Zum Jahreswechsel hat Bundeskanzler Dr. Adenauer für unsere Leser das folgende Grußwort zur Verfügung gestellt, in dem er einen Rückblick auf die Leistungen des heute zu Ende gehenden Jahres und zugleich einen Ausblick auf die zukünftigen Aufgaben gibt.
Von Dr. Konrad Adenauer
Wieder stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres. Ein Rückblick auf die vergangenen zwölf Monate zeigt, dass die allgemeine Weltlage nicht einfacher geworden ist. Die äußeren Gefahren sind gewachsen, und die Sorgen um einen gerechten und dauerhaften Frieden sind größer geworden. Trotzdem müssen wir dankbar dafür sein, dass es uns mit Gottes Hilfe gelungen ist, das Werk des Wiederaufbaues auch im Jahre 1960 erfolgreich fortzusetzen und den materiellen Wohlstand großer Teile unseres Volkes weiter zu steigern. Vor allem müssen wir Gott danken, dass wir vor schweren Erschütterungen bewahrt geblieben sind.
Diese Erfolge dürfen uns jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viele Millionen unserer Landsleute in Sorge und Not leben. Ich denke hierbei besonders an die Deutschen in der sowjetisch besetzten Zone, denen es auch im vergangenen Jahr nicht vergönnt war, Freiheit und Selbstbestimmung zurückzugewinnen, die ihnen durch die harte Willkür einer fremden Macht vorenthalten werden. Aber auch in anderen Teilen der Welt herrschen Not und Elend. Wir alle müssen und wollen helfen, um zur Linderung dieser Not und zur Herbeiführung einer gerechten Ordnung beizutragen.
Im neuen Jahr stehen uns viele wichtige Entscheidungen bevor.
Eine der wichtigsten Entscheidungen des Jahres 1961 wird die Wahl des neuen Bundestages sein. Durch sie muss erreicht werden, dass die erfolgreiche Politik der vergangenen Jahre unverändert und mit beharrlicher Geduld fortgesetzt werden kann. Jeder von uns muss seine Pflicht erfüllen und gegenüber allen Belastungen ein tapferes Gottvertrauen bewahren.
In diesem Sinne übermittle ich allen Lesern der Kölnischen Rundschau, ihren Familien und Freunden die besten Wünsche für 1961.
Adenauer
Bundeskanzler
Quelle: Kölnische Rundschau vom 31. Dezember 1960.