Rhöndorfer Ausgabe Online
An Landrat Wilhelm Heile
, SykeStBKAH 08.68
Sehr geehrter Herr Heile!
Wie ich von Herrn Oberpräsidenten Dr. Steltzer höre1, betrachten Sie die Verhandlungen zwischen unseren Parteien als endgültig gescheitert2. Ich bedaure das sehr. Ich hatte angenommen, daß Ihre Parteifreunde im Hinblick darauf, daß die Programme beider Parteien nur in geringen Punkten differenzieren, sich um des größeren Zieles willen hätten entschließen können, der CDU beizutreten, wenn dadurch, daß Ihnen – dem erwählten Führer Ihrer Partei – ein leitender Posten in der CDU übertragen würde, für die ganze Öffentlichkeit klar werden würde, daß von einer Kapitulation Ihrer Partei nicht die Rede sein könnte. Wenn sich die Stimmung Ihrer Parteifreunde ändern sollte, so würde ich jederzeit gerne zu Verhandlungen zur Verfügung stehen. Ich betone nochmals, daß es für die CDU aus prinzipiellen Gründen ganz unmöglich ist, auf das Wort »Christlich« zu verzichten. Die CDU sieht bei der gegenwärtigen parteipolitischen, seelischen und materiellen Lage des deutschen Volkes die Möglichkeit seiner Rettung einzig in einer entschiedenen Betonung christlicher Grundsätze. Wenn die CDU jetzt sogar in ihrem Namen das Wort »christlich« fallen ließe, so würde das überall so aufgefaßt werden, als wenn sie ihr Programm aufgäbe.
Ich darf Ihnen, sehr verehrter Herr Heile, nochmals versichern, wie ich mich freuen würde, wenn es doch noch gelänge, unser gemeinsames Ziel zu erreichen.
Mit besten Grüßen
Ihr sehr ergebener
A
Korrespondenz liegt hierzu nicht vor; Gelegenheit zu einem Gespräch mit Steltzer (als schleswig-holsteinischer Oberpräsident Verwaltungsvertreter im Zonenbeirat) hatte Adenauer am 26./27.3.1946 in Hamburg gehabt.
Hierzu richtigstellend die Antwort Heiles vom 13.4.1946: Er könne sich genauso wenig wie Adenauer mit dem Gedanken anfreunden, »daß meine Bemühungen um den Zusammenschluß unserer beiden Parteien gescheitert sein sollen«. In mittlerweile – zwischen Paul Otto für die CDU, NLP-Vertretern und Heile für die FDP – geführten Gesprächen sei allerdings klargestellt worden, daß nur unter der Voraussetzung wirklicher Gleichberechtigung der drei Partner bzw. Parteien ein Zusammenschluß, nicht aber ein Anschluß an die CDU möglich sei; » … die Einigung tatsächlich völlig unmöglich« mache der von Adenauer in diesem Schreiben erhobene Anspruch auf das christliche Element im Parteinamen.