5. Dezember 1958

Wahlrede bei einer Kundgebung der CDU in der Deutschlandhalle in Berlin

 

Meine lieben Parteifreunde!

Als ich im Oktober in Berlin war, versprach ich meinen Freunden, zum Wahlkampf im Dezember wieder hierher zu kommen. Von der Note Chruschtschows war damals noch nichts bekannt, keiner dachte daran. Nun, nachdem diese Note da ist, wird sie und muss sie in der Auseinandersetzung dieses Wahlkampfes die Hauptrolle spielen. Es wird weiter nötig sein, dass ich als Bundeskanzler der Bundesrepublik, der ich die Ehre habe, heute hier zu sprechen,

(Stürmischer Beifall.)

auch meine Meinung dazu sehr offen und sehr frei deutlich ausspreche. Wie Sie wissen, ist die Note sehr lang. Sie umfasst mit der Begleitnote, mit der sie uns überreicht wurde, insgesamt 44 Schreibmaschinenseiten. Sie hat historische Rückblicke, damit beginnt sie, seitenlang. In dem historischen Rückblick sind natürlich die Deutschen die Friedensstörer in der gesamten Welt; es ist immer wieder die Rede davon, dass wir es sind. Bei einer Durchsicht habe ich nicht gefunden, dass darin der Pakt erwähnt war, den Herr Stalin und Herr Hitler über die Teilung Polens miteinander abgeschlossen haben.

(Beifall.)

Ich finde, dass diese angeblich historische Darstellung in der Note völlig falsch ist. Ich habe darüber eine Aussprache mit einem prominenten sowjetischen Herrn gehabt, und ich habe ihn daran erinnert, dass doch die Reichswehr, das Hunderttausendmannheer - man stellt uns ja immer als Friedensstörer hin -, in Sowjetrussland die Gelegenheit bekommen habe, sich an schweren Waffen auszubilden. Ich habe ihm gesagt: Sie übersehen ganz, dass doch Stalin und Hitler diesen Vertrag abgeschlossen haben. - Er hat mir eine sehr einfache Antwort gegeben. Er hat gesagt, das wäre alles von Sowjetrussland geschehen, um Schlimmeres zu verhüten.

(Lachen - Beifall.)

Nun aber diese Note, meine Freunde! Diese Note ist ernst zu nehmen, weil sie Berlin die gesicherten Verbindungswege nach dem Westen nehmen will und weil sie den Abzug der Truppen der Westmächte verlangt, die zum Schutze Berlins hier sind. Ich brauche Ihnen nicht weiter auszuführen, dass es, wenn das geschehen würde, wenn die Verbindungswege zum Westen abgeschnitten würden, wenn, wie es darin heißt, die Sowjetzone und Sowjetrussland die wirtschaftliche Versorgung Berlins oder die Versorgung der Berliner Wirtschaft übernehmen würde,

(Lachen.)

es in Westberlin sehr bald so aussehen würde, wie es im Ostsektor von Berlin leider aussieht.

(Lebhafte Zustimmung.)

Es besteht gar kein Zweifel, dass die Folge davon sein würde, dass auch Westberlin und seine über zwei Millionen Einwohner, freie Deutsche, ihre Freiheit verlieren würden, wie das Herr Lemmer eben sehr treffend auseinandergesetzt hat.

(Zustimmung, Zurufe: Niemals!)

Wie kommt Sowjetrussland dazu, so etwas in diesem Augenblick zu verlangen? Als Herr Mikojan im April dieses Jahres bei uns in Bonn war, haben wir mit ihm sehr ausführliche Gespräche gehabt. Sie hatten hauptsächlich zweierlei zum Ziele, nachdem der Handelsvertrag mit Sowjetrussland, den wir geschlossen hatten, von ihm unterzeichnet war, einmal, zu einer Abrüstungskonferenz zu kommen, um eine allgemeine kontrollierte Abrüstung der nuklearen und der konventionellen Waffen herbeizuführen. Zum andern hatten sie zum Gegenstand, eine Milderung der Not in der Sowjetzone herbeizuführen. In beiden Punkten verhielt sich Herr Mikojan absolut nicht ablehnend. Dann kam plötzlich ein ganz anderer Wind auf vom Osten. Auf einmal verschärfte sich der Ton, die Maßnahmen verschärften sich, es wurde immer frostiger, immer heftiger. Warum? Man ist nur auf Vermutungen angewiesen, denn in die inneren Verhältnisse Sowjetrusslands hineinzusehen und namentlich in Herrn Chruschtschow und seine nächsten Berater, ist ja ganz ungewöhnlich schwer.

