Rhöndorfer Ausgabe Online
An Landrat Johannes Even
, Bergheim/ErftStBKAH 08.51
Sehr geehrter Herr Landrat!
Ihr Schreiben vom 17. Mai 1946 habe ich erhalten1. Trotz meiner äußersten Belastung mit den Geschäften der Zone und des Landes halte ich es für notwendig, Ihnen darauf kurz zu antworten. Sofern Sie mich bitten, daß ich den Herren des Kölner Parteivorstandes etwas ausrichten solle, halte ich es doch für richtig, daß Sie sich unmittelbar an den Kölner Vorstand wenden, abgesehen davon, daß meine Zeit wirklich nicht zu solchen Botendiensten reicht.
Sie können sich denken, daß uns die Entwicklung in Bergheim berechtigte Sorge macht. In einem Kreise wie Bergheim ist eine Mitgliederzahl von nur 500 einfach untragbar. Es geht nunmehr auch die Militärregierung der Nord-Rheinprovinz in steigendem Maße dazu über, sich für alle möglichen Entscheidungen zunächst über die Mitgliederzahlen der Parteien in dem betr. Gebiet zu informieren. Ich bitte Sie deshalb herzlich, die Möglichkeit der schnellen, sprunghaften Erhöhung, die Sie in Ihrem Schreiben andeuten, nunmehr kräftig auszunutzen. Ich bin erfreut, durch Ihr Schreiben zu erfahren, daß Sie sich persönlich so außerordentlich stark in Ihrem Kreise einsetzen. Ich halte es aber nicht für richtig, daß Sie persönliche Angriffe gegen Mitglieder des Landesvorstandes mit der allgemeinen Wendung vortragen, daß es Ihnen nicht bekannt sei, daß die Genannten Nennenswertes für die Partei geleistet hätten. Ich weiß nicht, ob Sie in Bergheim die Möglichkeit haben, die örtliche Tätigkeit eines jeden Mitgliedes des Landesvorstandes zu beurteilen. Ich bin außerdem der Ansicht, daß es absolut unzweckmäßig ist, daß Sie einen Unterschied zwischen Akademikern, Arbeitern, Bauern und Mittelständlern machen, bzw. dem Landesvorstand oder bestimmten Kreisen die soziale Einstellung mehr oder weniger absprechen. Aus Ihren Zeilen spricht ein Mißtrauen, welches zu den Komplexen einer längst vergangenen Zeit gehören müßte. Durch Ausführungen wie die Ihrigen werden aber unnötig sogenannte Standesunterschiede aufgeworfen, was besser unterblieben wäre. Ich bin überhaupt der Ansicht, daß man seine Meinung, auch wenn sie von derjenigen anderer abweicht, frei von Gereizt[heit] halten und sie offen unmittelbar zwischen den Beteiligten zum Ausdruck bringen sollte. Ich halte es deshalb für richtig, daß Sie sich unmittelbar mit dem Parteivorstand in Köln ins Benehmen setzen. Mir ist bisher lediglich bekannt, daß aus Sorge um die Entwicklung des Mitgliederbestandes in Bergheim Überlegungen angestellt worden sind, wie man in Bergheim helfen könne. Es war dabei auch erwogen worden, ob man unter völliger Belassung der Selbständigkeit und kreispolitischen Führung des Kreisvorstandes Bergheim lediglich organisatorisch eine Einbeziehung vornehmen könne, so daß Kölner Werbemethoden, Kölner Geld und Kölner Redner für Bergheim nutzbar gemacht werden könnten. Sie werden mir zugeben, daß dieser Gedanke immerhin der Überlegung wert ist. – Auf welche Art und Weise die Angelegenheit in die Presse kam, entzieht sich meiner Kenntnis.
Hochachtungsvoll
(Adenauer)
Even hatte sich wegen einer Mitteilung der ›Kölnischen Rundschau‹ an Adenauer gewandt, derzufolge »in der letzten Sitzung der Vertreterversammlung Köln Stadt und Land erwogen wurde, die CDU des Kreises Bergheim in die Parteiverwaltung Köln zu übernehmen.«