Bundeskanzlers Adenauer mit dem Vizepräsidenten der Beratenden Versammlung des Europarats, Layton

Lord Layton, der "News Chronicle" und "Economist" besitzt, machte zusammen mit seiner Tochter dem Herrn Bundeskanzler am Ostermontag einen zweistündigen Besuch.

Anläßlich dieses Besuchs erklärte Lord Layton, daß der Eintritt Deutschlands in den Europarat dringend erwünscht sei. Er hoffe, daß die Bundesregierung ihre Entscheidung nicht verschiebe, da in einem Aufschub die öffentliche Meinung der Westmächte den Versuch erblicken würde, den Eintritt zum Anlaß neuer Konzessionen zu machen. Er gebe zu, daß sich die Situation seit den letzten Unterhaltungen mit dem Herrn Bundeskanzler im Herbst vergangenen Jahres wesentlich verschlechtert habe, und er sei ebenfalls der Auffassung des Herrn Bundeskanzlers, daß es vielleicht besser gewesen wäre, wenn man Deutschland noch zu Ende des Jahres 1949, also etwa um die Weihnachtszeit herum, schnell in den Europarat aufgenommen hätte.

Die Gründe für die Verschlechterung, die der Bundeskanzler im einzelnen ausführlich darstellte, seien ihm bewußt. Die Frage des Herrn Bundeskanzlers, ob in der Einladung des Generalsekretärs der europäischen Föderation an die Saarregierung ein Wort über den Vorbehalt einer späteren Regelung durch den Friedensvertrag enthalten sei, vermochte Lord Layton nicht zu beantworten. Er betonte aber, daß es nach seiner Auffassung eines solchen Vorbehalts nicht bedürfe, da in den Verhandlungen des Ministerkomitees Klarheit darüber bestanden habe, daß eine Einladung an die Saarregierung nur unter dem Vorbehalt einer künftigen Regelung durch den Friedensvertrag erfolgen könne. Die Opposition, die die Sozialdemokratie gegen den Eintritt übe, sei nach seiner, Lord Laytons, Auffassung nur aus parteitaktischen Beweggründen zu erklären.

Im übrigen glaube er, daß es den Westmächten nicht so sehr darauf ankomme, wenn die Sozialdemokratie ihre Stimme gegen den Eintritt erhebe, vorausgesetzt, daß die ganze bürgerliche Mitte und Rechte sich geschlossen für den Eintritt einsetze, denn daß die Sozialdemokratie schließlich doch den Weg nach Straßburg gehe, stehe wohl außer Zweifel.

Hiermit dem Herrn Bundeskanzler vorgelegt.

 

Quelle: Aufzeichnung vom 12. April 1950, in: BArch, NL Blankenhorn N 1351/3, Bl. 155.