Theodor Steltzer

* geboren 17.12.1885 in Trittau/Holstein
† gestorben 27.10.1967 in München

Offizier, Ministerpräsident, ev.

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Übersicht

1904-1907 Ausbildung zum Seeoffizier
1907-1909 Studium der Staatswissenschaften in München
1909-1912 Offizier
1912-1914 Kriegsakademie in Berlin
1916-1918 Generalstab des Chefs des Feldeisenbahnwesens
1920-1933 Landrat des Kreises Rendsburg
1939 Einberufung
1940-1944 Generalstabsoffizier in Oslo
1945-1946 Oberpräsident und
1946-1947 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein

Biographischer Werdegang

Gegen den Strom der Zeit schwamm Theodor Steltzer, als er sich dem Kreisauer Kreis anschloss, um gegen das nationalsozialistische Regime zu kämpfen. Nach dem Krieg wurde ihm die von ihm mitbegründete CDU nie zur rechten Heimat, was zu seinem Rückzug aus der Politik nach nur zwei Jahren als Oberpräsident bzw. Ministerpräsident von Schleswig-Holstein führte.

Jugend und Militärzeit

Theodor Steltzer wurde am 17. Dezember 1885 in Trittau/Holstein geboren. Sein Vater war der Amtsgerichtsrat Georg Steltzer und seine Mutter Amalie Steltzer, geborene Richardi. Steltzer verbrachte seine Gymnasialzeit aufgrund der dienstlichen Versetzungen seines Vaters in Schleswig, Lüneburg und Göttingen, wo er 1904 sein Abitur ablegte.

Bereits kurz nach seinem Abitur trat er im April 1904 als Offiziersanwärter in die preußische Armee ein und wurde in Göttingen stationiert. Steltzer ließ sich von 1907 bis 1909 für ein Studium der Staatswissenschaften in München beurlauben, bevor er 1909 wieder zur Truppe zurückkehrte. Von 1912 bis 1914 besuchte er die Kriegsakademie in Berlin, wurde aber, vor Abschluss der Ausbildung, zu seinem Regiment zurückbefohlen. Der Erste Weltkrieg war ausgebrochen. Den Krieg verbrachte er, nach einer schweren Verwundung, zumeist im Stabsdienst in Belgien, Frankreich, Serbien, an der Ostfront und auch in Berlin, zuletzt in der Demobilisierungs- bzw. Waffenstillstandskommission unter Matthias Erzberger.

Landrat in Schleswig-Holstein und erste Verfolgung durch die Nationalsozialisten

Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bewarb sich Steltzer um eine Verwendung im preußischen Staatsdienst und wurde am 1. September 1920 zunächst kommissarischer Landrat und zum 1. Februar 1921 ordentlicher Landrat des Kreises Rendsburg in Schleswig-Holstein. In seiner Antrittsrede betonte er seine sachliche und überparteiliche Einstellung und erklärte, dass er sich keiner Partei anschließen wolle. Als Landrat erwarb er sich in den nächsten Jahren den Ruf eines erfahrenen Verwaltungsmannes. Dieses Amt hatte er bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 inne. Bereits kurz nach der Machtergreifung sah sich Steltzer der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt, u.a. durch seinen Nachfolger im Amt des Landrats.

Es folgten fingierte Dienst- und Strafverfahren, unter anderem wegen angeblicher Untreue und Hochverrats, die ihm acht Monate Untersuchungshaft in Kiel einbrachten. Die Verfahren führten jedoch nicht zu rechtskräftigen Verurteilungen, sondern wurden eingestellt bzw. Steltzer amnestiert. Trotzdem durfte er nicht in den Staatsdienst zurückkehren.

Die nächsten Jahre suchte er neue Tätigkeiten, die allerdings nie von langer Dauer waren, so u.a. von Mai bis September 1933 beim Verband für das Deutschtum im Ausland in Berlin oder von 1936 bis 1939 in Marburg und Hamburg als Sekretär der Michaelisbruderschaft, der er 1933 beigetreten war.

