26. September 1933

Brief an Dora Pferdmenges aus Maria Laach

 

Liebe Frau Pferdmenges!

Recht herzlichen Dank für die schöne Karte von der Ebersteinburg und ihren l[ieben] Brief. Ebersteinburg, Merkur, Teufelskanzel - der Name gehört nicht in diese paradiesische Gegend -, der Weg dorthin über das neue Schloß ist für mich der schönste Teil von B[aden-]Baden. Auch hier sind jetzt herrliche Tage, gestern Abend war eine wahre Symphonie von grau - silbergrau durch alle Stufen hindurch bis schwarzgrau -, zartestem blau und gold, und alles gab der spiegelglatte See noch einmal verklärt wieder; es ist schade, daß man nicht malen kann.

Am Sonntag war Professor Sierp, der Botaniker, bei mir und hat mir erzählt, daß die Gartenbauausstellung in Kölnganz herrlich sei, das Staatenhaus mit dem Rheinpark gebe dem wundervollen Inhalt einen wundervollen Rahmen. Hoffentlich können Sie sie noch sehen, sie dauert, glaube ich, bis 1.10. Es ist doch eigentümlich, daß die letzte Ausstellung, die ich angeregt habe, eine Gartenbauausstellung ist. Übrigens will man den botanischen Garten schließen, die Kinder brauchten auch keine Pflanzen für den botanischen Unterricht mehr, man habe das in seiner Jugend auch nicht gehabt, und man sei doch was geworden. - Jeder nach seiner Façon. - Ruhstein und die ganze Gegend kenne ich gut, es ist eine wunderbare Stimmung dort. Ich riet Ihrem Manne zu einem Ausflug nach Lustschloß Favorit; falls Sie noch nicht da waren, rate ich es dringend. Sie fahren am Merkur vorbei ins Murgtal und dann talabwärts.

Ich glaube, Sie haben Spengler richtig charakterisiert; ich werde ihn einstweilen nicht lesen und Ihr Urteil abwarten. – Ich würde Ihnen sehr gerne schreiben, Ihre Kaffee[essenz] und Ihr Himbeergelee sind ausgezeichnet, ich muß aber wahrheitsgemäß sagen: sie waren ausgezeichnet.

Am vorletzten Sonntag war im Hochamt mein Nachbar in der Bank - Sie werden erstaunt sein - Herr Generalsuperintendent Stoltenhoff. Er war 1 1/2 Tage im Kloster, hat die Gottesdienste mitgemacht, und es hat ihm ausgezeichnet gefallen. - Hoffentlich behalten Sie auch die nächsten Tage noch das prachtvolle Wetter, damit Sie recht erholt in das geliebte Köln zurückkehren. Ich hoffe, daß Sie Ihr Besuchsversprechen bald erfüllen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihr
K. Adenauer

 

Quelle: Freundschaft in schwerer Zeit. Die Briefe Konrad Adenauers an Dora Pferdmenges 1933-1949. Bearb. von Hans Peter Mensing und Ursula Raths. Bonn 2007, S. 86f.