Rhöndorfer Ausgabe Online
An die Vorsitzenden der CDU/CSU-Landesverbände in der britischen und amerikanischen Zone und Jakob Kaiser
, BerlinStBAH 08.06, Verteiler: »An den Vorsitzenden der Christlich-Sozialen Union Bayern, Herrn Dr. Josef Müller, München; Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Württemberg, Herrn Minister Andree, Stuttgart; Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Nord-Baden, Herrn stellvertr. Ministerpräsidenten Köhler, Karlsruhe; Vorsitzenden der Christlich-Demokratischen Union Großhessen, Herrn Minister Dr. Hilpert, Darmstadt; Herrn Jakob Kaiser, Berlin.«
Dem Zonenausschuß der CDU in der britischen Zone habe ich in seiner Tagung am 25./26.4.1946 in Neunkirchen/Westfalen Mitteilung gemacht von unserer Besprechung in Stuttgart am 3.4.1946. Der Zonenausschuß begrüßt die Zusammenfassung der 3 Parteien in der amerikanischen Zone sowie den hoffentlich baldmöglichen Zusammenschluß der Parteien aller Zonen1. Der Zonenausschuß war auch mit der Stuttgarter Stellungnahme bezüglich des Sitzes der zukünftigen Reichsleitung durchaus einverstanden. Über die Frage des Namens der Reichsorganisation wurde man sich noch nicht schlüssig. Man will erst das Ergebnis der Verhandlungen der Parteien in der amerikanischen Zone abwarten. Ich schlage Ihnen vor, diese ganzen Angelegenheiten auf einer in nicht zu ferner Zeit stattfindenden Zusammenkunft, ähnlich der in Stuttgart, zunächst mündlich zu erörtern.
Auf dem Zonenausschuß wurde weiter das Ergebnis der Beratungen des Interzonenausschusses über den demnächstigen Reichsparteitag besprochen. Der Zonenausschuß kam einmütig zu folgender Stellungnahme: Der Interzonenausschuß2 ist seinerzeit auf der Godesberger Tagung in sehr plötzlicher Weise geschaffen worden, um die bis dahin noch nicht möglich gewesene Verbindung zwischen den Parteien der verschiedenen Zonen in etwa sicherzustellen. Inzwischen sind die Verhältnisse vollkommen anders geworden. Diese Verbindung ist jetzt direkt möglich. Sie findet zweckmäßig über die Vorsitzenden der verschiedenen Parteien statt. Der Zonenausschuß der britischen Zone hält daher die Aufgabe dieses Interzonenausschusses für erfüllt.
Zu den Vorschlägen, die der Interzonenausschuß für den Verlauf des Reichsparteitages in Heidelberg gemacht hat, hat der Zonenausschuß folgendes beschlossen:
Der Reichsparteitag soll in erster Linie intensiver Arbeit an den z. Zt. dringendsten Fragen gewidmet sein. Unter diesem Gesichtspunkte bedürfen die Vorschläge des Interzonenausschusses über die Gestaltung des Parteitages, die zu behandelnden Themen und die dazu zu bestellenden Referenten, sowie der Vorschlag über die Beschickung des Reichsparteitages einer Nachprüfung durch die Vorsitzenden der Parteien in den einzelnen Zonen. Dem Zonenausschuß erschienen die von dem Interzonenausschuß gemachten Vorschläge nach entscheidenden Richtungen hin änderungsbedürftig.
Ich bitte um möglichst baldige Stellungnahme zu diesen Beschlüssen des Zonenausschusses der britischen Zone und insbesondere zu dem Vorschlag einer demnächstigen Zusammenkunft der Vorsitzenden.
Mit hochachtungsvollen Grüßen
Ihr ergebener
gez. A
(Adenauer)
Zum nachfolgenden vgl. das Protokoll dieser Zonenausschuss-Tagung bei Helmuth Pütz (Bearb.), Konrad Adenauer, S. 137f.
Dieser Ausschuss war beim Godesberger Reichstreffen Mitte Dezember 1945 eingerichtet worden, um »für die Zukunft die ideelle und politische Zusammenarbeit der Christlich Demokratischen Union aller Zonen zu sichern … Mit der Bildung eines Sekretariats, in dem die Berichte und Anregungen aus allen Zonen zusammenlaufen und von wo aus sie wieder überall hin weitergeleitet werden, wurde Herr Dörpinghaus, Frankfurt a. M., Blumenstraße 3, beauftragt«. Über die »Erste Reichstagung der Christlich-Demokratischen Union in Godesberg am 14., 15. und 16. Dezember 1945« – auf der unter anderem Einigung über den Parteinamen CDU erzielt wurde – gibt eine 1946 als Heft 5 der Schriftenreihe der CDU des Rheinlandes erschiene Broschüre des Generalsekretärs Karl Zimmermann Auskunft; vgl. auch Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945-1953, S. 53-55 sowie die ausführliche Darstellung bei Leo Schwering, Frühgeschichte, S. 150-167 und Werner Conze, Jakob Kaiser, S. 42-45.