20. Juli 1953

Brief an Maria Schlüter-Hermkes, Pau/Basses-Pyrénées

Maria Schlüter-Hermkes (1889-1971), Schriftstellerin, mit ihrem Mann Johannes Schlüter (1878-1951) im nachbarschaftlichen Kontakt zu Adenauer in Rhöndorf, war 1945/46 an seinen ersten programmatischen Arbeiten für die CDU beteiligt.

 

Liebe Frau Schlüter!

Zunächst danke ich Ihnen herzlich für Ihre Grüße und beglückwünsche Sie und Margilt zu dem Mut zu zelten. Hoffentlich bekommt es Ihnen gut.

Ich erhielt heute Ihren Brief vom 18.7. „Le Monde" ist schon seit einiger Zeit außerordentlich gehässig gegenüber Deutschland. Als ich in Paris war, sagte man mir, dass gewisse Gelder dahintersteckten. Selbstverständlich habe ich die von ihr wiedergegebene Äußerung nicht gemacht. Ich habe immer, wenn ich von den Gebieten jenseits der Oder/Neiße sprach, ausgeführt, dass eine friedliche Verständigung zwischen einem freien Polen und Deutschland zur gegebenen Zeit herbeigeführt werden müsse. Ich könnte mir da verschiedene Möglichkeiten den­ken. Es ist eine völlige Unwahrheit, wenn die Zeitung behauptet, dass für uns die Europäische Verteidigungs­gemeinschaft allein das Mittel sei, sicher und schnell diese Provinzen uns zurückzugewinnen. Ich ermächtige Sie gern, zu erklären, dass all das 100% unwahr ist.

Ich ermächtige Sie weiter, zu sagen, dass die Europäische Verteidigungsgemeinschaft mir absolut notwendig er­scheint, einmal gegenüber der Bedrohung aus dem Osten, ferner aber auch, um Kriege unter europäischen Völkern, speziell zwischen Frankreich und Deutschland, für alle Zukunft unmöglich zu machen und endlich, um den europäischen Ländern wieder den genügenden politischen und wirtschaftlichen Einfluss zu verschaffen.

Grüßen Sie Margilt recht herzlich und seien Sie selbst herzlich gegrüßt von

Ihrem ergebenen

(Adenauer)

 

Quelle: Konrad Adenauer: Briefe über Deutschland 1945-1955. Eingeleitet und ausgewählt von Hans Peter Mensing aus der Rhöndorfer Ausgabe der Briefe. München 1999, S. 156f.