Rhöndorfer Ausgabe Online
Aktennotiz über eine Besprechung im Pressehaus Düsseldorf
StBKAH 08.57
1. Am 15. Februar hatte ich eine Besprechung mit den Herren Betz und Lensing1 im Pressehaus in Düsseldorf über die Presse der CDU in der brit. Zone. Die Herren erklärten übereinstimmend folgendes:
Der Mangel an Journalisten sei ganz außerordentlich groß, besonders in der brit. Zone. In Süddeutschland gebe es mehr. Die Zeitungen, die jetzt erscheinen würden, sollten nach dem Willen der Engländer nicht lediglich Parteizeitungen sein, sie unterständen auch nicht der Aufsicht der Partei, sie dürften an diese auch nichts von ihren Erträgen abführen. Dr. Betz sagte, die Zeitungen würden viel Gewinn abwerfen. Die Bilanzen würden von den Engländern kontrolliert werden. Er werde viel Geld darauf verwenden, um sich Nachwuchs zu sichern. Er stelle deshalb junge Leute ein, die Aussicht böten, einmal gute Journalisten zu werden, auch wenn er jetzt keine unmittelbare Verwendung für sie habe. Das sei auch der Grund, weswegen er Dr. Six2 aus Köln eingestellt habe. – Beide Herren stimmten meinem Vorschlag zu, eine Parteikorrespondenz zu gründen, die im wesentlichen folgende beiden Aufgaben haben solle:
1. Die CDU Presse mit Nachrichten zu versehen,
2. Für eine einheitliche geistige und politische Ausrichtung der CDU-Presse zu sorgen.
Beide bezeichneten als den besten Sitz dieser Parteikorrespondenz Hamburg, weil dort die besten Informationen zu erhalten seien. Sie hielten Dr. Ruppert für geeignet zur Führung der Korrespondenz. Sie waren der Auffassung, daß die Einrichtung der Korrespondenz und die Finanzierung am zweckmäßigsten von den CDU-Zeitungen vorgenommen würde. Diese würden genügend Mittel dazu zur Verfügung haben.
2. Ich schnitt dann die Frage der Gründung einer Wochenschrift oder Halbmonatsschrift für die brit. besetzte Zone an mit politischem und kulturellem Inhalt. Die Herren erklärten, daß sie sich mit dieser Frage noch nicht beschäftigt hätten. Sie hielten aber die Gründung einer solchen Wochenschrift für sehr nötig. Sie seien zurzeit nicht in der Lage, einen geeigneten Herausgeber zu benennen. Sie würden über die Angelegenheit nachdenken. Die Engländer ständen im Gegensatz zu den Franzosen und Amerikanern der Herausgabe von solchen Wochenzeitschriften zögernd gegenüber. Es sei aber richtig, jetzt schon Vorsorge zu treffen, da die Vorbereitungen viel Zeit erfordern. Es bemühen sich auch schon Leute um Erteilung einer Lizenz.
Klarheit darüber, wer die Auflagenverteilung an die verschiedenen Parteien vornimmt, war nicht zu erlangen. Die Herren, insbesondere Herr Lensing, erklärten, daß er bei allen Vorstellungen, die er nach dieser Richtung hin mache, da er Vorsitzender des Verlegervereins sei, ja auch die Interessen der anderen Parteiblätter berücksichtigen müsse. Er begrüße es sehr, wenn vom Zonenausschuß beim Kontrollrat der brit. Zone ein Vorstoß unternommen würde. Er halte es für richtig, den Vorschlag, der bereits gemacht worden sei, die einzelnen Haushaltungen durch Postkarte darüber abstimmen zu lassen, welche Parteizeitung sie haben wollten, anzunehmen, als Eventualvorschlag vorzutragen, daß die Ergebnisse der letzten freien Reichstagswahlen bezüglich der Verteilung unter die größten Parteien zugrunde gelegt werden sollen. Ich habe Herrn Lensing gebeten, auf der nächsten Tagung des Zonenausschusses ein allgemeines Referat über die Zeitungsfrage zu übernehmen. Er sagte dies zu.
Angaben zu Person und Parteiarbeit besonders in der Gründungsphase bei Leo Schwering, Frühgeschichte, S. 62-64 und Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 81f.; vgl. auch Lensings Rede auf der Gründungsversammlung der CDU Westfalen in Bochum am 2.9.1945, gedruckt in der Festschrift ›10 Jahre CDU Westfalen‹.
Zu den parteipolitischen Anfängen des langjährigen Adenauer-Mitarbeiters (in Partei- und Landespolitik, vornehmlich in der Geschäftsführung der CDU-Landtagsfraktion) vgl. Leo Schwering, Frühgeschichte, S. 148, 202.