8. Februar 1950

Schreiben an John J. McCloy, Bonn-Petersberg

John J. McCloy (1895-1989), Dr. jur., amerikanischer Politiker, 1941-1945 Unterstaatssekretär im Kriegsministerium, 1947 Präsident der Weltbank, 1949-1952 Hoher Kommissar in Deutschland, 1953-1965 wieder in der Wirtschaft tätig, 1961 Leiter der zentralen Abrüstungsbehörde.

 

Lieber Herr McCloy!

Heute finde ich in deutschen Zeitungen die Mitteilung, dass ein amerikanischer Sprecher anscheinend gestern fol­gendes erklärt hat:

„Dr. Adenauer habe bisher sehr wenig für eine gute Zu­sammenarbeit zwischen seinen Regierungsstellen und der gesamten Presse getan und dürfe sich heute nicht über das Echo wundern."

Anscheinend hat derselbe Sprecher von mir auch behaup­tet, dass ich in Oberhausen von einer „konstanten Boshaftigkeit" der Auslandspresse gesprochen habe. Ich gestatte mir, Ihnen mitzuteilen, dass ich niemals eine derartige oder ähnliche Äußerung getan habe. Ich darf diese Gelegenheit benutzen, um Ihnen meine gestrigen mündlichen Darlegungen schriftlich zu wiederholen. Jede öffentliche Kritik alliierter Stellen an der Bundesregierung sollte tun­lichst vermieden werden, weil sie das Ansehen der Bundesregierung und der Bundesrepublik in der deutschen Öffentlichkeit sehr beeinträchtigt. Durch solche Kritik nützt man nur denjenigen, die entweder sagen, die Bundesregierung stehe vollständig unter der Herrschaft der Alliierten - siehe die Ostzone - oder aber nationalisti­schen Elementen. Ich danke Ihnen für Ihre gestrige Erklä­rung, dass Sie derartige öffentliche Stellungnahmen in Zukunft nicht mehr zulassen würden, bis eine Aussprache mit der Bundesregierung erfolgt ist.

Ich versichere Ihnen, dass unsere gestrige Unterredung mich sehr befriedigt hat, und bin mit freundlichen Grüßen

Ihr ergebener

(Adenauer)

 

Quelle: Konrad Adenauer: Briefe über Deutschland 1945-1955. Eingeleitet und ausgewählt von Hans Peter Mensing aus der Rhöndorfer Ausgabe der Briefe. München 1999, S. 102f.