Zweiter Weltkrieg und Widerstand

Mit Beginn des Krieges wurde Steltzer zur Wehrmacht einberufen und leistete bis 1944 Dienst in verschiedenen Stäben. Von 1940 bis zu seiner Verhaftung 1944 war er Bevollmächtigter Transportoffizier beim Wehrmachtbefehlshaber in Norwegen. Dort fand Steltzer, der norwegische Urgroßeltern hatte und sich Norwegen verbunden fühlte, Kontakte zum norwegischen Widerstand. Über Bischof Eivind Berggrav, den er aus der ökumenischen Arbeit in der Vorkriegszeit kannte, stand er zudem mit der evangelischen Kirche vor Ort in Verbindung. Steltzer setzte sich nach der Verhaftung Berggravs für diesen ein. Das führte dazu, dass der Bischof in Hausarrest kam und die Besatzungszeit überlebte. Dem Widerstand in Norwegen versuchte er durch Informationen über den Zustand des NS-Regimes und über Pläne zu Aktionen gegen den Widerstand zu helfen.

Geprägt durch sein kirchlich geprägtes Umfeld wurde Steltzer bereits früh ein entschiedener Gegner der Nationalsozialismus. Bereits während seiner Tätigkeit als Landrat war er aktives Mitglied der evangelischen Kirche. 1941 schloss er sich dem Kreisauer Kreis an, zu dessen inneren Zirkel er gehörte. Hier fand er gleichgesinnte Persönlichkeiten, mit denen er über die Zukunft Deutschlands diskutieren konnte.

Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Steltzer zusammen mit Widerstandskämpfern, wie beispielsweise Helmuth James Graf von Moltke, wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt und verhaftet. Vom Volksgerichtshof wurde er im Januar 1945 zum Tode verurteilt. Seiner Hinrichtung entging er zunächst durch den persönlichen Einsatz des Leibarztes von Heinrich Himmler, Felix Kersten. Am 25. April wurde er nach erneuten Bemühungen Kerstens aus der Haft entlassen.

Wiederaufbau und Rückkehr nach Schleswig-Holstein

Nach der Eroberung Berlins stellte sich Theodor Steltzer als erfahrener Verwaltungsmann sofort für den Wiederaufbau der Stadt zur Verfügung und war von Mai bis September 1945 stellvertretender Leiter des Ernährungsamtes von Berlin. Danach verschlug es ihn zurück nach Schleswig-Holstein, wo er von der britischen Besatzungsmacht im Rahmen des Aufbaus einer deutschen Selbstverwaltung zunächst erneut den Posten des Landrats in Rendsburg übernahm, bevor er zum Oberpräsidenten der Provinz Schleswig-Holstein ernannt wurde.

Nach Gründung des Landes Schleswig-Holstein wurde er am 23. August 1946 durch die britische Besatzungsmacht zum ersten Ministerpräsidenten ernannt. Steltzer reorganisierte die Verwaltung, trieb die Entstehung des Landes voran und versuchte die ins Land gekommenen Flüchtlinge und Heimatvertriebenen zu integrieren. Hier legte er die Grundlagen für die demokratische Grundordnung Schleswig-Holsteins.

Nach der ersten Landtagswahl 1947 trat Steltzer zurück und der Sozialdemokrat Hermann Lüdemann, der zuvor bereits Innenminister in Steltzers Kabinett war, übernahm das Amt des Ministerpräsidenten.

Kreisauer Denken und Gründung der CDU

Theodor Steltzer wollte sich nach Kriegsende zunächst nicht an der Bildung von Parteien beteiligen. Als Mitglied des Kreisauer Kreises und nach den Erfahrungen der Weimarer Republik stand er dieser politischen Organisationsform zunächst skeptisch gegenüber. Er plädierte für einen Staatsaufbau von unten nach oben. Der Kreisauer Kreis hatte die Weimarer Republik verworfen und lehnte eine parlamentarische Demokratie mit einer starken Stellung von Parteien ab. Seine Hoffnung lag auf einem Rechtsstaat, auf dem Christentum als Grundlage für die sittliche und religiöse Erneuerung und auf dem Aufbau einer europäischen Völkergemeinschaft. Seine Skepsis gegenüber den Parteien überwand er dann aber durch die Aussicht auf Entstehung einer eigenständigen gesamtdeutschen und christlich-sozial eingestellten Partei. So wirkte er im sowjetischen Sektor Berlins an der Gründung der CDU mit und gehörte zu den Mitunterzeichnern des Berliner Gründungsaufrufs vom 26. Juni 1945.

