Warum ist es mir auferlegt, in dem Augenblick, da ich mein 92. Lebensjahr vollende, das Hinscheiden meines erlauchten Zeitgenossen Altbundeskanzler Adenauers zu beklagen?
Ich erachte es für meine Pflicht, das Andenken dieses großen Politikers zu ehren, weil er ein großartiges Werk des materiellen und moralischen Wiederaufstiegs seines Landes vollbracht hat, das ein grausamer Krieg, für dessen Entfesselung er in keiner Weise verantwortlich war, zerstört hatte, und auch, weil er einer von denen war, die sich die Errichtung eines friedlichen, demokratischen Europas angelegen sein ließen.
Wie dankbar müssen wir Franzosen ihm doch sein, weil er einen Vertrag geschaffen hat, der die Aussöhnung Frankreichs und Deutschlands für immer besiegelt und eine Feindschaft beendet hat, die beiden so viel Unheil gebracht hat!
Wir versichern seinen Landsleuten, die einen ihrer größten Kanzler verloren haben, daß dieser Verlust uns alle trifft, denn die Welt braucht Menschen von diesen hohen Eigenschaften und Werten, auch gelegentlich im Widerstreit der Meinungen.
Quelle: Konrad Adenauer - Würdigung und Abschied. + 19. April 1967. Stuttgart 1967, S. 63.