Rhöndorfer Ausgabe Online
An Rechtsanwalt Dr. Otto Schmidt
, Wuppertal-BarmenOriginal in LAV NRW R, RWN 0119/1, mit ms. Briefkopf: »Vorsitzender der Landespartei der CDU und des Zonenausschusses«
Sehr geehrter Herr Schmidt!
1) Ihr Schreiben vom 20.2.1 habe ich de Programmausschuß des Zonenausschusses vorgelegt. Die Herren, unter denen sich mehrere evangelische Parteifreunde, darunter auch ein führendes Mitglied der Bekennenden Kirche, befanden, waren einstimmig der Auffassung, daß sich die Aufnahme des gewünschten Passus in den Programmentwurf nicht empfehle, da in dem Programmentwurf die christliche Grundlage der Partei völlig klar zum Ausdruck komme. Der Entwurf ist mit einigen Abänderungen einstimmig angenommen worden. Er wird schnellstens gedruckt und der Oeffentlichkeit übergeben werden. Ich lege Ihnen ein Exemplar und den zugehörigen Aufruf bei2.
2) Es wird mir eine Freude sein, am 5.5. vormittags 11 1/2 Uhr bei Ihnen zu sprechen3. Da man zurzeit noch nicht weiß, wie die Situation dann sein wird und vielleicht ein ganz anderer akuter Anlaß vorhanden sein könnte, schlage ich Ihnen vor, die Ankündigung allgemeiner zu fassen und etwa zu sagen, was wir wollen.
3) Bei meiner Rückkehr aus der Sitzung des Zonenausschusses fand ich Ihr Telegramm vor4. Wir hatten in der Zwischenzeit schon vom Zonenausschuß eine Entschließung gefaßt. Diese wird der maßgebenden Stelle überbracht werden.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse und bin mit freundlichen Grüßen
Ihr ergebener
Adenauer
Zur Antwort Adenauers vgl. Rudolf Uertz, Christentum, S. 78. Verbindungen zwischen der Neheim-Hüstener Programmdiskussion und dem Inhalt dieses Briefes konnten nicht nachgewiesen werden, da neben dem bei Helmuth Pütz gedruckten kurzen Ergebnisprotokoll ein »ausführlicher Bericht« zwar angekündigt wurde (vervielfältigtes Schreiben von Landesgeschäftsführer Dr. Schreiber an die CDU-Landesverbände vom 5.3.1946 in StBKAH 08.58), aber, soweit dem Bearb. ersichtlich, tatsächlich nicht zustandekam.
Der Neheim-Hüstener ›Aufruf!‹ (an »alle neuaufbauwilligen Kräfte…, den christlichen Gedanken und das hohe Ideal wahrhafter Demokratie zur Grundlage der Erneuerung zu machen«) machte, in Ergänzung des eigentlichen Appells, auch das verabschiedete CDU-Programm einer breiten Öffentlichkeit zugänglich; zahlreiche Exemplare des Erstdrucks in StBKAH 08.07, Druck: Ossip K. Flechtheim (Hrsg.), Dokumente Bd. 2, S. 48 f.
Mit einem weiteren Schreiben vom 22.2.1946 hatte Schmidt um die Teilnahme an einer Versammlung in der Wuppertaler Stadthalle gebeten. Sein Themenvorschlag: »Christlich demokratischer Aufbau«; zu der am 5.5.1946 durchgeführten Veranstaltung und zur Wuppertaler Rede Adenauers vgl. Hans-Peter Schwarz, Vom Reich, S. 431 und Anneliese Poppinga, Geschichtsverständnis, S.78.
Diesen Aufenthalt in Wuppertal nutzte Adenauer auch zu einer Besprechung mit dem dortigen CDU-Vorstand: eine darüber von Adenauer angefertigte Aktennotiz vom 7.5.1946 gibt Aufschluss über die unterschiedlichen Positionen in der Programm- bzw. Präambelfrage. Adenauer führte unter anderem aus, »daß mir die Aufführung von religiösen Wahrheiten in einem Parteiprogramm und die öftere Nennung des Namen Gottes oder Christus in einem solchen unangebracht erscheinen.« Gleichwohl konzedierte er, »daß, wenn die Vereinigung der CDU der britischen Zone mit derjenigen der amerikanischen Zone erfolge, Änderungen am Programm und der Präambel noch vorgenommen werden würden« (StBKAH 08.54/3); zur ›Wuppertaler Position‹ vgl. Otto Schmidt, Zur Frühgeschichte, S. 50 und Rudolf Uertz, Christentum, S. 80.
Originaltelegramm vom 1.3.1946 in StBKAH 08.57 betr. »Kürzung der Rationen«, allgemeine Ernährungslage und Stimmung in der Bevölkerung. Druck der hierzu bereits vom CDU-Zonenausschuss gefassten Entschließung: Helmuth Pütz (Bearb.), Konrad Adenauer, S. 125.