Aber zeitlich fiel damit zusammen, dass in Frankreich eine ganz neue Entwicklung einsetzte: entweder kam eine „Volksfront", denn die Kommunisten waren die stärkste Partei, sie hatten etwa 150 Mandate im Abgeordnetenhaus; oder aber de Gaulle kam an die Spitze, und die Kommunisten in Frankreich, die ja besonders enge Verbindungen mit Moskau haben, haben dem Auftrage der Kammer an Herrn de Gaulle nichts entgegengesetzt. Warum wohl? Herr de Gaulle war ja früher schon einmal Ministerpräsident, vor 11 Jahren. Die besonderen Ziele seiner damaligen Politik waren die Teilung Deutschlands in mehrere Teile und ein Zusammengehen mit Sowjetrussland. Ich könnte mir vorstellen - man ist eben auf Vermutungen angewiesen -, dass die kommunistische Partei Frankreichs, dem Kommando Moskaus gehorchend, keinen Widerstand leistete gegenüber der Übertragung der Ministerpräsidentschaft an Herrn de Gaulle. Aber dann kam die große Enttäuschung, die schreckliche Enttäuschung für Herrn Chruschtschow und alle seine Leute. Das war, als ich auf Einladung von Herrn de Gaulle in Colombey-les-Deux-Églises in seinem Hause wohnte.

(Beifall.)

Als dann bekannt wurde, dass Herr de Gaulle mir gesagt hat, damals habe er diese Politik der Aufteilung Deutschlands verfolgt und des Anschlusses an Russland, des Zusammengehens mit Russland, weil das französische Volk damals geglaubt habe, eines Tages werde ein revanchelüsternes Deutschland da sein, und dagegen habe es sich schützen wollen. Er, de Gaulle, habe sich aber in der Zwischenzeit davon überzeugt, dass das heutige Deutschland ein anderes sei als das damalige Deutschland.

(Sehr starker Beifall.)

Deswegen sei er für eine freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland und gegen das Streben Sowjetrusslands.

(Erneuter Beifall.)

Das war natürlich eine herbe Enttäuschung in Sowjetrussland, und Herr Chruschtschow hat unmittelbar danach, nachdem unser gemeinschaftliches Kommuniqué von Colombey bekannt wurde, ja auch einen richtigen Wutausbruch gehabt und den in der ganzen Welt zur Kenntnis gebracht - was ich immer für falsch halte; man soll seine Enttäuschung niemals zeigen.

(Lebhafter Beifall.)

In einem Artikel der offiziösen Prawda von heute, vom 5. Dezember, aus dem ich Ihnen noch einiges zitieren werde, damit Sie sehen, was für ein Scheusal jetzt zu Ihnen spricht, heißt es auch - und das ist für mich ein sehr interessanter Satz -: Er - das bin ich! -strebe an, die Möglichkeiten einer Entwicklung normaler Beziehungen zwischen Sowjetunion und Frankreich zu vereiteln. - Sehen Sie, Nachtigall - usw.

(Starker Beifall.)

Aber das erklärt vielleicht, rechtfertigt jedoch nicht diesen Griff Chruschtschows nach Berlin. Sicher, es wird ihm nicht angenehm sein, wenn er auf seinem 21. Parteitag am 22. Januar etwa vorgehalten bekommen würde, dass die kommunistische Partei in Frankreich bei den letzten Wahlen von 157 Mandaten auf 10 Mandate heruntergesunken sei. Das ist natürlich, ich kann es verstehen, dann peinlich und unangenehm und wirklich kein Erfolg der Kommunisten in Europa.

(Lebhafter Beifall.)

Aber trotzdem, diese Note hätte Herr Chruschtschow nicht schreiben sollen. Sie ist gegen alles Recht, und auch in der Note selbst werden die verschiedenen Absprachen aufgezählt und die Vereinbarungen mit den drei anderen Mächten, von denen er sich lossagt. Nur eine vergisst er zu erwähnen; das ist das Abkommen, das nach der Blockade Berlins zwischen Sowjetrussland, den Vereinigten Staaten, England und Frankreich abgeschlossen worden ist. Darin heißt es nämlich unter Ziffer 5: „Die Regierungen Frankreichs, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten kommen überein, dass das New Yorker Abkommen vom 4. Mai 1949, das die Blockade aufhebt, in Kraft bleiben soll. Um die in den vorausgehenden Absätzen genannten Ziele weiterhin zu fördern, sowie diese und andere Abmachungen und Übereinkünfte bezüglich des Personen-, Güter- und Nachrichtenverkehrs zwischen der Ostzone und den Westzonen und zwischen den Sektoren Berlins bezüglich des Durchgangsverkehrs zu verbessern und zu vervollständigen, werden die Besatzungsbehörden darüber hinaus die Verpflichtung haben, in ihren eigenen Zonen die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, damit ein normales Funktionieren und ein normaler Gebrauch der Schienen-, Wasser- und Straßenverbindungen für den Personen- und Güterverkehr sowie der Post-, Telefon- und Telegraphenverbindungen sichergestellt werden." - Das, meine Damen und Herren, ist das letzte Abkommen, das über diese ganzen Fragen der Verbindungen Berlins geschlossen worden ist, und ich finde es nicht klug, wenn man ernst genommen werden will bei Vertragsverhandlungen - und das will doch Sowjetrussland, es will doch Frieden, wie es immer sagt -, dass man dann hingeht und in so eklatanter und rücksichtsloser Weise einfach alles annulliert, was man seit 1949 feierlich vereinbart hat. Meine Freunde, ich hätte gedacht, die Aera Stalins wäre vorbei; sie scheint nicht vorbei zu sein. Seit 1945 - das fällt nämlich noch unter Stalin - hat die Sowjetregierung von 11 Nichtangriffspakten 10 gebrochen; von ihren Bündnissen hat sie nach 1945 11 gebrochen; nach 1946 hat sie von sechs Friedensverträgen, die sie abgeschlossen hat, drei gebrochen.

