Rhöndorfer Ausgabe Online

5. August 1946 (Rhöndorf)

An Rechtsanwalt Dr. Friedrich Manstetten

, Köln

StBKAH 06.05, Durchschlag mit Begleitschreiben an Dr. Karl Müller, Bad Godesberg-Friesdorf


Sehr geehrter Herr Manstetten!

Auf Ihr gefl. Schreiben vom 22.7. d. Js., in dem Sie vorschlagen, daß die Arbeitsgemeinschaft für Grundbesitz als Büro Herrn Dr. Karl Müller attachiert werden solle, erwidere ich Ihnen ergebenst, daß ich es für ganz ausgeschlossen halte, diesem Vorschlag zuzustimmen1. Wir müssen uns in der Frage der Bodenreform gegenüber den Forderungen, die von einem großen Teil der Bevölkerung, ich betone: nicht nur von links-eingestellten Leuten, erhoben werden, und gegenüber den Maßnahmen der Großgrundbesitzer durchaus neutral verhalten. Diese Neutralität würde durch Annahme Ihres Vorschlages als nicht mehr gewährleistet erscheinen. Herr Dr. Müller ist aber jederzeit bereit, die Ansichten der Arbeitsgemeinschaft zu hören2.

Ich hörte vor wenigen Tagen von dem Herrn Regierungspräsidenten Hackethal, Münster, einige Fälle aus Westfalen, die ein derartiges Unverständnis nicht nur gegenüber den sozialen Forderungen unserer Zeit, sondern auch gegenüber allen christlichen Grundsätzen zeigten, daß ich darüber geradezu empört bin. Durch ein derartiges asoziales Verhalten, wenn auch einzelner adeliger Großgrundbesitzer, werden alle aufs Schwerste getroffen und geschädigt.

Ich glaube daher, der Arbeitsgemeinschaft empfehlen zu sollen, daß sie auf alle Großgrundbesitzer entsprechend einwirkt.

Mit besten Grüßen
Ihr ergebener
(Adenauer)


  1. ^

    Manstetten hatte Adenauer als Geschäftsführer der – vom Fürsten Salm geleiteten – Arbeitsgemeinschaft angeschrieben: Da an der Genehmigung der Arbeitsgemeinschaft durch die Militärregierung Zweifel bestünden, schlage er vor, ihr durch Anbindung an die CDU »einen politisch mindestens offiziösen Charakter« zu verleihen.

  2. ^

    Hierzu ein Schreiben Müllers an Adenauer vom 26.7.1946 (StBKAH 06.05)