2. Februar 1957

Rede bei einer Kundgebung des Deutschen Bauernverbandes zur „Grünen Woche" in Berlin

Im Lichte der Freiheit

Zuletzt bin ich auf der „Grünen Woche" bei Ihnen gewesen im Jahre 1953. Es war schon damals ein eindrucksvolles Bild, das sich dem Auge darbot, und ich habe manche beherzigenswerte Ausführungen, sei es landwirtschaftlicher, sei es auch allgemein politischer Art, gehört.

Vier Jahre sind seitdem verflossen. Auch die diesjährige „Grüne Woche" gibt einen ausgezeichneten Einblick in alle Aufgaben und Probleme eines besonders wichtigen Wirtschaftsgebietes. Die technische Revolution durchdringt heute auch den ländlichen Lebensbereich, wir erleben auch hier große Veränderungen. Aber wir erkennen deutlich, dass es nicht nötig ist, die Menschen aus allen Bindungen der Überlieferung und des eigenen Besitzes zu lösen und dem Zwang des Kollektivs zu unterwerfen. Das Gegenteil ist der Fall, wenn technische Vorteile gemeinschaftlich genutzt werden, so steht für unser Denken der freiheitliche Weg des genossenschaftlichen Zusammenschlusses und des Lohnunternehmers offen. Unsere Bauern und Gärtner liefern den Beweis dafür, dass man das Dorf modernisieren und dabei doch Selbständigkeit und Freiheit im eigenen Betrieb behalten kann.

Die unternehmerische Leistung der Bauern und Gärtner in der Bundesrepublik hat sich dem Kollektiv gegenüber als weit überlegen erwiesen. Dafür ist die Leistungsschau der „Grünen Woche" ein eindrucksvoller Beweis. Unsere selbständigen Betriebe erzeugen auf der begrenzten Fläche Westdeutschlands das Mehrfache der östlichen Großkollektive, und der Mangel an Nahrungsmitteln - insbesondere an hochwertigen Erzeugnissen des Gartenbaues und der tierischen Veredlungswirtschaft -, der noch heute die östliche Agrarpolitik beherrscht, ist bei uns ein längst überwundenes Problem: In Freiheit wird mehr produziert. Nicht allein die sozialen Belange der Menschen sind dabei besser zu erfüllen, sondern auch der wirtschaftliche Erfolg der Arbeit ist höher. So kann jeder Städter, jeder Industriearbeiter in der westlichen Welt zu jeder Zeit mit Nahrungsmitteln aller Art nach eigenen Wünschen reichlich versorgt werden, und besonders der Verbrauch an Qualitätserzeugnissen, von Milch und Fleisch bis zu den Erzeugnissen des Gartenbaus, wächst ständig.

Man sieht in der mit der „Grünen Woche" verbundenen Ausstellung in sehr einprägender Weise den Fortschritt, den die deutsche Landwirtschaft in den letzten Jahren gemacht hat. Sie hat diesen Fortschritt gemacht trotz vieler Schwierigkeiten wirtschaftlicher und sonstiger Art. Diese Schwierigkeiten kann die Landwirtschaft aus eigener Kraft nicht überwinden. Sie befindet sich wenigstens, was die Landwirtschaft der Bundesrepublik angeht, in den schwierigen Jahren der Umstellung auf den maschinellen Betrieb. Sie alle wissen, dass zu Zeiten der Vollbeschäftigung gerade die Landwirtschaft besonders unter Menschenmangel leidet. Sie wissen auch, dass die harte Arbeit auf dem Lande manchen jungen Mann und manches junge Mädchen abschreckt, den Beruf der Eltern zu ergreifen. Sie wissen, dass insbesondere die Bäuerin eine sehr schwere Arbeit zu leisten hat. Die Schwere der Arbeit wird der Natur der Verhältnisse nach zu einem Teil immer mit jeder landwirtschaftlichen Tätigkeit verbunden bleiben. Aber zu einem wesentlichen Teil kann diese Schwere gemildert werden durch Technisierung und Rationalisierung, durch Verbesserungen auf allen möglichen Gebieten, Konstruktion und Anschaffung von Maschinen, Wegebau, Verbesserung der Wasser- und Elektrizitätsversorgung usw.

