Rhöndorfer Ausgabe Online
An Bürgermeister Wilhelm Warsch
, KrefeldStBKAH 08.53, Abschrift an Dr. Otto Schmidt mit Begleitschreiben vom 23.2.1946 (Original in LAV NRW R, RWN 0119/1)
Ich erhielt Ihr gef. Schreiben vom 6.2.462 am 20.2. In der Zwischenzeit habe ich von Herrn Stadtdirektor Dr. Hensel ein Schreiben bekommen und ebenfalls ist mir mitgeteilt worden, daß die Angelegenheit Dr. Schmidt und Dr. Hensel schon auf einer früheren Sitzung des Landesvorstandes in Ihrer Gegenwart behandelt und dahin entschieden worden war, daß gegen die beiden Herren in keiner Weise etwas einzuwenden sei. Diese Tatsache war mir bei der Besprechung in Krefeld-Uerdingen am 5.2. unbekannt. Ihr Auftreten in dieser Sitzung erhält durch die Tatsache, daß es sich um eine bereits entschiedene Angelegenheit handelte, ein anderes Aussehen. Es sieht so aus, als ob für Sie nicht sachliche, sondern persönliche Erwägungen maßgebend gewesen seien bei Ihrem Vorbringen am 5.2. Es ist dadurch eine erhebliche Spannung zwischen Ihnen und den Herren Dr. Schmidt und Dr. Hensel eingetreten. Ich kann eine solche Spannung als Vorsitzender der Landespartei nicht dulden. Ich ersuche Sie daher, sie durch direkte Verhandlungen mit den genannten Herren aus der Welt zu schaffen. Falls Sie das ablehnen sollten oder falls Ihr Versuch nicht zu dem gewünschten Ziele führen sollte, werde ich mich als Vorsitzender einschalten müssen. Ich möchte das aber – wenn irgend möglich – vermeiden und die Bereinigung solcher persönlicher Angelegenheiten erst den Beteiligten überlassen.
Was nun Ihren in Ihrem Brief vom 6.2.46 gegen mich dreimal wiederholten Tadel angeht3 so bin ich durchaus für offene Aussprachen und für offene Kritik. Ich muß es aber entschieden ablehnen, von Ihnen einen derartigen Tadel entgegenzunehmen. Ich glaube, daß das Ergebnis der Abstimmung restlos Klarheit geschaffen hat. Ich weise noch darauf hin, daß die Zusammensetzung des 6-gliedrigen Ausschusses – davon, daß er an die Spitze der Landespartei gestellt ist, ist mir nichts bekannt – auf einen Vorschlag des Arbeitervertreters Strunk hin erfolgt ist. Wenn die Arbeitervertreter Wünsche haben, so sind sie sicher Manns genug, um diese zu äußern. Ich glaube, daß man jedem irgendwie berechtigten Wunsche stattgeben wird.
Mit hochachtungsvollem Gruß ‹Ihr›4
Sein Beitrag zum Parteiaufbau und zur Programmdiskussion ist vor allem von seinem Freund Leo Schwering gewürdigt worden (Frühgeschichte, passim); ergänzend hierzu liegt ein eigener Erinnerungsaufsatz von Warsch vor: Die Programmdiskussion und ihr Werk, in: 10 Jahre CDU in Köln, S. 37-40.
Druck: Konrad Adenauer. Seine Zeit – sein Werk, S. 138f.; vgl. auch Rudolf Morsey, Konrad Adenauer und die Gründung, S. 105.
Im Rückblick auf den Diskussionsverlauf in Krefeld-Uerdingen hatte Warsch Adenauer in dreifacher Hinsicht »einen schlechten Start« attestiert: »… als Sie es zuließen, daß mein Vorschlag, zu einer einheitlichen und harmonischen Erledigung der Frage der Vorsitzenden zu kommen, durch Mehrheitsbeschluß verworfen wurde … als Sie die Tatsache der mehrjährigen Zugehörigkeit zum Völkisch-Alldeutschen Verband und einer mehrjährigen sogenannten Anwärterschaft zur NSDAP bei einem mit Ihnen in die Spitze der Landespartei gewählten Herrn zu bagatellisieren suchten. … weil Sie es zuließen, daß bei der Zusammensetzung der sechsköpfigen Spitze der Landespartei außer einem Gewerkschaftsbeamten alle übrigen Mitglieder Akademiker sind.« Zum zweiten von Warsch erhobenen Vorwurf (betr. Dr. Walther Hensel und besonders die Vorstands-Kandidatur von Dr. Otto Schmidt) ist ein weiterführender Briefwechsel aus dem März 1946 erhalten.
Schlussformel auf Durchschlag nur unvollständig erhalten.