(Zurufe: Hört, hört!)

Das, nehme ich an, war unter Stalin. Aber die stalinistische Aera ist ja doch vorbei, und alle diese Leute wie Bulganin und Molotow und Malenkow, die Stalin anhingen, sind ja beseitigt, und heute kommt doch ein ganz lauterer Verhandler, Chruschtschow und seine Freunde - und jetzt fangen die auch so an, wie Stalin es gemacht hat. Sehen Sie, meine Freunde, das halte ich für unklug, das sollte man nicht tun, wenn man wirklich als ein zuverlässiger Partner genommen werden will. Aber dieser Griff schließt mehr in sich, als es auf den ersten Blick scheint. Er ist ein Test darauf, ob der Westen einig und geschlossen ist und ob er entschlossen ist, jeden Bruch eines Vertrages abzuwehren.

(Stürmischer Beifall.)

Ich wiederhole nochmals: Viel mehr steht auf dem Spiele, als es auf den ersten Blick scheint. Sicher, der Griff nach Berlin ist schrecklich für uns, denn, wie ich schon mehrfach gesagt habe, Berlin und die Bundesrepublik und die Bundesrepublik und Berlin sind eins!

(Erneut aufbrausender Beifall.)

Aber hier ist mehr beabsichtigt. Das ist ein Testversuch, und um den gleichen Versuch geht es, dass jetzt ununterbrochen von Sowjetrussland aus gegen die Bundesrepublik gehetzt wird als einen Aggressor. Man beschimpft uns in der übelsten Weise, weil wir aufrüsten, weil wir eines Tages nukleare Waffen haben würden usw. usw. Nun, meine Freunde, auch da ist doch Herrn Chruschtschow etwas passiert, was besser nicht passiert wäre!

(Lachen.)

Er hat nämlich Herrn Lippman, dem bekannten amerikanischen Journalisten, noch im November ein Interview gegeben. In diesem Interview hat er gesagt, niemals sei ein Zusammengehen, eine Vereinigung zwischen Deutschland und Russland näher gewesen als jetzt, und zwar deswegen, weil die Deutschen wüssten, dass ein Angriff Deutschlands gegen Sowjetrussland Selbstmord bedeute. Meine Damen und Herren, es ist lächerlich, direkt lächerlich, anzunehmen, dass wir einen Angriff gegen das hoch aufgerüstete mächtige Sowjetrussland beabsichtigten. Also warum immer das Geschrei, warum diese ganze Geschichte? Aber wenn er Lippman sagt, ein Zusammengehen zwischen Deutschland und Russland sei niemals näher gewesen als jetzt, dann sagt er das aus demselben Grunde, aus dem er Frankreich ständig vor uns warnt und gegen mich so loszieht, weil ich verhinderte, dass Frankreich und Russland zusammengehen: er will uns herausziehen aus der Front der freien Völker! Warum will er das tun? Weil er genau weiß, wenn die Bundesrepublik aus der NATO herausgeht, dann ist NATO erledigt, dann fesselt auch nichts mehr die amerikanischen Truppen in Europa, und dann wird ganz Westeuropa eine Beute der Sowjets in verhältnismäßig kurzer Zeit.

(Starker Beifall.)

Das ist das wahre Ziel dieser Note, die nur ein Anfang ist in all den Sachen, die wahrscheinlich noch kommen werden, in all den Hetzereien. Ich muss Ihnen doch einiges davon verlesen; ich werde Sie nicht lange damit amüsieren, ich habe Ihnen ernstere Sachen zu sagen. Ich komme wieder zurück auf den Prawda-Artikel von heute. Darin heißt es, Kanzler Adenauer wirft die Maske ab. - Ich habe nie eine getragen, meine Damen und Herren!

(Lachen.)

Die Appelle des Westdeutschen Kanzlers an die Westmächte, so heißt es dann weiter, sind vom Geist des Dritten Reiches, dem Geiste des Hasses und der Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern, dem Geiste des Glaubens an die nackte Macht und nicht der Vernunft - Sowjetrussland und nackte Macht! -, dem Geiste der Revanche und der Aggression, vom Glauben an Hitlers These „Gewalt geht vor Recht", beseelt. - Ich habe Ihnen eben schon gesagt, meine Freunde, den Vertrag mit Hitler über die Teilung Polens hat Herr Stalin abgeschlossen und nicht ich. - Die Friedensbeteuerungen des Kanzlers seien ebenso betrügerisch wie die Hitlers usw. usw. Der Kanzler betreibe eine Politik der Erpressungen und Drohungen, er habe sich sogar in Gegensatz zu Dulles gestellt.