Diesen Teil des Umstellungsprozesses der Landwirtschaft kann - wie ich schon sagte - die Landwirtschaft nicht allein aus eigener Kraft leisten. Darum muss hier die öffentliche Hand, der Staat, die Länder und die Kommunen das Ihrige tun, und sie werden das Ihrige tun. Ich brauche in diesem Zusammenhang nur die Worte auszusprechen „Landwirtschaftsgesetz" und „Grüner Plan". Das Landwirtschaftsgesetz wurde geschaffen, um die Landwirtschaft in ihrem Entwicklungsprozess zu unterstützen. Bund und Länder haben im vergangenen Jahr außerhalb der normalen Haushaltsmittel mehr als eine Milliarde aufgewandt, um die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft zu verbessern. So konnte auch die Erzeugung weiter gesteigert werden, und im Zusammenhang mit der wachsenden Massenkaufkraft stiegen die Verkaufserlöse der westdeutschen Landwirtschaft innerhalb des Wirtschaftsjahres 1955/56 um 1,2 Milliarden. Infolgedessen wurde auch eine Erhöhung der Löhne möglich, und die Modernisierung der Betriebe konnte fortschreiten. Die Gesamtlage ist also weithin verbessert worden.

Der „Grüne Plan" des Jahres 1956 hat zu meinem großen Bedauern in mancher Beziehung nicht durchgeführt werden können, weil ganz allgemein das Kapital zu teuer, die Zinssätze zu hoch wurden. In den weitaus meisten Teilen ist er durchgeführt worden und hat wesentlich der Landwirtschaft geholfen. Wir werden weiter helfen; über das Ausmaß der Hilfe für 1957 finden zurzeit noch Verhandlungen statt. Der neue „Grüne Plan", den wir dem Bundestag in wenigen Wochen vorlegen, wird die Fortsetzung unserer bisherigen Bemühungen zeigen.

Auch in diesem Jahr werden große Hilfsmittel für die Landwirtschaft zum Einsatz kommen. Wir hoffen besonders für die Erzeugung der bäuerlichen Familienwirtschaften mehr tun zu können, und auch die Verbesserung der Agrarstruktur und der ländlichen Arbeits- und Lebensverhältnisse verstärkt weiterführen zu können. Es ist unser Ziel, den Bauern zu einem rentableren Wirtschaften zu bringen, ohne die Preise für den Verbraucher zu erhöhen. Die Landwirte können davon überzeugt sein, dass wir durchdrungen sind von unserer gern geübten Pflicht, der Landwirtschaft gerade in diesen Jahren der Umstellung besonders beizustehen. Die bäuerliche Selbsthilfe ist eine Voraussetzung für das Gelingen auch des besten staatlichen Hilfsprogramms. Nur im Zusammenwirken der bäuerlichen Unternehmerleistung mit unseren Förderungsmaßnahmen können sich die Einkommens- und Lebensverhältnisse wirklich befriedigend entwickeln.

Wenn ich jetzt von deutscher Landwirtschaft spreche, kann ich ja leider nicht die Landwirtschaft des von Sowjetrussland besetzten Gebietes einschließen, da wir die Verhältnisse dort nicht genügend kennen und da dort besondere Schwierigkeiten vorliegen. Die deutsche Landwirtschaft hat trotz aller Schwierigkeiten, trotz auch der Witterungsunbilden, der Überschwemmungen des letzten Jahres, in steigendem Maße größere Erträgnisse gebracht. Einige Zahlen sind besonders interessant, die Zahl der Milchkühe betrug 1949 5.304.000, die Milchproduktion 11.319.000 t, im Jahre 1956 war die Zahl der Milchkühe 5.635.000, die Milchproduktion 17.008.000 t, die Fleischproduktion betrug 1951 1.810.000 t, 1956 2.280.000 t.

Wenn ich davon sprach, dass nur ein Teil der Schwere der landwirtschaftlichen Arbeit durch Technisierung erleichtert werden kann und dass die landwirtschaftliche Arbeit immer schwer bleibt, so hat sie andererseits auch Vorzüge, die man nicht vergessen sollte. Sie lässt den Menschen in Verbindung mit der Natur, sie spannt ihn nicht ein in Fabriksäle oder Bergwerksschächte, sie spannt ihn nicht ein in das nervenzerstörende Tempo des Arbeits- und des Genusslebens in den Städten. Ich glaube, das sind äußerst wertvolle Begleitumstände der landwirtschaftlichen Arbeit, die man nicht geringschätzen darf. Die landwirtschaftliche Arbeit hat für den Eigenbesitzer, auch wenn der Besitz nicht groß ist, den großen Vorteil des Gefühls der Sicherheit. In unserer erschütterten Zeit ist der Mensch zu sehr geneigt, sein Urteil über Wert oder Unwert seiner Tätigkeit, ja, seines ganzen Seins abhängig zu machen von seinem Urteil über eine kurze Zeitspanne. Er ist sehr geneigt zu glauben, dass die Last immer so bleibt, wie sie gerade jetzt auf ihm lastet, und dass auch die Annehmlichkeiten immer so bleiben, wie gerade jetzt. Aber das Leben auf der Erde unterliegt einem ständigen Wechsel, und nur, wer diesen ständigen Wechsel ebenfalls beachtet, kann sich ein zutreffendes Urteil bilden über seinen Beruf, über seine Tätigkeit, über sein Leben und über das Leben seiner Frau und seiner Kinder. Es wird uns gelingen, die landwirtschaftliche Arbeit zu erleichtern und ertragreicher zu machen. Dann werden der noch verbleibenden Schwere der landwirtschaftlichen Arbeit gegenüberzustellen sein ihre von mir oben geschilderten guten Seiten. Ich glaube, dass dann die guten Seiten zum mindesten die schlechten aufwiegen.

