Rhöndorfer Ausgabe Online

18. April 1946 (Rhöndorf)

An Rechtsanwalt Dr. Otto Schmidt

, Wuppertal-Barmen

Original in LAV NRW R, RWN 0119/1, Druck: Otto Schmidt, Zur Frühgeschichte der CDU Wuppertal, S. 50-52.


Sehr geehrter Herr Schmidt!

Auf Ihr gefl. Schreiben vom 12. d. Mts.1 betreffend Herrn Heile erwidere ich ergebenst folgendes:

Die Anregungen zu den Einigungsverhandlungen sind von Herrn Heile ausgegangen. Herr Heile war bei mir in Rhöndorf, und ich habe in der Folge wiederholt mit ihm in Hamburg konferiert. Herr Heile erklärte, daß er an unserem Programm nichts auszusetzen habe. Sein Begleiter bei der ersten Verhandlung in Rhöndorf, Herr Middelhauve, Opladen, erklärte allerdings, daß er mit dem Programm nicht einverstanden sei. Er könne nicht zugeben, daß ‹hinsichtlich der Volksschule›2 der Wille der Erziehungsberechtigten, der Eltern, ausschließlich maßgebend sein müsse. Der Staat habe ein Recht mitzusprechen.

Bei den späteren Verhandlungen mit Herrn Heile drehte es sich einzig und allein darum, ob wir bereit seien, aus unserem Namen das Wort »Christlich« zu streichen und uns lediglich noch »Demokratische Union« zu nennen. Herr Heile behauptete, das sei nötig, weil sonst seine Leute nicht mitmachten. Es werde sonst der Anschein hervorgerufen, daß seine Partei »kapituliert« habe. Ich habe ihm darauf geantwortet:

1) Die Grundsätze des Christentums seien das Fundament unserer Partei. Wir könnten unter keinen Umständen davon absehen, dem auch im Namen der Partei Ausdruck zu geben.

Ich habe noch hinzugefügt, wenn wir jetzt das Wort »Christlich« streichen würden, würde das ja einen geradezu katastrophalen Eindruck machen.

2) Ich habe ihm angeboten, im Falle einer Vereinigung dafür einzutreten, daß er, Herr Heile, an sichtbare Stellen innerhalb der Organisation der CDU gestellt würde. Damit würde doch jedes Gerede von einer Kapitulation verhindert, weil man einem kapitulierenden Gegner niemals solche Stellen einräumen würde.

Herr Heile hat daraufhin mit seinen Parteifreunden Rücksprache genommen. Er blieb aber dann bei seiner Forderung auf Änderung des Namens. Das habe ich rundweg abgelehnt.

So sehr ich bedauere, daß die Einigungsverhandlungen gescheitert sind, so darf ich andererseits doch hervorheben, daß die Demokraten lediglich in Süddeutschland (Württemberg) und in Hamburg Bedeutung besitzen. In Hamburg schweben noch Einigungsverhandlungen. Die württembergische CDU-Partei will von einer Einigung mit den Demokraten einstweilen nichts wissen.

Interessieren wird es Sie noch, daß Herr Heile nach seiner eigenen Erklärung schon vor langen Jahren aus der Kirche ausgetreten ist und auch bisher den Weg zurück noch nicht gefunden hat.

Mit hochachtungsvollen Grüßen
Ihr ergebener
Adenauer


  1. ^

    Gestützt auf Presseberichte hatte sich Schmidt nach dem Ausgang der Verhandlungen zwischen Adenauer und Wilhelm Heile erkundigt. Heiles Position sei für seinen eigenen Wuppertaler Kreisverband von besonderer Bedeutung, da er mit einer kürzlich gehaltenen Rede »gerade auf die evangelischen Kreise hier sehr stark gewirkt haben soll. Dadurch hätten diejenigen Kreise der Bekennenden Kirche hier, die in der FDP stünden (3 Stadtverordnete der FDP gehören der Bekennenden Kirche an), starken Auftrieb bekommen.«

  2. ^

    ‹ › hs. von Adenauer eingefügt.