Rhöndorfer Ausgabe Online

23. September 1946 (Rhöndorf)

An Journalist Peter Lütsches

, Düsseldorf

StBKAH 07.11, ohne Anrede


Ich bestätige den Eingang Ihres Schreibens vom 19.9.46, von dessen Inhalt ich mit Interesse Kenntnis nahm1.

Ich begrüße die Bildung von Vereinigungen der Verfolgten des Nazi-Regimes, wenn sie ihre Mission in der Pflege der Kameradschaft sehen, die die ehemaligen politischen Gefangenen in den Konzentrationslagern verband, wenn sie sich einmütig in den Dienst des Wiederaufbau's unseres zerstörten Vaterlandes stellen, wenn sie überparteilichen Charakter tragen, ihre Vorstände überparteilich bilden und ihre Hauptaufgabe in der Überbrückung der Gegensätze sehen, die kaum ein Jahr nach dem Zusammenbruch der Hitlerschen Gewaltherrschaft in einer Form zum Ausdruck kommen, die dem Gedanken der Demokratie und eines gedeihlichen Zusammenwirkens aller aufbauwilligen Kräfte durchaus abträglich sind.

Ich bejahe die zwingende Notwendigkeit ausreichender materieller Hilfeleistungen an die Hinterbliebenen, an die Witwen und Waisen, deren Männer im Konzentrationslager ums Leben kamen, und an jene Unglücklichen, die durch ihren Aufenthalt in den Lägern zu siechen und kranken Menschen geworden sind. Ihnen allen zu helfen, ist eine Ehrenpflicht der Nation.

Mit vorzüglicher Hochachtung
gez.: Adenauer
 


  1. ^

    Hierin Angaben zur Gründung der ›Vereinigungen von Verfolgten des Nazi- Regimes (VVN)‹ anlässlich einer Interzonenkonferenz am 20.7.1946 in Frankfurt/Main; dem Sekretariat für die britische Zone gehörten neben ihm (Lütsches, als CDU-Vertreter) der Hamburger Senator Franz Heitgres (KPD) und der Arnsberger Regierungsrat Leo Radtke (SPD) an.