Rhöndorfer Ausgabe Online
An Major N.B.J. Huijsmans
, Düsseldorf-BenrathStBKAH 07.10, mit ms. Briefkopf: »Mitglied des Zonenbeirats«, Durchschlag mit Begleitschreiben an Dr. Otto Boelitz, Soest
Sehr geehrter Herr Hu[ij]smans1!
Herr Dr. Otto Boelitz, Soest, hat mich gebeten, Sie über seine Tätigkeit bei dem Ibero-Amerikanischen Institut zu unterrichten2. Ich bin dazu umsomehr in der Lage, als ich mit dem verstorbenen Professor Lehmann, der, wenn ich nicht irre, Direktor des Instituts war und als Kenner Südamerikas internationalen Ruf besaß (er war Ehrenprofessor der Universität Mexico), recht befreundet war. Herr Lehmann war verheiratet mit einer Kusine meiner verstorbenen Frau. Ich habe Herrn Lehmann jahrelang regelmäßig jeden Monat in Berlin gesprochen. Er hat mir dann, da er von seiner wissenschaftlichen Aufgabe ganz erfüllt war, stets von der Arbeit des Ibero-Amerikanischen Instituts erzählt. Bis zur Herrschaft des Nationalsozialismus war danach das Ibero-Amerikanische Institut völlig unpolitisch und ein rein wissenschaftliches Unternehmen. Was später aus dem Institut geworden ist, weiß ich nicht, da ich nach 1933 nicht mehr nach Berlin kam und Herr Lehmann auch schon bald starb. Ich kann auf das Bestimmteste erklären, daß man Herrn Boelitz aus seiner Tätigkeit am Ibero-Amerikanischen Institut nicht den geringsten Vorwurf machen kann. Herr Boelitz glaubt, daß die Lizenzerteilung an ihn wegen seiner Tätigkeit an diesem Institut noch immer zurückgehalten würde und ist deswegen begreiflicherweise beunruhigt.
Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie die Erteilung beschleunigen würden, denn, wie ich bereits gesagt habe, die Tätigkeit am Ibero-Amerikanischen Institut kann bei Anlegung des strengsten Maßstabes kein Hindernis sein.
Ich kenne auch im übrigen Herrn Boelitz seit vielen Jahren als einen besonders zuverlässigen charaktervollen Mann, und es würde mich sehr freuen, wenn bald seine Angelegenheit in Ordnung kommen würde. Mit wirklichem Vergnügen denke ich an Ihren Besuch zurück. Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald wiedersehen würden.
Mit ergebensten Grüßen
Ihr
(Adenauer)
Zu Huijsmans, britischer Major, 1946 Leiter der ›Information Services Control Branch‹ der Militärregierung, vgl. Heinz-Willi Gross, Die Deutsche Presse- Agentur, S. 45.
Den Kontakt zu Huijsmans nutzte Adenauer in diesem Zeitraum unter anderem auch für die Beschaffung britischen Pressematerials; hierzu Schreiben Huijsmans' vom 24.9.1946 (Mitteilung, dass es ihm gelungen sei, Adenauer auf der »Verteilungsliste« zu platzieren) und das Dankschreiben Adenauers vom 4.10.1946 (»Die Zeitungen gehen mir jetzt regelmäßig zu«; StBKAH 07.01).
Hierzu ist umfangreiche Korrespondenz zwischen Boelitz (1929 Begründer, bis 1934 Leiter des Ibero-Amerikanischen Instituts) und Adenauer aus dem Frühjahr/Sommer 1946 erhalten. Unter anderem enthält ein von Boelitz am 4.9.1946 – in Abschrift – übermitteltes Empfehlungsschreiben Adolf Grimmes vom 8.4.1946 detaillierte gründungsgeschichtliche Angaben zum Ibero-Amerikanischen Institut.
Über die Hintergründe der 1946 geführten Diskussion (Ablehnung Boelitz' als Lizenzträger der ›Westfalenpost‹) informiert Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 148f.; zur Einschätzung des Instituts durch die Besatzungsmacht (als sog. ›betreute Organisation‹ des nationalsozialistischen Regimes) vgl. Irmgard Lange (Bearb.), Entnazifizierung, S. 88.