Rhöndorfer Ausgabe Online
An Generalkonsul Dr. Franz Rudolf von Weiss
, Bad GodesbergStBKAH 07.03, mit ms. Briefkopf »Oberbürgermeister a.D. Mitglied des Zonenbeirats«
Sehr verehrter Herr von Weiss!
Aus Anlaß der Taufe Ihres Söhnchens drängt es mich und meine Frau, Ihnen und Ihrer Gattin nochmals zu sagen, wie sehr wir uns darüber freuen, daß Ihr Herzenswunsch erfüllt und nunmehr das Fortleben Ihrer alten Familie im Mannesstamm gesichert ist. Sie wissen, wie sehr ich die Schweiz achte. Ich weiß, daß gerade das Bestehen der alten Familien in der Schweiz und die Pflege des Familiensinnes eine sehr wesentliche Stütze der Schweizer Tradition ist. Ich freue mich daher, daß der Name »von Weiss« weiterbestehen wird.
Wir kennen uns, sehr verehrter Herr von Weiss, nunmehr seit über 25 Jahren. Ich habe in meiner früheren Eigenschaft als Kölner Oberbürgermeister und dann während des Nationalsozialismus und auch, als ich nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wieder Oberbürgermeister von Köln wurde, mich immer wieder davon überzeugen können, mit welch ganz ungewöhnlicher Hingabe Sie sich der Interessen Ihrer Landsleute angenommen haben, wie es gleichzeitig Ihnen durch Ihre ausgezeichnete Haltung und stete Hilfsbereitschaft gelungen ist, in den weitesten deutschen Kreisen Verehrung und Hochachtung zu erwerben. Daß es Ihnen in der nationalsozialistischen Zeit möglich war, trotz aller Schwierigkeiten, die Ihnen gemacht wurden, Herr der Situation auch gegenüber den nationalsozialistischen Behörden zu bleiben, ist für all die Gegner des Nationalsozialismus immer eine besondere Freude gewesen. Gerade in den letzten Tagen wurde in Köln unter der größten Anerkennung Ihrer stetigen Hilfsbereitschaft gegenüber Ihren eigenen Landsleuten und gegenüber den Deutschen in den rühmendsten Worten gedacht. Verzeihen Sie, daß ich das so ausführlich Ihnen sage, aber es drängte mich, gerade aus Anlaß des schönen Festes, das Sie feiern, Ihnen gegenüber das noch einmal zum Ausdruck zu bringen.
Ihr sehr ergebener
(Adenauer)