Rhöndorfer Ausgabe Online
An Oberstudienrat Dr. Josef Schnippenkötter
, DüsseldorfStBKAH 07.03
Sehr geehrter Herr Schnippenkötter1,
Vielleicht wissen Sie, daß ich meinen Wohnsitz in Rhöndorf beibehalten habe. Infolgedessen kommen sonntags die Rhöndorfer mit ihren Sorgen zu mir.2 Eine sehr wesentliche Sorge ist das dortige Realgymnasium für Jungens, auf dem auch mein jüngster Sohn sich befindet. Ich kenne die Verhältnisse auf dieser Schule sehr gut. Ich übersende Ihnen anliegend ein Schreiben des Studienrates Dr. Haag vom 9. September wegen seiner Verwendung. Herrn Dr. Haag kenne ich seit acht Jahren. Er ist ein tüchtiger Mann, guter Lehrer und einwandfreier Charakter. Ich kann ihn nur bestens empfehlen.
Weiter sende ich Ihnen ein Schreiben des Herrn Haag, ebenfalls vom 9.d.M. wegen eines Gebäudes für das Realgymnasium in Honnef. Das bisherige Gebäude des Realgymnasiums ist völlig ungeeignet und unwürdig. Das frühere Gauschulungsgebäude, das sog. Feuerschlösschen, ist ausgezeichnet geeignet für die Zwecke der Schule. Ich bitte, möglichst behilflich zu sein, daß das Honnefer Realgymnasium dieses Gebäude bekommt. Dabei bitte ich Sie zu bedenken, daß das Gymnasium in Linz, wie mir gesagt wurde, weil es zerstört ist, nicht wieder eröffnet wird, daß ebenfalls die Kalkuhl’sche Realschule in Oberkassel nicht wieder eröffnet werden soll, so daß das Honnefer Realgymnasium die einzige höhere Lehranstalt für die ganze Gegend ist. Ich lege Ihnen auch diese Sache recht an’s Herz und bitte Sie, Schritte zu tun, evtl. Dr. Haag zu raten, was er tun soll.
Dann lege ich noch ein drittes Schreiben des Dr. Haag bei, dessen Inhalt ohne weiteres klar ist.
Mit vielen Grüßen
Ihr sehr ergebener
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister
Zu seiner schulpolitischen Tätigkeit im Amt des Abteilungsleiters im nordrhein-westfälischen Kultusministerius und der ihm dort zuteil gewordenen Unterstützung Adenauers zahlreiche Angaben bei Maria Halbritter, Schulreformpolitik, S. 67, 70f., 273; vgl. auch Burkhard van Schewick, Die katholische Kirche, S. 60.
Zu der im nachfolgenden von Adenauer geschilderten schulischen Situation ist keine weitere Korrespondenz erhalten; vereinzelte Angaben zur Entwicklung des Honnefer Schulwesens auch in diesem Zeitraum finden sich in dem Überblick ›Bad Honnef – Stadt der Schulen‹, in: August Haag (Hg.), Bad Honnef am Rhein. Beiträge zur Geschichte unserer Heimatgemeinde anläßlich ihrer Stadterhebung vor 100 Jahren, Bad Honnef 1962, S. 206-228. Der Herausgeber dieser Festschrift, der Honnefer Heimathistoriker und langjährige Vorsitzende des Rhöndorfer Heimat- und Geschichtsvereins, August Haag, ist identisch mit dem von Adenauer in diesem Schreiben empfohlenen Studienrat; jahrelange Bekanntschaft und gegenseitige Wertschätzung werden durch einen im Besitz der Familie Haag befindlichen Briefwechsel unter Beweis gestellt.