Rhöndorfer Ausgabe Online
An Frau Theo Kirschbaum
HAStK Acc. 2, A 358
Sehr geehrte gnädige Frau1!
Ihr Schreiben vom 25.6. gelangte am 20.8. in meinen Besitz.
Für die anläßlich meiner Amtsübernahme ausgesprochenen Glückwünsche danke ich Ihnen herzlichst.
Mit Bedauern vernahm ich das Geschick Ihres Gatten und Ihres Sohnes. Daß Sie unter diesen Umständen seelisch leiden, ist durchaus verständlich. Aber Sie teilen dieses Los mit vielen anderen. Auch zwei meiner Söhne befinden sich noch in Kriegsgefangenschaft.
Leider kann ich Ihnen über den Verbleib Ihres Gatten keine Auskunft geben. Bei den zeitigen Verhältnissen ist es mir auch nicht möglich, von hier aus irgendwelche Ermittlungen anzustellen. Ich hoffe jedoch, da z.Zt. sehr viele Kriegsgefangene entlassen werden, daß auch Ihre Angehörigen bald wieder frei sind.
Mit vorzüglicher Hochachtung!
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister.
Frau Kirschbaum, durch Kriegsschicksal (Vernichtung der »Fabriken und Privathäuser« ihrer Familie in Aachen) nach Oberbayern evakuiert, hatte ihr Schreiben anlässlich eines Transportes ins Rheinland persönlich übermitteln lassen. Ihre Bitte um Auskunft über ihren Mann (»Sie standen ja noch in Korrespondenz mit ihm, vielleicht können Sie etwas von ihm erfahren«) hatte sie u. a. mit einem Hinweis auf ihren Schwiegervater verbunden: den früheren Aachener Stadtverordneten Theodor Kirschbaum, der vor Adenauers Wahl zum Kölner Oberbürgermeister 1917 für die Stadt Aachen die Verhandlungen über eine dort ebenfalls zur Diskussion stehende Oberbürgermeister-Kandidatur Adenauers geführt hatte (und in den 1920er Jahren u. a. auch dem Aufsichtsrat der Kölner Messegesellschaft – Vorsitzender: Adenauer – angehörte); vgl. Klaus Pabst, Die Aachener Oberbürgermeisterwahl von 1916, in: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Bd. 84/85 (1977/78), S. 745-781.