Rhöndorfer Ausgabe Online

25. Juli 1945 (Köln)

An das Mutterhaus der Missionsschwestern vom Heiligsten Herzen Jesu

, Hiltrup bei Münster

StBKAH 07.02, ohne Anrede


Herr Direktor Müller, Hohenlind, und einige Ihrer Schwestern glaubten, daß Sie mir in folgender Angelegenheit helfen würden:
Es soll eine Zusammenkunft stattfinden zwischen dem Bürgermeister von Hamburg, Herrn Petersen, und einem bekannten Hannoveranischen Politiker, Herrn Oberbürgermeister a.D. Menge, und mir, um gemeinsame Angelegenheiten der britischen Besatzungszone zu besprechen. Ich habe den Herren Ihr Kloster1 vorgeschlagen in der Hoffnung, daß Sie uns von Samstag, 28. d. M., am Spätnachmittag bis Montag, den 30. d. M., früh beherbergen und beköstigen würden. Ich bin mir klar, wie unbescheiden in der heutigen Zeit eine derartige Bitte ist, aber es ergab sich leider keine andere Möglichkeit zu einer ruhigen Verhandlung. Ich bitte Sie deswegen, uns aufzunehmen. Es wird sich insgesamt um vielleicht 4–5 Herren und 3 Chauffeure handeln. Wir müssen versuchen, Ihnen Ihre Gastfreundschaft irgendwie zu vergelten. Bitte sagen Sie auch Herrn Oberpräsident Amelungsen2 [!], daß ich kommen würde und mich freuen würde, ihn zu sprechen. Ich bitte Sie nochmals, diese Unbescheidenheit mit der Eigenart der Zeit, in der wir leben, zu entschuldigen.

Mit hochachtungsvollen Grüßen
Ihr sehr ergebener
gez.
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister


  1. ^

    Das Kloster Hiltrup bei Münster diente in dieser Zeit häufiger als die – vom westfälischen Oberpräsidenten Amelunxen vorgeschlagene – Begegnungsstätte führender deutscher Persönlichkeiten aus dem Raum zwischen Köln und Hamburg; vgl. Hermann Pünder, Von Preußen, S. 197 und Akten zur Vorgeschichte Bd. 1, S. 45; zu Vorbereitung und Ergebnis der Reise Adenauers unter parteipolitischem Aspekt der CDP-Gründung vgl. weiterhin die Darstellung Leo Schwerings: Adenauers »wenige Tage später kommender Bericht war voller Skepsis…« Die Aussichten für die Zusammenarbeit der christlichen Konfessionen seien mäßig (Frühgeschichte, S. 92).

  2. ^

    Zahlreiche Angaben zu Amelunxens langjährigen Kontakten zu Adenauer (der – Abiturientenjahrgang 1894 – wie er – Jahrgang 1909 – aus dem Kölner Apostelgymnasium hervorgegangen ist) in seinen Lebenserinnerungen ›Ehrenmänner und Hexenmeister‹; hier (Kap. IX. Zwischen Schutt und Ruinen, S. 145-160) auch Ausführungen zur Amtsübernahme (Juli 1945) und zur Tätigkeit im westfälischen Oberpräsidium im ersten Nachkriegsjahr. Korrespondenz mit Adenauer ist aus dieser Zeit nur unvollständig erhalten – so in HAStK Acc. 2, A 363 lediglich ein Schreiben Amelunxens (ohne Tagesangabe) vom September 1945, zu dem das Bezugsschreiben vom 18.8.1945 fehlt.
    Auf zwei weitere Briefe Adenauers nimmt ein Schreiben Amelunxens vom 21.8.1945 Bezug, das in StBKAH 07.01 erhalten ist. Hier ergibt der inhaltliche Rückschluss: Bemühungen Adenauers für seinen Neffen, den Regierungsrat (und späteren Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Innenministerium) Ludwig Adenauer sowie Übermittlung des Wunsches nach Unterstützung für den Regierungspräsidenten a.D. Adolf Sonnenschein.