(Wiederholte Zwischenrufe.)

Und das heißt sehr viel, meine Freunde, denn in den Augen der Russen ist Dulles der Leibhaftige selbst!

(Erneute Zwischenrufe und Störversuche - Gelächter.)

Ach, meine Damen und Herren, lassen Sie sie doch ruhig zuhören!

(Beifall.)

Aber jetzt kommt ein Satz, meine Damen und Herren, den wir ernster nehmen müssen als die Beschimpfungen meiner Person. Da heißt es nämlich, alles das beweise die Berechtigung der sowjetischen Vorschläge, das Nest der Provokationen, des Revanchismus und des Krieges im Herzen Europas zu zerstören. - Das, meine Damen und Herren, soll Berlin sein. Da sehen Sie, was mit der Berlin-Note wirklich beabsichtigt ist. Man kann wirklich nur sagen: manchmal erweist einem der Feind einen guten Dienst, indem er seinem Herzen mal Luft macht, damit man genau sieht, was darin vorgeht.

Nun, meine Freunde, die Verpflichtungen der drei anderen Mächte bezüglich Berlin sind eindeutig und klar, und ich glaube, nach den Erklärungen der drei Regierenden und nach der Stellungnahme der öffentlichen Meinung in den Ländern - mit wenigen Ausnahmen - können wir uns darauf verlassen, dass die drei Bundesgenossen zu dem stehen werden, was sie feierlich erklärt haben.

(Sehr starker Beifall.)

Ich möchte betonen, dass auch unsere drei Bundesgenossen einsehen, dass das, was jetzt begonnen wird von Sowjetrussland, letzten Endes gegen sie selbst gerichtet ist.

(Wiederholt starker Beifall.)

Denn wenn Sowjetrussland langsam dieses Ziel erreichen würde, Herr von Westeuropa zu werden, dann würde Sowjetrussland einen Zuwachs an wirtschaftlicher Macht und an Kriegspotential bekommen, dass es gefährlich wird, auch für die Vereinigten Staaten.

(Lebhafte Zustimmung.)

Darum glaube ich, meine Freunde, diese drei mit uns verbündeten Mächte werden einmal, weil sie feierlich ihr Wort gegeben haben, die Rechte Berlins zu wahren, und zweitens im eigenen Interesse gegen die sowjetrussische Drohung stehen. Die Frage wird behandelt werden zunächst Mitte Dezember auf einer Beratung der drei Außenminister unter Hinzuziehung des deutschen Außenministers in Paris. Ich habe den dringendsten Wunsch - und ich glaube, Sie werden mir darin zustimmen, meine Damen und Herren -, dass auf dieser Tagung in Paris sofort und ohne Zögern sehr klare Worte gesprochen werden. Herr Eden, der ja lange krank war, ist zum erstenmal vor wenigen Tagen wieder öffentlich aufgetreten und hat in einer Rede gesagt, er warne vor den Gefahren unentschlossener Haltung zur Berlinfrage und er fordere den Westen auf, der sowjetischen Drohung hart entgegenzutreten.

(Sehr starker Beifall.)

Unentschlossenheit sei der Erzfeind der Demokratie. Eden erklärte dann weiter: In der Außenpolitik muss ein demokratischer Staat vor gewissen Gefahren auf der Hut sein. Die bedrohlichste dieser Gefahren ist die Neigung, den leichteren Weg zu wählen, Entscheidungen hinauszuschieben und sich treiben zu lassen. Demokratien sollten sich bei jedem Schritt, den sie in der Weltpolitik unternehmen, die Frage stellen, ob sie dadurch nur vorübergehend der Entspannung dienen oder ob sie einen echten Beitrag zur Erhaltung des Friedens leisten. Das ist sehr richtig, meine Damen und Herren,

(Starker Beifall.)

und ich glaube, wir alle können nur jene Worte unterstreichen, die Herr Eden in so klarer Weise gesagt hat.

(Lebhafte Zustimmung.)

Nun ist in anderen Ländern und auch bei der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands der Gedanke angesprochen worden, es sollte mit der Behandlung der Berlinfrage die Behandlung anderer Fragen, die Deutschland betreffen, verbunden werden, eines Friedensvertrages oder ganz einfach der deutschen Frage. Damals, nach der Berlinblockade, war es ungefähr das gleiche. Auch damals handelte es sich darum, die Verbindungswege nach Berlin wieder zu öffnen und gleichzeitig in Beratungen einzutreten über Fragen, die Deutschland betreffen. Aber damals hat man - und das ist nach meiner Meinung auch jetzt wieder das einzig Richtige - zuerst die Berlinfrage entschieden, und dann erst Verhandlung von anderen Fragen!

(Sehr starker Beifall.)

