Rhöndorfer Ausgabe Online
An Rechtswanwalt Dr. Friedrich Manstetten
, KölnHAStK Best. 904, A 1144
Sehr geehrter Herr Manstetten1!
Anliegend übersende ich Ihnen:
1. Ausführungen über die Ziffern des Abkommens vom 26.8.37 sowie die Höhe meiner Ansprüche gegen die Stadt2.
2. Ihre Berechnungen vom 10.3.37.
Soviel ich weiß, habe ich Ihnen die Zusammenstellung der von mir aufgewendeten Beträge, die s. Zt. die Stadt gemacht hat, schon übergeben. Ich bitte Sie, sich von Herrn Dr. Fin[c]k3 Namens der Stadt eine Bestätigung der von mir ausgesprochenen Anfechtung und eine Erklärung dazu zu erbitten. Lassen Sie sich bitte auch eine Abschrift meiner Anfechtungserklärung geben. Ich hatte mir das Conzept zurückbehalten, es ist anscheinend verlegt worden.
Ferner bitte ich Sie festzustellen, ob Herr Fin[c]k im Besitze der Erklärung des Herrn Stadtdirektor Laut4 über den zu Grunde liegenden Beschluß des Rechtsausschusses ist. Ich erinnere mich, daß die Erklärung des Herrn Laut, in der er mitteilt, daß der Rechtsausschuß einen Beschluß des Inhalts, daß ein Auftrag der Stadt vorliege, und daß die Stadt mir aus diesem heraus meine Aufwendungen ersetzen müsse, gefaßt habe, sich in den Eingängen befunden hat. Da aber bei der Stadt noch ein ziemliches Durcheinander herrscht, könnte diese Erklärung nicht an die richtige Stelle gelangt sein.
Herr Laut wird wohl auch in der Lage sein zu erklären, ob die Stadt die Fliegerschäden seiner Zeit angemeldet hat oder nicht, ev. was sie bekommen hat.
Da die Schadensersatzpflicht zunächst die Wiederherstellung des früheren Zustandes auferlegt und erst subsidiär Entschädigung in Geld eintritt, ist die Stadt zur Beseitigung der Schäden, die in den Häusern infolge schuldhafter Unterlassung rechtzeitiger Beseitigung des ersten Schadens eingetreten sind, in natura verpflichtet.
Mit vielen Grüßen Ihr ergebener
Der Kölner Rechtsanwalt Friedrich Manstetten hatte Adenauer bereits in seinen Auseinandersetzungen mit der Stadt Köln nach 1933 vertreten; hierzu zahlreiche Angaben bei Rudolf Morsey, Adenauer und der Nationalsozialismus, S. 479-485.
In diesem dreiseitigen Schriftsatz ›Meine Forderungen an die Stadt Köln‹ vom 11.10.1945 hatte Adenauer einen am 26.8.1937 notgedrungen mit der nationalsozialistischen Kölner Stadtverwaltung eingegangenen Vergleich angefochten, bei dem er unter erheblichem Verlust in den Verkauf seines 1911 erbauten, 1925/26 erweiterten Hauses Max-Bruch-Str. 6 eingewilligt hatte, um sich so wenigstens einen Teil des ihm seit 1933 verweigerten Ruhegehalts und die finanzielle Grundlage für den erneuten Hausbau in Rhöndorf zu sichern. Die nunmehr – im Anschluss an ein bereits am 7.6.1945 an die Stadt Köln gerichtetes Anfechtungsschreiben – erhobenen Forderungen Adenauers: »1) Rückübertragung der Häuser Max-Bruch-Str. 6 und 4, 2) Zahlung meiner Aufwendungen abzüglich dessen, was ich aus dem Auftragsvertrag an Werten erhalten und daher der Stadt zu ersetzen habe. Diese Ziffern liegen fest. Soviel ich mich erinnere, habe ich zu fordern rund RM 183.326,–. Hiervon würde evtl. abzuziehen sein die Baugeldhypothek in Höhe von RM 103.000. Die Zinsenfrage müßte noch besonders untersucht werden.« Eine ausführliche Darstellung des Rechtsstreites in den 30er Jahren und der Wiedergutmachungsbemühungen Adenauers 1945 (die 1946 zur Auszahlung unrechtmäßig einbehaltenen Ruhegehalts in Höhe von ca. 12.000 RM führten) gibt Rudolf Morsey, Adenauer und der Nationalsozialismus.
Der von Adenauer genannte »Dr. Fink« dürfte identisch sein mit dem Kölner Beigeordneten Gustav Finck (1880-1970), der 1945 das Dezernat Recht und Sicherheit leitete und ebenfalls ab 1945 als Präsident der Kölner Rechtsanwaltskammer fungierte; vgl. Toni Diederich, Adenauer als Oberbürgermeister, S. 507, 515.
Zu Stadtdirektor Hans Laut ist in StBKAH (14.04) lediglich erhalten: ein Schreiben Lauts an Adenauer vom 15.1.1946, in dem er seine Glückwünsche zum 70. Geburtstag (Adenauer möge »bei bester Gesundheit baldigst an die Spitze unseres neuen Staates treten«) mit dem – offensichtlich auf diesen Rechtsstreit bezogenen – Hinweis verbindet, »daß in den letzten Wochen wieder eine gewisse Klique am Werke ist, um einen vor mir angeblich betätigten Gegensatz zu Ihnen zu konstruieren. Diese Leute sind zu dumm – vielleicht auch bösartig –, um die außerordentlich schwierige Situation des Jahres 1933 und der ersten folgenden Jahre sowie meinen immer und immer wieder bewiesenen Willen zur Milderung aller Härten und zum Helfen zu erkennen.«