Es mag sein, dass mancher von Ihnen, meine verehrten Anwesenden, meinen Worten nicht beipflichtet, dass er glaubt, es sei sehr leicht von den Vorzügen auch der landwirtschaftlichen Arbeit zu sprechen, ohne etwas von der Schwere zu wissen. Vielleicht weiß ich doch etwas davon, und vielleicht habe ich doch auf Grund der vielen Erfahrungen, die ich im Leben gemacht habe, die Möglichkeit, mir ein Urteil zu bilden. Jedenfalls bitte ich Sie, davon überzeugt zu sein, dass ich die Bedeutung und den Wert der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Arbeit in vollem Umfange anerkenne, und dass ich mir auch bewusst bin ihrer Lasten und ihrer Schwere. Aber ich kenne auch ihre Vorzüge und versichere Ihnen, dass der Mensch in der Stadt und der Großstadt vielleicht viel einsamer ist und es oft viel schwerer hat als die Familie auf dem Dorfe.

Ich will den heutigen Anlass, der ja in weitem Umfange das Interesse der deutschen Öffentlichkeit weckt, benutzen, um über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft etwas zu sagen. Ich beschränke mich auf sehr wenige Vergleichsziffern. Der Produktionswert im Kohlenbergbau betrug im Jahre 1955 rd. 8,1 Mrd. DM, der Wert der Schlachtviehproduktion 7,5 Mrd. DM, der Wert des produzierten Rohstahls 7,3 Mrd. DM, der Wert der produzierten pflanzlichen Erzeugnisse 6,8 Mrd. DM, der Wert der produzierten Kuhmilch 4,2 Mrd. DM.

Die deutsche Öffentlichkeit wird daraus ersehen, dass die deutsche Landwirtschaft mit vollem Recht für sich beanspruchen darf, dass ihr Staat und Länder die gleiche Aufmerksamkeit und das gleiche Interesse widmen wie der industriellen Produktion. Sie wird noch mehr davon überzeugt sein, wenn ich sage, dass der Umsatzwert der Ernährungsindustrie, d. h. der Industrie, die sich auf landwirtschaftliche Produkte stützt, im Jahre 1955 20 Mrd. DM betrug.

Ich habe die Freude, hier heute viele Landwirte aus Berlin und aus der sowjetisch besetzten Zone zu sehen. Wir wissen um die Schwere ihres Daseins, um ihre harte Arbeit, um ihre Unfreiheit und den Zwang, der auf sie ausgeübt wird. Es fällt dem, der im Besitz der Freiheit ist, wie wir in der Bundesrepublik, schwer, jemanden, der so leben muss wie sie, auf die Zukunft zu vertrösten. Nur zu leicht entsteht bei dem Bedrückten das Gefühl, „Du hast gut reden". „Wie würdest du das ertragen, was wir ertragen müssen, wo sehen wir den Anfang unserer Befreiung von dieser schrecklichen Last, die uns fast erdrückt?" Gerade weil ich um solche psychologischen Vorgänge weiß, fühle ich mich verpflichtet, sehr offen und rückhaltlos zu Ihnen zu sprechen. Ich komme zu Ihnen, meine lieben Landsleute, mit begründeterer Hoffnung auf Freiheit und Wiedervereinigung als je zuvor. Es war immer meine Ansicht, dass man die Lösung der Frage Berlins und der sowjetisch besetzten Zone nicht als ein für sich allein bestehendes und zu lösendes Problem betrachten dürfe. Ich halte es für ein Unrecht, Sie, meine Freunde das glauben zu machen, indem man ständig nach neuen Initiativen ruft, und das sogar ohne zu sagen, worin denn diese Initiative bestehen soll. Ich sage Ihnen ganz offen, dass ich die mehr oder weniger gut gemeinten Reden über besondere Initiativen, die man bei den Russen machen sollte, nicht für sehr glücklich halte. Man erweckt dadurch nicht erfüllbare Hoffnungen, und man verbraucht seine politischen Kräfte an einer falschen Stelle. Initiativen, die nur gemacht werden, damit etwas gemacht wird, richten Schaden an. Initiativen dürfen nur ergriffen werden, wenn Situationen sich ergeben, die Hoffnung auf Erfolg bieten.

