Rhöndorfer Ausgabe Online
An Oberpräsidenten Dr. Robert Lehr
, DüsseldorfStBKAH 07.02
Sehr verehrter Herr Lehr!
Mein älterer Bruder, Prof. Justizrat Adenauer in Gielsdorf bei Bonn, bittet mich, Sie für eine dort schwebende Angelegenheit zu interessieren, die für ihn absolut lebenswichtig ist.
Er ist Rechtsanwalt am Landgericht in Köln. Er hat trotz seines Alters noch eine erhebliche konsultative Praxis. Er ist in Köln ausgebombt und wohnt jetzt in Gielsdorf bei Bonn. Infolge seines körperlichen Zustandes kann er nicht den Weg zur nächsten Bahnstation zurücklegen, noch die überfüllten Züge benutzen. Auf den Verdienst als Rechtsanwalt sind er und seine Frau zum Leben angewiesen. Es war ihm von der Fahrbereitschaft Bonn sein Auto genehmigt worden. Der Wagen ist ihm jetzt entzogen worden. Er hat Beschwerde beim Oberpräsidium, Abt. Verkehr, in Düsseldorf eingelegt. Wenn Rechtsanwälten überhaupt kein Wagen mehr zugebilligt werden kann oder soll, so darf ich vielleicht anführen, daß er den Wagen erhalten hat als Berufstätiger, der nach einem Attest des Prof. Martini1 in Bonn zur Berufsausübung eines Wagens bedarf. Weiter darf ich noch zu seinen Gunsten anführen, daß er unter dem Nationalsozialismus als mein Bruder außerordentlich schwere finanzielle Schädigungen erlitten hat.
Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie sich des Falles annehmen würden, und bin mit verbindlichen Grüßen
Ihr sehr ergebener
Auf Martini als seinen ärztlichen Berater (der ihm 1949 die gesundheitliche Befähigung zur Übernahme des Kanzleramts attestiert habe) verweist Adenauer in seinen Erinnerungen (1945-1953, S. 228; 1955-1959, S. 120).