Rhöndorfer Ausgabe Online
An Stadtdirektor Dr. Walther Hensel
, Düsseldorf-OberkasselStBKAH 08.52
Sehr geehrter Herr Hensel!
Dankend bestätige ich den Empfang Ihres Briefes über die Fortsetzung der Godesberger Besprechung1. Ich habe immer wieder betont, daß ich durchaus auf dem Boden stehe einer Zusammenarbeit mit der SPD. Ich habe auch Herrn Dr. Schumacher vor dem sozialdemokratischen Parteitag in Hannover durch Herrn Minister a. D. Grimme, Hannover, mitteilen lassen, daß ich ihn bäte, diese unsere Partei so sehr verletzenden Angriffe zu unterlassen. Trotzdem hat Herr Dr. Schumacher auch wieder auf diesem Parteitag ausgeführt, daß die CDU eine Besitzverteidigungspartei sei und das Christentum nur als Tarnung verwende2.
Ehe ich mich auf weitere Besprechungen im Sinne der Godesberger Abmachungen einlasse, müßte volle Gewähr dafür gegeben sein, daß die den Godesberger Abmachungen zu Grunde liegende Auffassung auch von entscheidenden Stellen der SPD jetzt geteilt wird.
Mit ergebensten GRüßen
Ihr
(Adenauer)
Das Schreiben Hensels ist in StBKAH nicht erhalten; zum Godesberger CDU/SPD-Treffen vgl. Rudolf Morsey, Der politische Aufstieg, S. 41 – zur vorausgegangenen persönlichen Auseinandersetzung Schumachers mit Adenauer [bereits im August 1945!] die ausführlichen Hinweise bei Albrecht Kaden, Einheit oder Freiheit, S. 73.
Zur Auseinandersetzung Schumachers mit der CDU auf dem 1. Parteitag der SPD der Westzonen (9.-11.5.1946 in Hannover) vgl. Lewis J. Edinger, Kurt Schumacher, S. 280. Druck der Rede: Arno Scholz/Walther G. Oschilewski (Hg.), Turmwächter der Demokratie. Ein Lebensbild von Kurt Schumacher Bd. II, S. 75-101.
Hinweise auf diese Rede finden sich bereits bei Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 200f.