Wir können es uns unmöglich leisten, die Berlinfrage in der Schwebe zu lassen, während dann Gott weiß wie lange über andere Fragen diskutiert und verhandelt wird.

(Erneut aufbrausender Beifall.)

Nein, meine Damen und Herren, vor allen anderen Fragen betreffend Deutschland muss die Berlinfrage klar und deutlich dem Rechte nach und zu Gunsten Berlins entschieden werden.

(Wiederholt aufkommender Beifall.)

Die Welt verlangt von den Berlinern Entschiedenheit und festen Willen zu widerstehen, und wir wissen, dass die Berliner entschlossen sind, das zu tun. Aber diese Drohung Chruschtschows nun auf unbegrenzte Zeit, während unbegrenzt langer Verhandlungen über alle möglichen Fragen im Raume stehen zu lassen, das, meine Damen und Herren, wäre ein verdammter Nervenkrieg, und das geht einfach nicht!

(Starker Beifall.)

Da würden wir doch einen Prüfstein dafür haben, ob die Sowjetunion überhaupt ernstlich bereit ist, über andere Fragen vernünftig, d. h. im Interesse einer allgemeinen Beruhigung, zu verhandeln. Lassen [Sie] sie zuerst einmal diese Note fallen lassen, dann wird sich das andere finden, aber die Note muss zuerst weg!

Wenn die Russen das einsehen und die Note vom Tisch herunterkommt, dann muss man sich überlegen, über welche andere Fragen man verhandelt und wie. Damals, nach der Aufhebung der Blockade Berlins, war genau dasselbe. Da hat man auch über die deutsche Frage verhandelt, und dann hat man nach vier- oder fünfmonatiger Verhandlung die Verhandlungen eingestellt, weil das Verhalten Sowjetrusslands völlig ablehnend gewesen ist. Man kann es auch versuchen, meinetwegen - aber meine Damen und Herren, und nun muss ich gegen die Sozialdemokratie in Bonn etwas sagen - Sie können den Begriff Bonn sehr weit fassen nach dem, was Herr Kollege Lemmer eben gesagt hat.

(Beifall.)

Ich halte es nicht für richtig, wenn man in diesem Augenblick einer wirklichen Gefahr davon spricht, dass man ein Sicherheitssystem für Europa behandeln müsse und dass man den Rapackiplan behandeln müsse. Meine Freunde! Ein Sicherheitssystem in Europa! Als wenn ein Mensch von den freien europäischen Völkern überhaupt daran dächte, Polen oder Ungarn oder Sowjetrussland oder irgendjemanden anzugreifen! Das ist doch einfach lächerlich, dass da ein Sicherheitssystem notwendig wäre!

(Sehr starker Beifall.)

Was ich da von dem Sicherheitssystem gesagt habe, das gilt auch von dem Rapackiplan. Wenn man jetzt zu den transkontinentalen Raketen kommt, die 10.000 km und mehr schießen, was hat es dann für einen Zweck, wenn man hier in Europa einen Streifen von 600 bis 700 km macht, wo keine Atomwaffen sein sollen. Ich komme noch darauf zurück. Es gibt ja nur ein Mittel, der Welt den Frieden wiederzubringen, das ist die kontrollierte Abrüstung der nuklearen und konventionellen Waffen für alle!

(Stürmischer, anhaltender Beifall.)

Das ist auch das Ziel der Bundesregierung, meine Freunde, und wir setzen uns überall, wo auch nur eine Möglichkeit sich dafür bietet, dafür ein, dass diese kontrollierte allgemeine Abrüstung kommt.

Der Spannungsherd, das eigentliche Feld der Spannung, das ist doch wahrhaftig nicht zwischen Sowjetrussland und Westeuropa, das ist zwischen Sowjetrussland und den Vereinigten Staaten, und da muss die Abrüstung einsetzen, aber nicht nur der nuklearen Waffen, auch der konventionellen Waffen, die Westeuropa bedrohen. Da müssen sie einsetzen, und wir dürfen uns durch keine Manöver, auch von Deutschen nicht, von dieser Forderung abbringen lassen. Die Welt darf sich nicht davon abbringen lassen, sie darf nicht auf Nebenwege gehen, nicht auf Abwege gehen und darüber das einzige Ziel, das überhaupt, wie ich eben schon sagte, der Welt den Frieden geben kann, die allgemeine Abrüstung, übersehen.

(Lebhafte Zustimmung, starker Beifall.)

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, meine Damen und Herren, dass die freien Völker des Westens zu einer kontrollierten Abrüstung bereit sind. Auch die Amerikaner sind dazu bereit. Woran sind alle Abrüstungsfragen bisher gescheitert? Auch da müssen wir einmal in der Vergangenheit zurückgehen und daran erinnern, dass die Vereinigten Staaten im Jahre 1951/52, `53, als sie allein auf der ganzen Welt im Besitze nuklearer Waffen waren, angeboten haben, ihre ganzen Waffen, ihr ganzes Material, ihre ganzen Erfahrungen, ihre ganzen Erkenntnisse einer internationalen Kommission zu übergeben, damit die atomaren Kräfte nur noch zu friedlichen Zwecken Verwendung fänden, wenn auch die anderen Völker bereit wären, sich zu demselben zu verpflichten. Das war ein großherziges Angebot, denn damals - ich wiederhole es - besaßen allein die Vereinigten Staaten nukleare Waffen, Russland hatte noch keine. Sowjetrussland hat dieses Angebot der Vereinigten Staaten abgelehnt.

