12. Mai 1928

Ansprache zur Eröffnung der Internationalen Presseausstellung PRESSA in Köln

 

Meine hochverehrten Damen und Herren!

Mit aufrichtigster, von Herzen kommender Freude heiße ich Sie im Namen der Internationalen Presse-Ausstellung willkommen. Das Werk vieler schwerer Tage, das Ergebnis mühsamer Arbeit wird heute der Öffentlichkeit übergeben, fast 2 Jahre, nachdem wir uns mit der Bitte um Mitarbeit und Unterstützung an dieje­nigen, die zur engeren oder weiteren Gefolgschaft Gutenbergs gehören, die dem Buch oder der Presse dienen, an die Reichsregierung und an die Preußische Staatsregierung, an die Staaten der Erde wandten. Unser Ruf ist an keiner dieser Stellen ungehört und unerwidert verhallt, überall hat er ein volles und starkes Echo gefunden.

Ich folge nicht nur meiner Pflicht, ich folge einem Drange meines Herzens, wenn ich in erster Linie den Mitgliedern der Reichsregierung, des Reichstages und des Reichsrates, dem Preußischen Herrn Ministerpräsidenten und den übrigen Vertretern Preußens den Tribut der Dankbarkeit zolle für die tatkräftige Unterstützung, welche unser Ausstellungsplan bei ihnen gefunden hat. Ohne die fördernde Zustimmung, ohne die moralische Unterstützung der Reichsregierung wäre diese internationale Ausstellung nicht möglich gewesen. Ich bitte Sie, ver­ehrter Herr Reichsminister, den Ausdruck meines warmen und tiefgefühlten Dankes entgegenzunehmen und auch gegenüber dem Herrn Reichspräsidenten und dem Herrn Reichskanzler der Dolmetscher unserer dankbaren Verehrung zu sein. Mit herzlichster Dankbarkeit gedenke ich in dieser Stunde der vielen, vielen klugen Köpfe und fleißigen Hände, die an diesem großen Werke geschaf­fen haben. Sie dürfen heute mit Fug und Recht eines der besten und edelsten Gefühle des Menschen empfinden, das Gefühl der Freude und Befriedigung über ein großes und gelungenes Werk.

Es ist schwer, wenn nicht unmöglich, in wenigen Sätzen den Sinn einer so großen Ausstellung klarzulegen, und ich muss um ihre Nachsicht bitten, wenn ich diesen Versuch unternehme. Diese Ausstellung hat zum Gegenstand die Welt des in Wort und Bild gefassten und vervielfältigten Gedankens. Der in Wort gefasste Gedanke ist die mächtigste und stärkste, die umfassendste Manifestation des menschlichen Geistes. Sie ist so tausendfältig wie die Betätigung des Men­schen überhaupt. Die Geschichte des menschlichen Wortes ist die Geschichte der Menschheit, ihrer Kultur, ihrer Religionen, ihrer Gesittung, ihrer Kämpfe, ihrer Revolutionen, ihres Ringens und Strebens. Die Entwicklung und Geschichte des menschlichen Wortes, seine Vielfältigkeit, seinen bestimmenden Einfluss in Kultur und Geschichte, in Niedergang und Aufstieg der Menschheit, die Macht, die es gerade in unseren Tagen, in denen der Fortschritt der Technik seine Verbreitung und Vervielfältigung so ungeheuer erleichtert hat, in der Form der Zeitung ausübt, darzustellen: das ist der Zweck dieser Ausstellung. Der geistige Inhalt soll ihr das Gepräge geben, die Technik der Vervielfältigung und Verbreitung erscheint auf ihr nicht als Herrin, sondern als Mittlerin.

Der menschliche Geist muss wurzeln in dem Boden des eigenen Volkes, der eigenen Nation, aber die Landesgrenzen dürfen ihn nicht einengen, er muss bei aller Wahrung seiner berechtigten nationalen Eigenschaften seiner Natur nach über sie hinausstreben zur geistigen Gemeinschaft und Verbundenheit aller Kulturvölker. Auch diese Ausstellung, die eine Ausstellung des menschlichen Geistes ist, muss, auf deutschem Boden entstanden, die Züge dieses Landes tragen. Aber auch sie musste ihrem Wesen und ihrer Bestimmung nach hinaus­streben über die Landesgrenzen. Auf unser Anpochen haben sich die Türen weit geöffnet: mit dem größten Entgegenkommen, mit vollendeter Liebenswürdigkeit und Herzlichkeit ist unsere Bitte um Beteiligung in allen Kulturländern und vom Generalsekretariat des Völkerbundes aufgenommen worden.

Mit wahrer und aufrichtiger Freude heiße ich daher die Vertretungen von 43 Staaten und des Völkerbundes willkommen, an ihrer Spitze begrüße ich die Herren Botschafter und Gesandten und den Herrn Generalsekretär des Völker­bundes. Seien Sie versichert, meine Herren, dass ganz Deutschland der Beteili­gung Ihrer Länder und Ihrem Erscheinen am heutigen Tage die größte Bedeutung beilegt. Diese Ausstellung wird durch ihre Internationalität den Blick weiten für die gemeinsame Grundlage aller menschlichen Kultur, für die Möglichkeiten, ja die Notwendigkeiten übernationaler Zusammenarbeit.

Es hat eine Zeit gegeben, in der sich alle Kulturvölker als eine Einheit fühlten, in der man eine civitas humana kannte. Aus dieser Zeit winken als Mahner über den Rheinstrom zu uns herüber die erhabenen Bauten des Mittelalters, die stum­men und doch so beredten Zeugen einer Epoche der Menschheitsgeschichte, die noch ein einheitliches Denken, ein solidarisches Fühlen aller Kulturvölker kannte. Möge diese Ausstellung die Überzeugung von der Gemeinsamkeit in den erhabensten und wesentlichsten Grundlagen der menschlichen Kultur, das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer großen, in Gedeih und Verderb miteinander verflochtenen Völkerfamilie stärken und beleben, möge diese Ausstellung wer­den ein Werkzeug des Friedens!

 

Quelle: StBKAH, NL Adenauer 01.04, ms., handkorrigiertes Redemanuskript. Abgedruckt in: Konrad Adenauer 1917-1933. Dokumente aus den Kölner Jahren. Hrsg. v. Günther Schulz. Köln 2007, S. 82-84.