Rhöndorfer Ausgabe Online
Bescheinigung für Wilhelm Karl Gerst
, Frankfurt/MainHAStK Acc. 2, A 356/1, ohne Begleitschreiben
Im Jahre 1944 oder 1943 war Herr Gerst1 bei mir in Rhöndorf. Er entwickelte mir damals umfangreiche Pläne für Wiederaufbauarbeit auf literarischem und Theater-Gebiet nach dem Sturz der Nationalsozialistischen Partei. Ich habe auch im Jahre 1933 Besprechungen in gleicher Hinsicht mit Herrn Gerst gehabt. Nach allem, was Herr Gerst mir vorgetragen hat, bin ich der Überzeugung, daß er ein sehr entschiedener Gegner des Nationalsozialismus gewesen ist. Nach meiner Erinnerung hat er auch mir bei der letzten Unterredung erzählt von der damals schon von ihm gegen den Nationalsozialismus entfalteten Tätigkeit.
gez.
(Dr. Adenauer)
Oberbürgermeister
Als späterer Verfasser von in der DDR erschienenen offiziellen Agitationsbroschüren gegen die westdeutsche Nachkriegsentwicklung, finden (hier und im Schreiben an Wilhelm Karl Gerst vom 16.11.1946 sichtbar werdende) biographische Berührungspunkt keine Erwähnung. Dieser Bescheinigung liegt ein Schreiben von Gerst nicht bei; einer (namentlich nicht gezeichneten) verwaltungsinternen Information ebenfalls vom 31.7.1945 zufolge, war die Bescheinigung von der Militärregierung angefordert worden: ein Vertreter der Information Control Division komme »morgen und bittet um schriftlichen Bescheid darüber, an was sich der Herr Oberbürgermeister noch in diesem Zusammenhang erinnert.« Zu den Hintergründen dieses Vorgangs (Lizenzierung der ›Frankfurter Rundschau‹ im Juli 1945, dabei durchgeführte Nachforschungen wegen Gerst, erstes Erscheinen der Zeitung am 31.7.1945) vgl. Harold Hurwitz, Die Stunde Null, S. 133 f.