Lieber Paul! Nun ist schon wieder der Tag für den Sonntagsbrief an Dich gekommen, so fliegen die Wochen dahin - heute bist Du schon über zwei Monate dort, also kein Neuling mehr! Hoffentlich hat bei Eurer Besichtigung alles gut geklappt. - Wir nähern uns sehr den weihnachtlichen Arbeiten, bei denen Du uns sehr fehlst. Lotte will ja die Krippe machen, Libeth soll dann den Baum schmücken. Wir wollen die Krippe diesmal in der Sofanische aufbauen, hoffentlich geht das. Der Baum ist auch schon da, ich habe einen kleineren genommen als sonst, schon weil man nur wenige Kerzen hat. Für Schorsch haben wir eine neue Lampe für das kleine Kino besorgen können - es gibt keine mehr - jetzt wollen wir sehen, daß der kleine Spiraldraht, der schiebt, damit neue Bilder vorkommen, verstärkt wird, dann hat er ein recht schönes Geschenk zu Weihnachten, d. h. der Apparat bleibt im Familieneigentum. Dir lasse ich noch als Weihnachtsgeschenk ein Buch über Hölderlin zugehen. Da Du Dich ja für ihn interessiert hast, macht es Dir hoffentlich Freude. In der Natur sieht es noch gar nicht weihnachtlich aus, es regnet fast ununterbrochen, und es blüht noch allerhand, wie ich Dir schon schrieb. Das Wetter, das übrigens viele Erkältungen zur Folge hat, hat den Vorteil, daß wir noch immer den kleinen Ofen brauchen, ich bin sehr froh darüber. - [...] Nach Weihnachten gehen die Gedanken auch schon zur Frühjahrsbestellung hin. Ich will wegen der zu erwartenden Not einen Teil Frühkartoffeln pflanzen und auch in den Garten, wo es nur eben geht, Winterkartoffeln [...] Die Pfarrmesse ist jetzt morgens um 7.45 Uhr; ich denke dabei Deiner. Christmette ist hier am 24. nachmittags 6 Uhr, in Honnef Mitternacht. Darüber wird Dir Lotte ausführlicher schreiben. Herr Busley ist schon in Urlaub; er hat einen Puter für uns mitgebracht, teuer, weil in Frankreich eine noch größere Teuerung herrscht als hier, aber wir sind froh, das Tier zu haben. Mutter geht dann noch am Montag nach Birken, unsere Gans holen. So werden wir Weihnachten für alle hungrigen Mäuler etwas haben. Hoffentlich bekommt Ihr auch etwas Gutes. Wie seid Ihr dort mit Gemüse versorgt? Obst bekommt Ihr wohl nicht? Nun will ich mir alles andere für den Weihnachtsbrief aufsparen. Ich hoffe, daß es Dir gut geht, und gebe Dir einen recht väterlichen Kuß.
Quelle: Paul Adenauer: Briefe Konrad Adenauers an einen Sohn im Reichsarbeitsdienst 1941/42. In: Konrad Adenauer und seine Zeit. Politik und Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers. [Bd. I:] Beiträge von Weg- und Zeitgenossen. Hg. von Dieter Blumenwitz u.a. Stuttgart 1976, S. 162f.