26. Juli 1946 (Rhöndorf)

Von Mitte September bis Ende November 1944 war ich als Gefangener in dem Gestapo-Gefängnis Brauweiler b/Köln. Da das Gebäude Eigentum der Provinzialverwaltung in Düsseldorf war, war deren Angestellter, Hauptwachtmeister Dahmen, Brauweiler, auch in dem Gefängnis tätig. Ich war ihm unterstellt. Ich habe Gelegenheit gehabt, sein Verhalten anderen Gefangenen gegenüber zu beobachten und mit diesen über den Hauptwachtmeister Dahmen zu sprechen. Hauptwachtmeister Dahmen hat sich gegenüber allen Gefangenen, insbesondere auch gegenüber mir, tadellos benommen. Er hat nicht nur alles vermieden, was das Los der Gefangenen verschärfen konnte, er hat im Gegenteil alles getan, ihr Los zu mildern, auch unter Übertretung der für ihn erlassenen Vorschriften. Wie ich höre, ist Hauptwachtmeister Dahmen als Blockwalter der NSV aus seinem Dienste entlassen. Ich habe die Verhältnisse in der Anstalt Brauweiler kennen gelernt und kann den Druck beurteilen, der von dem Leiter der Anstalt, einem haßerfüllten Nationalsozialisten, auf seine Untergebenen ausgeübt worden ist. Ich bin der Auffassung, daß er unter diesem Drucke Blockwalter der NSV wurde. Es ist alles Mögliche, daß er nicht dem Druck, der auf ihn ausgeübt wurde, folgend, Mitglied der NSDAP geworden ist. Ich weiß, daß Herr Dahmen seine kirchlichen Pflichten öffentlich treu und gewissenhaft erfüllt hat.

Auf Grund meines genauen Einblicks in die Verhältnisse in der Anstalt Brauweiler und meiner Kenntnis der Persönlichkeit Dahmen's bin ich der Auffassung, daß es ein großes Unrecht wäre, ihn aus seinem Amte zu entfernen.

(Adenauer)