Der ganze Prozess der Schaffung der Satellitenstaaten einschließlich der sowjetisch besetzten Zone, meine lieben Freunde, ist ein Vorgang, der auf einer einheitlichen russischen Konzeption beruht. Sowjetrussland hat diesen Gürtel von Satellitenstaaten geschaffen teils zum Schutz, teils zum Angriff. Von einem Schutz gegenüber der freien Welt zu sprechen ist nach meiner tiefen Überzeugung von Sowjetrussland völlig unbegründet. Keine Macht will Sowjetrussland angreifen. Wenn die freien Völker sich zusammenschließen und wieder aufrüsten - sie hatten ja im Gegensatz zu Sowjetrussland vor Korea abgerüstet -, so tun sie es, um gegenüber einem etwaigen Angriff Sowjetrusslands verteidigungsbereit zu sein, und sie haben allen Anlass dazu, weil die Aggressionsabsichten Sowjetrusslands, die seit 1945 sich an den verschiedenen Punkten gezeigt haben, noch nicht aufgegeben sind. Die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes in Ungarn zeigt, wie die Sowjetunion den Freiheitswillen kleiner Völker respektiert, und Sie selbst erfahren es ja täglich und stündlich am eigenen Leibe. Ganz abwegig ist es, etwa zu glauben, dass die Schaffung der Wehrmacht der Bundesrepublik irgendwie Sowjetrussland ängstigen könne. Jeder von Ihnen weiß, wie stark die Macht Sowjetrusslands ist und dass es lächerlich ist, von einer Bedrohung Russlands durch die Bundesrepublik zu sprechen. Trotzdem gibt es, und zwar jetzt mehr als je zuvor, untragbare Anzeichen dafür, dass eine Wende in absehbarer Zeit eintreten wird oder schon eingetreten ist, aber Ungeduld und Unvorsichtigkeit dürfen diese Entwicklung nicht zerstören. Ich erblicke diese Anzeichen in folgendem:

Erstens: Der Freiheitswille der Bewohner der Satellitenstaaten ist auf die Dauer nicht zu ersticken. Das haben in stärkster Weise die Ereignisse in Ungarn gezeigt. Ein heldenmütiges Volk hat sich in beispielloser Tapferkeit gegen die Unterdrückung zur Wehr gesetzt. Die Fackel der Freiheit, die Ungarn in den Satellitenstaaten angezündet hat, wird niemals wieder erlöschen. Sie hat die ganze Welt auf das Schreckliche und Entsetzliche hingewiesen, das dort vor sich gegangen ist. Die Geschichte wird einst die Tapferkeit und den Freiheitswillen Ungarns mit goldenen Lettern auf ihren Blättern verzeichnen und diese Empörung gegen Druck und Sklaverei als den Beginn einer neuen Epoche in der Nachkriegszeit ansehen. Auch in Polen hat sich der Freiheitswille des polnischen Volkes klar und eindeutig gezeigt. Das polnische Volk wird niemals wieder zurückgeworfen werden können in den Zustand der Unfreiheit, in dem es sich in den vergangenen Jahren befand. Dort wird die Entwicklung, wie wir alle hoffen, in unblutiger Weise - aber unaufhaltsam - weitergehen der Freiheit und Unabhängigkeit entgegen. Dieser Geist der Freiheit verbreitet sich weiter in den anderen Satellitenstaaten. Er wird auch im russischen Volk selbst immer stärker werden. Schließlich wird in dem ganzen Ostblock eine Veränderung vor sich gehen, die in der ganzen Welt, in erster Linie Ihnen, meine Freunde aus der sowjetisch besetzten Zone und aus Berlin, zugute kommen wird.

