Rhöndorfer Ausgabe Online

18. August 1945 (Köln)

An Regierungspräsident Dr. Wilhelm Boden

, Koblenz

StBKAH 08.05


Lieber Herr Boden,

Ob ich kommen kann am 23. d.M., ist noch immer unsicher, da ich noch keinen Paß habe. Ich komme so bald wie möglich. Wenn ich am 23. d.M. nicht komme, werde ich wohl am 30. d.M. kommen. Morgen wird hier die Christlich-Demokratische Partei gegründet unter starker Beteiligung der Protestanten1. Mir ist mitgeteilt worden von hiesigen früheren Zentrumskreisen, daß dort hauptsächlich als Träger der neuen Partei in Frage kämen die unten genannten Herren2:
außer Ihnen
Rechtsanwalt Heinrich-Koblenz3
Rechtsanwalt Kaspers, der Führer der
Raiffeisen-Genossenschaft
Das Programm der Partei im einzelnen steht noch nicht fest. Die wesentlichsten Punkte sind: Staatsführung nach christlichen Grundsätzen, wie sie sich im Laufe der europäischen Geschichte entwickelt haben, demokratisch, stark sozial.
Durchschlag dieses Schreibens lasse ich dem Abt Herwegen zur Orientierung zugehen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
gez. (Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister


  1. ^

     Zur Gründung der Kölner CDP (ohne Beteiligung Adenauers) am 19.8.1945 vgl. Leo Schwering, Gründungstag der Kölner CDU am 19. August 1945, in: 10 Jahre CDU Köln, S. 48 f.

  2. ^

    Angaben zur Fühlungnahme zwischen der CDP des Rheinlandes und den hier angesprochenen Parteigründern in den nördlichen Bezirken der französischen Besatzungszone bei Leo Schwering, Frühgeschichte, S. 129.

  3. ^

    Franz Henrich, Rechtsanwalt, vor 1933 Mitglied des Zentrums, 1945 Initiator der CDP-Gründung in Koblenz, 1945/46 Parteivorsitzender in den Regierungsbezirken Koblenz, Trier und Montabaur (vor deren Einbeziehung in das am 30.8.1946 geschaffene Land Rheinland-Pfalz); vgl. Hans Georg Wieck, Christliche und freie Demokraten, S. 77, 86, 88-96.
    Angaben zur Fühlungnahme zwischen der CDP des Rheinlandes und den hier angesprochenen Parteigründern in den nördlichen Bezirken der französischen Besatzungszone bei Leo Schwering, Frühgeschichte, S. 129.