Rhöndorfer Ausgabe Online
An den Beigeordneten Georg Jossen
, HonnefStBKAH 08.55/4
Sehr geehrter Herr Jossen!
Ich erhielt Ihr gefl. Schreiben vom 29.1.46 wegen der Zusammensetzung des Kreistages1. Wie ich zu meinem Erstaunen sehe, haben Sie und die Ihnen bekannten Herren sich alle der früheren Zentrumspartei angeschlossen. Die Bayerische Volkspartei, die zuerst auch als selbständige Partei ins Leben getreten war, hat, wie Sie vielleicht nicht wissen werden, alle Eigenbrödelei fallen lassen und sich der CDU angeschlossen2. Der Erfolg ist Ihnen bekannt. Es ist sehr schade, daß wir in Rheinland und Westfalen anscheinend noch nicht so weit sind. In der Angelegenheit Zusammensetzung des Kreistages bedaure ich, nichts tun zu können, da es sich um eine interne Angelegenheit der Zentrumspartei handelt3.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr ergebener
In diesem Schreiben des Honnefer Beigeordneten und CDU-Mitbegründers Georg Jossen (1881-1949) Informationen über eine in Siegburg stattgefundene Besprechung der Kreisleitung »der früheren Zentrumspartei« mit ehemaligen Zentrumsanhängern aus Honnef zwecks Aufstellung der Kreistagskandidaten.
Zur Bayerischen Volkspartei (nach dem Ersten Weltkrieg als regionale Abspaltung aus dem Zentrum entstanden) vgl. Rainer Prätorius in: Frank Wende (Hg.), Lexikon zur Geschichte der Parteien, S. 73 – zur Beteiligung ihrer führenden Mitglieder (unter anderem Fritz Schäffer und Alois Hundhammer) an der am 8.1.1946 in München vollzogenen CSU-Gründung vgl. Walter Berberich, Die historische Entwicklung, S. 56f.
Zu dem erst nach diesem Schreiben einsetzenden bzw. durch Adenauers Stellungnahme beschleunigten Klärungsprozess zugunsten der CDU ein Schreiben von Anton Kröll (1884-1952) an Adenauer vom 26.2.1946 sowie ein weiteres Schreiben Adenauers an Jossen und Kröll vom 4.3.1946 (StBKAH 08.52).