(Zurufe: Hört, hört! - Pfui-Rufe.)

Hätte es damals dieses Angebot angenommen, wie viele Sorgen, wie viel Angst wäre der Welt erspart worden, und wie viele Milliarden hätten verwendet werden können für die Wohlfahrt aller Völker?!

(Erneut starker Beifall.)

Trotzdem glaube ich, dass Sowjetrussland wohl unter Umständen bereit ist zur Abrüstung. Ich habe gesagt „unter Umständen', und das will ich versuchen, Ihnen zu erklären. Sowjetrussland hält sich berufen, mit dem Kommunismus die gesamte Welt zu beherrschen. Das sprechen sie ganz unverhohlen aus - ob sie es gegen Mao Tse-Tung sagen, weiß ich nicht! -, aber im übrigen sprechen sie es ganz offen aus. Solange sie auch nur die geringste Hoffnung haben, durch Mittel des Kalten Krieges, dadurch, dass sie Uneinigkeit unter den freien Völkern hervorrufen, zur Herrschaft über Westeuropa zu kommen, solange sind sie nicht bereit zu dieser Abrüstung. Darum glaube ich, dass eine entschlossene Haltung der freien Völker des Westens gegenüber Sowjetrussland eine wesentliche Voraussetzung ist, um die Schwelle des Friedensvertrages zu überschreiten.

(Beifall.)

Warum glaube ich, dass Sowjetrussland im Grunde genommen, wenn es die Hoffnung nicht mehr hat, auf andere Weise die Herrschaft über die Welt zu bekommen, sich zu einer Abrüstung verstehen wird? Nun, weil es sehr viele innere Sorgen hat. Es hat unzweifelhaft auf manchen Gebieten große Leistungen vollbracht. Aber lassen wir uns dadurch nicht täuschen! Die russische Wirtschaft ist völlig unausgeglichen. Alle diese Arbeit, die sie für Raketengeschichten aufwenden, ob sie nun Raketen zum Mars oder zum Jupiter oder zum Saturn oder wer weiß wohin schicken, ist mir total gleichgültig, alles das muss bezahlt werden vom Schweiße des russischen Volkes.

(Beifall.)

Sie dürfen nicht glauben, dass das russische Volk nicht doch allmählich wach wird und sieht, wie die anderen Völker in der Welt leben, und dass es das Bestreben hat, auch so zu leben.

Noch einen Umstand darf man nicht vergessen, wenn man die Aussichten einer Zustimmung Sowjetrusslands zur allgemeinen Abrüstung überlegt. Hinter Sowjetrussland ist ein großer kommunistischer Bruder aufgestanden, Rotchina. Sowjetrussland hat 200 Millionen, Rotchina hat 650 Millionen Einwohner, und das Drängen des rotchinesischen Kommunismus ist noch stärker als das des sowjetrussischen Kommunismus. Darum glaube ich, dass auch mancher nachdenkende Mann in Sowjetrussland sich sagt: Wären wir doch einmal diese ganze Sache los und könnten in Ruhe und Frieden arbeiten für die Hebung auch des sowjetrussischen Volkes! Nun, wir wünschen nichts sehnlicher, meine Damen und Herren, als dass Sowjetrussland das tut. Unsere Haltung dazu möchte ich gerade nach diesem Prawda-Artikel doch auch hier sehr klar zum Ausdruck bringen: Wir wünschen dem russischen Volke alles Gute; es möge seine inneren Angelegenheiten ordnen wie es will, aber es möge nicht andere Völker bedrohen.

(Beifall.)

Sie wissen, meine Damen und Herren, wir leben im Zeitalter des Antikolonialismus. Sie wissen, dass eine Charta der Menschenrechte existiert, die von Russland unterschrieben ist. Nun, wer hat denn in unserer Zeit neue Kolonialreiche geschaffen, die nur Satellitenstaaten heißen und nicht anders? Das ist doch allein Sowjetrussland.

(Zurufe.)

Und wir wollen nicht, dass 17 Millionen Deutsche behandelt werden, wie niemals ein farbiger Mann in irgendeiner Kolonie behandelt worden ist!

(Sehr starker Beifall, anhaltend, stürmisch.)

Wir können uns sehr leicht mit Sowjetrussland verständigen, wenn Sowjetrussland anerkennt, dass jedes Volk ein Recht hat, so zu leben, wie es will, und nicht so, wie Sowjetrussland es will.

(Erneuter Beifall.)