Kurzzeitig war er dritter Vorsitzender der CDU hinter Andreas Hermes und Walther Schreiber, bevor er Berlin wieder verließ. In Schleswig-Holstein beteiligte Steltzer sich seit Herbst 1945 an der Gründung der CDU, die sich langsam aus verschiedensten Gruppen und Strömungen bildete. Neben den Gründungsgruppen in Plön, Segeberg und Kiel gehörte Rendsburg zu den Keimzellen der späteren CDU. Hier wurde u.a. von Theodor Steltzer und Carl Schröter am 4. Januar die Demokratische Union (DU) gegründet, die sich bereits am 15. Januar 1946 der CDU anschloss. Carl Schröter, ebenfalls ein Gegner des Nationalsozialismus, war Steltzers politischer Gegenspieler. Während Steltzer auf ein Konsensmodell des bürgerlichen Lagers baute, setzte sich der Flügel, der eine konfrontative Parteiendemokratie nach britischen Vorbild befürwortete, durch. Letztlich fremdelte Steltzer mit dieser Ausrichtung und auch dem Namen, da er das Christliche nicht als Namensbestandsteil sehen wollte. Er akzeptierte dies letztendlich, um einer Bildung getrennter konfessioneller Parteien zuvorzukommen.

Die CDU wurde ihm nie richtige politische Heimat, auch vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen mit Carl Schröter. Dieser hatte durch Vertraute auf einer Tagung in Rendsburg 1947 Gerüchte über einen angeblichen Geheimnisverrat Steltzers in dessen Tätigkeit als Offizier im besetzten Norwegen verbreitet. Steltzer wollte sich nach diesen Vorwürfen nicht mehr mit Schröter auseinandersetzen und in der Partei engagieren und teilte mit, dass er sein gewonnenes Landtagsmandat nicht antreten werde. Damit endete seine Tätigkeit für die CDU in Schleswig-Holstein noch in deren Gründungsphase.

Gegen den Strom

Er sei „gegen den Strom“ geschwommen. So bezeichnete Theodor Steltzer seine Tätigkeiten nach dem Ausscheiden aus der Politik. Er entschied sich gegen die Tagespolitik und wollte für sich stattdessen erst wieder „eine Basis fester Grundanschauungen zu den Fragen der politischen und sozialen Neuordnung (…) gewinnen“ wie er in seinen Erinnerungen „60 Jahre Zeitgenosse“ ausführte.

Steltzer widmete sich zunächst der kirchlichen Arbeit und gründete 1948 die Gesellschaft „Mundus Christianus“, deren Vorsitzender er wurde. Gleichzeitig setzte er sich für die europäische Einigung ein und arbeitete für den Deutschen Rat der Europäischen Bewegung. Ebenfalls engagierte sich Steltzer als Präsident für die Deutsche Kommission der UNESCO, lange bevor ein Beitritt der Bundesrepublik zur UNO möglich war. Ebenso stand er der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik vor.

1960 zog er sich aus der Öffentlichkeit zurück und publizierte u.a. 1966 seine Lebenserinnerungen. Für sein Wirken in Politik und Gesellschaft wurde Theodor Steltzer 1965 das Große Verdienstkreuz mit Schulterband und Stern verliehen.

Theodor Steltzer verstarb am 27. Oktober 1967 in einem Krankenhaus in München und wurde auf dem Neuwerker Friedhof in Rendsburg beigesetzt. Er war mit Adele Steltzer, geborene Fürbringer, verheiratet und aus der Beziehung gingen vier Kinder, drei Söhne und eine Tochter, hervor.

  • Steltzer, Theodor, 60 Jahre Zeitgenosse, München 1966.
  • Steltzer, Theodor, Reden, Ansprachen, Gedanken 1945-1947, hrsg. von Kurt Jürgensen, Neumünster 1986.
  • Steltzer, Theodor, Von Deutscher Politik, Frankfurt 1949.

  • Alberts, Klaus, Theodor Steltzer – Szenarien seines Lebens – Eine Biographie, Heide 2009.
  • Jürgensen, Kurt, Die Gründung des Landes Schleswig-Holstein nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Aufbau der demokratischen Ordnung in Schleswig-Holstein während der britischen Besatzungszeit 1945–1949, Neumünster 1998.
  • Kleinmann, Hans-Otto, Theodor Steltzer (1885–1967). Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, in: Günter Buchstab/Brigitte Kaff/Hans-Otto Kleinmann (Hrsg.), Christliche Demokraten gegen Hitler. Aus Verfolgung und Widerstand zur Union, Freiburg 2004, S. 482-491.

 

Michael Hansmann