26. Dezember 1941

Brief an Paul Adenauer (Auszug)

Lieber Paul! Ich möchte nicht, daß Du infolge der Feiertage um den Sonntags­brief kommst. Hoffentlich kommt er noch zur Zeit an. - Dein Brief mit Deinem Bilde kam rechtzeitig an [...] Auf dem Bilde siehst Du nicht schlecht aus, trügt es nicht? - Und nun, wie magst Du den ersten Tag verbracht haben, wie mag es Dir am zweiten gehen? Wir hoffen, daß Du durch die innere Einstellung, die ja stärker ist als äußere Umstände, doch ein gnaden- und darum freudenreiches Fest gehabt hast, dem auch einige äußere lichte Momente beschieden waren [...] Das Christkindchen hatte alles in allem mehr gebracht, als man erwarten konnte, es hatte ja auch schon im Januar angefangen zu sammeln. Bücher waren natürlich die Hauptsache, und es waren noch ganz schöne dabei. Dich wird interessieren, daß Reiners der ganzen Familie zum gemeinsamen Gebrauch drei Bände ausgewählter deutscher Literatur der ver­schiedenen Zeiten von von der Leyen geschenkt hatten. Für die Kinder ist natürlich der Hauptclou der wieder funktionierende kleine Kinoapparat. Er wird von Libeth für Schorsch und sie selbst stundenlang gedreht. Wir haben auch noch eine Reservelampe bekommen [...] Lotte, Libeth, Konrad und ich waren in der Mitternachtsmette in Honnef. Lotte wird Dir davon, auch von dem Krippenspiel, das vorherging - Gesang, Deklamation, Flötenspiel - und der Feier selbst berichten. Sie war sehr schön und stimmungsvoll. In der Kirche brannten nur am Altar Kerzen, da sie nicht verdunkelt werden kann. Immerhin war es ein Risiko, aber es kamen keine Flieger (am Abend vorher hatten sie in Oberwinter ein Schiff, das vor Anker lag und Licht zeigte, getroffen). Das Wetter in der Nacht war fürchterlich, Sturm und Regen. Gestern war auch noch Sturm, heute ist es kälter, es hat gefroren, der Himmel klar [...] Nun warten wir voll Spannung auf eine Schilderung Deiner Weih­nachtstage dort. Sei herzlichst von uns allen gegrüßt [...]

 

Quelle: Paul Adenauer: Briefe Konrad Adenauers an einen Sohn im Reichsarbeitsdienst 1941/42. In: Konrad Adenauer und seine Zeit. Politik und Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers. [Bd. I:] Beiträge von Weg- und Zeitgenossen. Hg. von Dieter Blumenwitz u.a. Stuttgart 1976, S. 163.