Das zu Russland. Ich glaube nicht, dass das so ein furchtbarer, abscheulicher Anschlag gegen Sowjetrussland ist, wenn ich sage, es soll seine eigenen Angelegenheiten ordnen, aber andere in Ruhe lassen. Mehr kann man nicht verlangen, und mehr verlangen wir nicht, aber das verlangen wir mit allem Nachdruck, dessen wir fähig sind.

(Zustimmung.)

Herr Kollege Lemmer hat von der Freiheit gesprochen. Freiheit, meine Freunde! Ich habe heute in der Universität vor Studentinnen und Studenten davon gesprochen. Freiheit, persönliche Freiheit und Freiheit eines Landes, das sind in Wahrheit die Güter, die das Leben lebenswert machen. Freiheit beruht auf Recht, auf dem Recht, das jeder einzelne auch gegenüber dem Staate und der Staatsgewalt hat. Eine Staatsform wie die kommunistische, die die ganze Gewalt dem Staat zuspricht, eine Gewalt, der gegenüber der Einzelmensch sich einfach zu beugen hat ohne jedes Murren, gleichgültig, was ihm geschieht, eine solche Staatsform erkennen wir niemals an.

(Anhaltend starker Beifall.)

Meine lieben Berlinerinnen und Berliner! Ich weiß, dass Sie den kommenden Monaten mit einer gewissen Sorge entgegensehen. Es ist menschlich nur zu verständlich. Aber ich bitte Sie von Herzen: vertrauen Sie doch auf die freien Völker des Westens, und vertrauen Sie auf die Bundesrepublik.

(Erneut starker Beifall.)

Ich möchte Ihnen auch noch folgendes sagen: Ich habe in den eineinhalb Tagen, die ich jetzt hier bin, sehr viele Besprechungen mit allen möglichen Kreisen gehabt, auch mit wirtschaftlichen Kreisen, fast unausgesetzt. Ich werde morgen früh noch eine Besprechung mit den Gewerkschaften haben und auch eine Besprechung mit der Industrie- und Handelskammer. Ich war heute bei Borsig und habe dort zu der Belegschaft gesprochen.

(Starker Beifall.)

Ich war gestern im Wedding und habe dort in einer Versammlung gesprochen.

(Erneuter Beifall.)

Ich möchte Ihnen allen sagen: die Bundesrepublik wird dafür sorgen, dass die Berliner Wirtschaft keinen Schaden leidet.

(Anhaltend stürmischer Beifall.)

Sie können überzeugt sein, dass dieses Wort erfüllt wird, und ich glaube, nichts beweist besser, dass dieses Wort erfüllt werden wird, als die Tatsache, dass wir, die Bundesrepublik, seit dem Jahre 1950 13.000 Millionen aus ihren Steuermitteln nach Berlin abgegeben haben.

(Lebhafter Beifall.)

Nichts beweist besser das Gefühl der Verpflichtung, das wir gegenüber Berlin haben, als die Tatsache, dass wir von den ERP-Mitteln, die für alle bestimmt waren, 37% nach Berlin gegeben haben.

(Erneuter Beifall.)

Darum glauben Sie mir, wir werden unsere Pflichten gegenüber Berlin, das auf dem äußersten Vorposten steht, das auf der Hut steht gegen ein weiteres Vordringen des Kommunismus nach Westeuropa, gern und willig erfüllen!

(Stürmischer Beifall.)

Ich habe eben gesagt, ich möchte etwas über die Sozialdemokratie in Bonn sagen. Herr Kollege Lemmer hat von den Abstimmungen der sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten in Bonn in entscheidenden Fragen gesprochen. Nun, was wir für Berlin getan haben, ist wirklich nicht auf eine Wirtschaft zurückzuführen, wie die Sozialdemokratie sie haben wollte; das ist nur zurückzuführen auf die Außenpolitik und die Wirtschaftspolitik, die wir unter Führung der CDU/CSU betrieben haben. Wenn wir uns jetzt mit Fug und Recht und mit Vertrauen darauf verlassen können, dass die drei Westmächte und die ganzen NATO-Mitglieder an der Seite Berlins stehen werden - wem verdanken wir das? Nicht der Außenpolitik, die die Sozialdemokratie haben wollte, sondern nur der Außenpolitik, die von uns getragen wurde.

(Stürmischer Beifall.)

Meine Freunde, ich habe in dieser schwierigen Situation versucht, mit der Opposition, mit den Sozialdemokraten und den Freien Demokraten zu einer gewissen Verständigung zu kommen und habe am Montag dieser Woche die Herren bei mir gehabt. Ich werde die Herren weiter zu mir bitten, und ich werde sie auch weiter unterrichten, aber die Hoffnung auf eine gemeinsame Haltung ist sehr schwach geworden,

(Pfui-Rufe.)

wenn zwei Tage nach dieser Besprechung über den Ernst der ganzen Situation Herr Carlo Schmid im Südwestdeutschen Rundfunk und Herr Ollenhauer gestern in einem Vortrag vor seiner Fraktion davon gesprochen haben, dass das vereinte Deutschland weder zum Ostblock noch auch zum Westblock gehören dürfe.

