15. Februar 1956

Gegendarstellung zum Artikel "Kein Baum wächst in den Himmel" der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"

Der Kanzler antwortet

 

Ihr Artikel in der Nummer 36 der Frankfurter Allgemeinen, überschrieben "Kein Baum wächst in den Himmel", veranlasst mich, Sie zu bitten, folgendes zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bin niemals ein Befürworter oder Anreger des Grabensystems gewesen. Ich habe niemals versucht, die Wahlrechtsreform mit der Koalitionsdisziplin zu vermischen. Ich habe im Gegenteil immer daran festgehalten, was ich schon bei dem Abschluss der Koalition gesagt habe, dass ich für ein faires, d. h. ein für alle Fraktionen annehmbares Wahlrecht eintreten wolle.

In Ihren Artikel sagen sie weiter, "der zweite Missgriff unterlief ihm, als er jüngst in Stuttgart Russland fast als einen Koloss auf tönernen Füßen malte". Der Bericht Ihres Blattes über meine Ausführungen in Stuttgart hat diese entstellt, und offenbar beruht hierauf auch Ihre Äußerung. Ich habe in Stuttgart, wie auch anderswo, ausgeführt, dass, wenn man konsequent und entschieden bleibe, man erwarten könne, dass Russland zu einer Verständigung sich bereit erklären werde. Russland brauche eine Verständigung, weil es seine eigenen großen Sorgen habe. Diese Sorgen habe ich dann aufgeführt.

Adenauer, Bundeskanzler

 

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. Februar 1956.