Ein zweites Anzeichen für eine beginnende Entwicklung zum Besseren erblicke ich in der stärkeren Entwicklung der Kräfte in der gesamten Welt, die keine Sklaverei und keine Unfreiheit ertragen will und kann. Drei Fakten lassen Sie mich besonders hervorheben:

Die NATO, ein Verteidigungsbündnis der freien Völker des Westens unter Führung der Vereinigten Staaten, ist aus den Schwierigkeiten, die die Suez-Krise gebracht hat, gestärkt und erneuert hervorgegangen. Sie wird ein festeres Bollwerk gegenüber jeder Aggression werden, als sie es je zuvor gewesen ist.

Der Zusammenschluss Europas wird fortschreiten. Auch hier hat die Suez-Krise und das Bestreben Sowjetrusslands, den Vorderen Orient seiner diktatorischen Herrschaft

zu unterwerfen, für viele Europäer klärend gewirkt. Der Zusammenschluss Europas, gleichgültig in welcher Form er erfolgen wird, wird nicht nur allen Europäern größere politische und wirtschaftliche Macht bringen, er wird auch Sowjetrussland davon überzeugen, dass sein Bestreben, West-Europa in seine Hände zu bekommen, undurchführbar ist.

Die dritte Tatsache, die für eine Steigerung der Kraft des Willens zur Freiheit in der gesamten Welt spricht, ist das Erstarken der UNO unter Führung der Vereinigten Staaten. Die UNO hat eine große moralische Kraft und Bedeutung in der Welt gewonnen. Gerade auch die unterentwickelten Völker werden erkennen, dass auch sie schon im eigenen Interesse den Kolonialismus, den Sowjetrussland in der Form der Unterjochung anderer Völker betreibt, nicht ertragen können.

Lassen Sie mich ein Weiteres hinzufügen. Es besteht für mich kein Zweifel, dass der sowjetrussische Kommunismus von Anfang an Welteroberungspläne gehabt hat und sie auch noch hegt. Aber es besteht auch für mich kein Zweifel, dass diejenigen, die die Macht in Sowjetrussland haben, immer mehr zu der Erkenntnis gelangen, und zwar gerade durch die Vorgänge des letzten Jahres, dass derartige Pläne über die Kräfte Sowjetrusslands bei weitem hinausgehen. Sowjetrussland kann nicht den niedrigen sozialen Stand seiner Bevölkerung heben, gleichzeitig in stärkster Weise aufrüsten und die von ihm unterjochten Staaten, in denen sich der Freiheitswille regt, niedergedrückt halten. Das geht über seine Kraft.

So glaube ich, dass eine Wende in der Nachkriegsgeschichte, wie ich eben sagte, kommt. Alle großen historischen Ereignisse - und es handelt sich hier um eine große historische Entwicklung - treten fast nie in stürmischer Entwicklung von heute auf morgen ein. In der Geschichte wirken die plötzlich eintretenden Ereignisse, wie Revolutionen und Kriege, mörderisch und zerstörend. Die auf Grund innerer Entwicklung mit Naturnotwendigkeit eintretenden Veränderungen sind zwar langsamer, aber erfolgreicher. Nach meiner Überzeugung kann ich Ihnen, meine Freunde, sagen, dass Sie keinen Grund haben, mutlos zu sein, dass die Entwicklung zum Guten begonnen hat. Wir müssen diese Entwicklung fördern, aber mit Klugheit, mit Geduld und mit Beharrlichkeit. Ich mache Ihnen keine zeitlichen Versprechungen. Das ist unmöglich für jeden. Der Zusammenbruch Deutschlands und damit seine Zerreißung ist ein Teil der Zerstörung der politischen und wirtschaftlichen Ordnung in weiten Teilen der Welt. Die Wiederherstellung der politischen und wirtschaftlichen Ordnung Deutschlands wird nicht die Endphase der Neuordnung der Welt sein, aber sie wird im Laufe dieser Neuordnung vor sich gehen, nicht getrennt von ihr, nicht als Einzelaktion. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland tut alles, was in ihren Kräften steht, um diese Neuordnung, die eine kontrollierte Abrüstung zur Grundlage haben muss, zu fördern. Darum ist jeder Teil ihrer Arbeit auf diesem Wege auch ein Schritt zur Wiedervereinigung unseres Vaterlandes in Frieden und Freiheit.

Sie, meine Freunde, sind aus hartem und zähem Holze geschnitzt und Sie sind treu. Auch wir sind treu, und wir werden niemals unser Ziel aus dem Auge verlieren. Recht und Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit sind die stärksten Kräfte auf dieser Welt, und diese Kräfte sind auf Seiten Deutschlands und seiner Freunde.

 

Quelle: Bulletin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. 24, 5. Februar 1957.