(Wiederholte Pfui-Rufe.)

Ich glaube nicht, dass man durch solche Erklärungen in diesem Augenblick, in dieser Situation, die so überflüssig sind wie denkbar, die Neigung bei den anderen stärkt, sich neben uns in die Bresche zu stellen. Man muss ja manchmal den Kopf schütteln, aber hier muss ich ihn sehr schütteln. Denn wenn Berlin ohne Verbindung mit dem Westen bliebe, würde Berlin verloren gehen. Wenn ganz Deutschland zwischen den beiden Blöcken liegt, die beide weiterbestehen, und wenn dieses Deutschland ohne Verbindung mit dem Westen ist, d. h. jetzt mit Amerika, das allein den freien Völkern den Frieden und die Freiheit bringen kann, dann ist es doch klar, dass auch dieses wiedervereinigte Deutschland verloren gehen wird.

(Lebhafter Beifall.)

Ich meine, die Analogie liegt auf der Hand. Wenn man nun neun Jahre eine Politik betrieben hat, die blind war und die nur getrieben worden ist, weil wir eine andere Politik wollten, dann kann man sich aber doch in einem solchen Augenblick wie dem gegenwärtigen einmal verkneifen, das noch einmal zu sagen; sie können es ja später noch einmal sagen, aber jetzt sollen sie den Mund halten und nicht die Verhandlungen mit dem Westen oder mit den Russen stören.

Herr Kollege Lemmer hat mit großem Nachdruck und tiefem Ernst gesagt und mir damit ganz aus dem Herzen gesprochen, dass bei dieser Wahl jede Stimme, die nicht für die SED abgegeben wird, ein Zeugnis für den Willen der Berliner ist, frei zu bleiben. Darum muss die Beteiligung an dieser Wahl so stark sein wie möglich. Sorgen Sie aber bitte auch bei dieser Wahl dafür, dass das Ergebnis dieser Wahl ein Beweis dafür ist, dass auch Berlin unsere Außenpolitik als die richtige bewertet.

(Lebhafte Zustimmung - Starker Beifall.)

Das müssen Sie auch tun. Beweisen Sie durch Ihre Stimmabgabe, dass Sie für NATO sind und dass Sie dadurch die freien Völker des Westens, insbesondere die Vereinigten Staaten, zu unserem Schutze hier haben wollen.

(Erneut begeisterte Zustimmung.)

Wie können führende Leute der Sozialdemokratie bei dieser Forderung Chruschtschows, die er jetzt gestellt hat, davon sprechen, dass die fremden Truppen abziehen müssten, die Amerikaner nach jenseits des Meeres - und die Russen, wo bleiben die?!

(Zustimmung.)

Wie kann man so etwas sagen?

(Zuruf: Idioten!)

Man ist manchmal wirklich fast unglücklich darüber, dass dieser Standpunkt von der Opposition immer und immer wieder stereotyp betont wird. Nun, wir haben, innenpolitisch betrachtet, nichts dagegen. Denn [wir haben] bei der letzten Bundestagswahl durch unsere Außenpolitik und unsere Wirtschaftspolitik 279 Sitze im Bundestag bekommen und die Sozialdemokratie 157 Sitze. Also, innenpolitisch betrachtet, sollen sie nur so weitermachen. Wir haben ja auch bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Sommer die absolute Mehrheit für die CDU bekommen, in Nordrhein-Westfalen, in dem Lande, das die größten Industrien hat, dank der Stimmen der Arbeiter!

(Stürmischer anhaltender Beifall.)

Ich wiederhole es, vom parteipolitischen Standpunkt aus können sie sagen, so oft sie wollen, dass ihre Außenpolitik die allein richtige sei; aber im gegenwärtigen Augenblick sollen sie es doch nicht sagen. Wie kann man denn dem Russen geradezu so die Karten da hinlegen? Das ist mir völlig unverständlich, das darf man auch nicht tun.

(Lebhafte Zustimmung.)

Nun, meine lieben Berlinerinnen und Berliner, ich möchte das nochmals betonen, was ich vorhin gesagt habe: Die Freiheit ist für uns alle das höchste Gut.

(Starker Beifall.)

Sie werden am kommenden Sonntag ein weithin schauendes Votum abgeben für die Freiheit.

(Erneute Zustimmung.)

Aber ich bitte Sie, noch etwas anderes zu tun, was ich ebenfalls schon ausgesprochen habe: Helfen Sie uns bei den Verhandlungen der kommenden Monate, helfen Sie uns bei den Verhandlungen mit unseren Freunden, helfen Sie uns bei den Verhandlungen, die gemeinschaftlich von unseren Freunden und uns mit Sowjetrussland zu führen sind, dadurch, dass Sie Ihre Stimme für die Fortsetzung unserer Außenpolitik abgeben.

(Anhaltender stürmischer Schlussbeifall.)

 

Quelle: StBKAH I/02.18, maschinenschriftlich; nach einer unkorrigierten stenographischen Nachschrift.