8. August 1957

Gegendarstellung zum Artikel "Wahn und Wirklichkeit" der "Frankfurter Rundschau"

Der Artikel "Wahn und Wirklichkeit" in der Ausgabe der "Frankfurter Rundschau" vom 29. Juli 1957 geht von unrichtigen Voraussetzungen aus. Dem Ausbau des Frankfurter Flughafens als Düsenflugplatz habe ich bereits vor längerer Zeit zugestimmt. Da ein einziger Düsenflugplatz jedoch den Verkehrsbedürfnissen der Bundesrepublik künftig nicht genügen wird, muss nach der von mir gebilligten Ansicht des Bundesverkehrsministeriums ein zweiter, für alle Entwicklungen geeigneter Flughafen - und zwar in einem stark besiedelten Teil des Bundesgebietes - angelegt werden. Zur Debatte standen hier Düsseldorf-Lohausen und Wahn. Der Flugplatz Düsseldorf-Lohausen liegt jedoch so sehr in der unmittelbaren Nähe großer Städte, dass er nur beschränkt ausbaufähig ist. Der Flugplatz Wahn bietet dagegen alle Möglichkeiten. Ich habe mich daher aus sachlichen Gründen für Wahn entschieden. Finanziell bin ich an dem Ausbau von Wahn selbstverständlich in keiner Weise interessiert.

Die behördliche Genehmigung für den Ausbau des Flugplatzes Wahn ist Sache des Landes Nordrhein-Westfalen. Die hierbei erforderliche Zustimmung des Bundesministers für Verkehr wird im wesentlichen durch Fragen der Flugsicherung bestimmt. Der Bundesverkehrsminister hat im übrigen niemals erklärt, dass für den Ausbau des Flugplatzes Wahn bis zum Jahre 1962 keine Bundesmittel zur Verfügung stünden. Lediglich ein Beamter des Bundesfinanzministeriums hat früher einmal eine ähnliche Auffassung vertreten.

Die Flughafengesellschaft Wahn, deren Gesellschafter u. a. auch das Land Nordrhein-Westfalen ist, hat wegen der außerordentlich kurzen Frist, die von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für die Angabe der Ausbaukosten gesetzt worden war, die Strabag als eine der erfahrensten Gesellschaften auf dem Gebiet des Flughafenbaues zur Abgabe eines Kostenvoranschlages aufgefordert. Die Strabag war kurz vorher auch mit der Kalkulation der Ausbaukosten für den Flughafen Düsseldorf-Lohausen beauftragt worden. Irgendwelche weiteren Verbindlichkeiten gegenüber der Strabag sind nicht eingegangen worden. Es besteht nicht einmal eine moralische Verpflichtung, der Strabag den endgültigen Ausbauauftrag für Wahn zu erteilen. Dieser Ausbau wird nach dem Kostenvoranschlag nicht 150 Millionen DM, sondern nur etwa 24 bis 28 Millionen DM kosten. Den Auftrag an die Strabag, einen Kostenvoranschlag auszuarbeiten, ist ohne mein Wissen erteilt worden. Ich habe hiervon erst durch die Veröffentlichung in der "Frankfurter Rundschau" erfahren.

Bonn, den 8. August 1957

gez. Adenauer

Bundeskanzler

 

Quelle: Frankfurter Rundschau vom 10. August 1957.