Rhöndorfer Ausgabe Online
An Rechtsanwalt Dr. Otto Schmidt
, Wuppertal-BarmenOriginal in LAV NRW R, RWN 0119/2, auf Kopfbogen des CDU-Zonenausschusses, Diktatzeichen »A/S«, Datum zunächst »7.6.46«, »7« hs. von Adenauer in »10« korrigiert, Monatsangabe vom Bearb. berichtigt, da Eingangsschreiben vom 26.6.1946 und erste Reaktion von Schmidt, die sich auf diesen Brief bezieht, vom 15.7.1946 (Schmidt an P. Dr. Oskar Hammelsbeck in LAV NRW R, RWN 0119/2).
Sehr geehrter Herr Schmidt!
Die von Ihnen übermittelten Einladungen1 habe ich weitergeleitet an die Herren Oberpräsident Steltzer, Kiel, Söhlmann, Oldenburg, Staatsminister a. D. Boelitz, Soest, und Rippel in Hagen. Im übrigen hat sich der Zonenausschuß auf seiner Tagung am 27. und 28.6.46 in Neuenkirchen mit der Frage befaßt. Es ist dort einhellig festgestellt worden, daß es unmöglich ist, daß die Partei als solche und ich als deren Vorsitzender in der britischen Zone offiziell ‹zusammen mit der SPD›2 in politischen Fragen vor einer kirchlichen Instanz erscheine. Stellen Sie sich bitte den umgekehrten Fall vor, daß ich über das Thema »Kirche und Politik« mit der Fuldaer Bischofskonferenz in Verhandlungen eintreten würde und dazu noch gemeinsam mit den Sozialdemokraten.
Eine klare Abgrenzung des kirchlichen und des politischen Raumes ist notwendig. Es erscheint mir auch unmöglich und völlig zwecklos, vor einer kirchlichen Instanz mit Herrn Dr. Schumacher und seinen Freunden die dann sofort auftretenden Gegensätzlichkeiten zu diskutieren. Es müßte dort sofort die Frage aufgeworfen werden, ob eine Partei berechtigt sei, das Wort »christlich« in ihrem Namen zu führen usw. In dieser Frage wird es aber mit Herrn Dr. Schumacher keine Verständigung geben. Die Situation würde also in jeder Beziehung nur schief sein. Im übrigen habe ich den Eindruck und bin durch einige Hinweise darin bestärkt worden, daß die Zusammenkunft auf Betreiben sozialdemokratischer Kreise, die über die Gruppe sogenannter religiöser Sozialisten Verbindung mit evangelischen Kirchenkreisen haben, arrangiert worden ist, um noch vor den Wahlen das Ergebnis propagandistisch auswerten zu können.
Aus allen diesen Gründen sehe ich von einer Teilnahme ab. Die oben genannten Parteifreunde werden nicht als Vertreter der Partei, sondern als Privatpersonen teilnehmen. Ich bitte Sie, sich dieser Linie anzuschließen. Herrn Raskop kenne ich nicht, ebenfalls ist mir seine Anschrift unbekannt.
Mit freundlichem Gruß
Schmidt hatte am 26.6.1946 vier Blanko-Einladungen zu einer vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland geplanten Tagung ›Kirche und Politik‹ übermittelt (die vom Direktor der Pädagogischen Hochschule Wuppertal, Oskar Hammelsbeck [1899-1975], vorbereitet werde und die Vertreter verschiedener Parteien zusammenführen solle; Kurt Schumacher z. B. habe bereits zugesagt); nähere Angaben zu den in Wuppertal verfolgten Bestrebungen bei Peter Egen, Die Entstehung des Evangelischen Arbeitskreises, S. 18-65.
‹ › hs. von Unbekannt (nicht Adenauer) eingefügt.