Rhöndorfer Ausgabe Online

25. September 1945 (Köln)

An den Präsidenten der Reichspostdirektion Köln, Josef Baumhoff

HAStK Acc. 2, A 365


Sehr geehrter Herr Baumhoff,

Haben Sie vielen Dank für Ihren Brief vom 24.9.19451.

Die Klagen Ihrer Beamten werden in vielen Beziehungen durchaus gerechtfertigt sein. Die Ursache liegt zum erheblichen Teil in der schlechten Verteilungsorganisation in Deutschland. Hinzu kommt, daß anscheinend die englische Militärbehörde hier besonders streng ist.

Es wäre mir lieb, wenn Sie mir mitteilten, welche Ihrer Beamten in 14 Wochen kein Fleisch bekommen haben. Das kann nur an der örtlichen Verteilung liegen.

Tabak hat es keinen in Köln gegeben, weil alle Tabakvorräte für die Polen, Russen und andere ausl.- Arbeiter beschlagnahmt worden sind.

Es wird aber auch für Köln demnächst wieder Tabak geben2.

Ich beabsichtige in einer großen Versammlung in der Aula der Universität die Bevölkerung aufklären zu lassen und erwarte davon eine gewissen Beruhigung3.

Leider kann ich am 28.9.45 nicht mit Ihnen zu Herrn Esser in Euskirchen fahren. Man hat mir auf den 28.9. seitens der britischen Militärbehörde eine sehr wichtige Sitzung angesagt, an der ich teilnehmen muß.

Mit vielen Grüßen
Ihr sehr ergebener
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister

 


  1. ^

    Baumhoff hatte Adenauer auf »die täglich zunehmende Verbitterung des Personals« wegen der Versorgungslage (die in Köln ungleich schlechter sei als z. B. in Hamburg, Bonn oder Düsseldorf) aufmerksam gemacht, »weil ich sehe, daß die Unzufriedenheit geflissentlich geschürt und für parteipolitische Zwecke mißbraucht wird … Das Kernübel muß man wohl darin erblicken, daß wir keine zentrale Regierungsstelle haben, die für einen gerechten Ausgleich der Güter sorgt.«

  2. ^

    Hierzu der Hinweis von Toni Diederich (Adenauer als Oberbürgermeister, S. 513) auf die kurz vor diesem Schreiben stattgefundene Kölner Verwaltungskonferenz vom 21.9.1945: Adenauer teilt die Beschlagnahmung von 200.000 Zigarren mit, die nunmehr an die Bevölkerung weitergeleitet werden sollten.

  3. ^

    Damit angesprochen: Rede Konrad Adenauers am 1.10.1945 aus Anlass der ersten Sitzung der Kölner Stadtverordnetenversammlung; Druck: Verhandlungen der Stadtverordneten – Versammlung zu Köln. 1. Sitzung vom 1. Oktober. Köln 1945, S. 5-7; Teildruck: Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 31-33. Vgl. auch den am 2.10.1945 veröffentlichten Sitzungsbericht des ›Kölnischen Kurier‹.