Rhöndorfer Ausgabe Online
An Elisabeth Schulze-Roessler
, RhöndorfHAStK Acc. 2, A 366
Sehr geehrte Frau Schulze-Roessler1!
Leider gibt es keine Möglichkeit, festzustellen, ob Ihr Schwiegersohn in amerikanische Gefangenschaft geraten ist. Die Menge der Gefangenen ist eben so groß, daß eine Nachforschung zur Zeit auch mit amerikanischer Hilfe nicht stattfinden kann2. Inzwischen sind ja aber sehr viele Gefangene von den Amerikanern entlassen worden und werden weiter noch entlassen werden3. Ich hoffe, daß Sie Ihren Schwiegersohn dann bald wiedersehen werden.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebener
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister
Elisabeth Schulze-Roessler, in Adenauers Nachbarschaft in Rhöndorf ansässig, hatte sich am 19.4.1945 an Adenauer mit der Bitte um Hilfe für ihren kriegsgefangenen Schwiegersohn gewandt: »Kanonier Walther Hensel, 21 Gütersloh i. W., Sammeldurchgangslager L VI, Herzebracherstr., Baracke 9.« Damit ist das Schicksal des früheren Syndikus (1929-1937) und späteren Oberstadtdirektors (1946-1964) der Stadt Düsseldorf, Dr. Walther Hensel (1899-1986) angesprochen, der nach eigener Auskunft kurz vor dem Adenauer-Schreiben, am 11.6.1945, aus der Kriegsgefangenschaft wieder nach Düsseldorf zurückgekehrt war und am 22.6.1945 seinen Dienst als Düsseldorfer Beigeordneter antrat; vgl. Walther Hensel, 3 x Kommunalpolitik, S. 54-56; hier (S. 71f.) auch Angaben zu seiner Beteiligung an der CDU-Gründung in Düsseldorf und im Rheinland sowie zu seiner in diesem Zusammenhang wichtigen persönlichen Kontaktaufnahme mit Adenauer am 31.8.1945 (gemeinsamer Besuch mit Karl Arnold in Köln; vgl. hierzu Klaus Dreher, Der Weg, S.126 und Detlev Hüwel, Karl Arnold, S.67).
Ein Gefangenen-Suchdienst wurde in Köln erst am 1.9.1945 geschaffen.
Am 10.7.1945 meldete der ›Kölnische Kurier‹ eine bis dahin erreichte Gesamtzahl von 9 000 in die Heimatstadt zurückgekehrten Soldaten.