Rhöndorfer Ausgabe Online
An die Militär-Regierung
, KölnHAStK Acc. 2, A 1458, ohne Anrede und Schlussformel, mit hs. korrigierten Entwürfen
Ich nehme Bezug auf die Besprechung, die ich am letzten Freitag, 1.6., mit Capt. Schweizer gehabt habe und in der ich den Antrag stellte, der Stadt Köln die Möglichkeit der Herausgabe eines täglich erscheinenden Blattes zu verschaffen1, das die wesentlichsten Meldungen des Londoner Senders2 und der Sendungen »Amerika ruft Deutschland« sowie Anzeigen und Bekanntmachungen enthalten soll. Ich habe zur Begründung angeführt, daß die Bevölkerung Kölns in vollkommener Unkenntnis sei über das, was in der Welt wirklich vorgeht, daß infolgedessen alle möglichen, die Bevölkerung beunruhigenden Gerüchte Verbreitung finden und daß es mir unbedingt notwendig erscheint, der Bevölkerung geistige Anregung dadurch zu geben, daß man ihr die oben genannten Radio-Sendungen auf diesem Wege zugänglich macht3. Ich halte die Aufnahme von geschäftlichen etc. Anzeigen ebenfalls für geboten.
Capt. Schweizer stellte mir die Genehmigung dieses Antrages in Aussicht. Ich habe daraufhin den Plan mit sachverständigen Herren weiter durchgesprochen. Das Ergebnis ist folgendes:
Die Zeitung umfaßt 4 Seiten. Sie erscheint täglich, außer Montags. Der Titel lautet: »Kölner Echo« (oder »Kölner Stadtblatt«). Herausgeber ist das Nachrichtenamt der Stadt Köln im Auftrage des Oberbürgermeisters. An der Spitze der Zeitung würden die vom Londoner Sender gebrachten »Nachrichten in Schlagzeilen« als Überschriften erscheinen. Der Vertrieb erfolgt durch Herrn Jos. Breuers4, der 42 Jahre im Dienste der Kölnischen Volkszeitung und der Frankfurter Zeitung die nötigen Fachkenntnisse erworben hat. Er ist nicht Mitglied der NSDAP gewesen und genügt jedenfalls den Anforderungen der Militär-Regierung.
Bei dem Nachrichten-Hunger, der in der Kölner Bevölkerung besteht, bitte ich um möglichst umgehende schriftliche Genehmigung. Ich bin überzeugt, daß das Erscheinen dieses Blattes sehr wesentlich sein wird für die Aufklärung und geistige Umstellung der Bevölkerung von Köln und Umgebung.
gez. Dr. Adenauer
Hierzu, unter Verwendung dieses Briefes und unter Hinweis auf das vorläufige Scheitern solcher Pläne, Toni Diederich, Adenauer als Oberbürgermeister, S. 514.
Damit ist wohl der am 4.5.1945 in Betrieb genommene ›Besatzungssender Hamburg‹ der britischen Zone gemeint: die Keimzelle des im September 1945 geschaffenen ›Nordwestdeutschen Rundfunks‹ (der am 26.9.1945 auch aus dem Funkhaus Köln seine erste Sendung ausstrahlte); vgl. Dierk Ludwig Schaaf, Politik und Proporz, S. 5-7, 44.
In einem am 10.7.1945 im › Kölnischen Kurier‹ veröffentlichten Interview mit dem britischen Berichterstatter der United Press führte Adenauer hierzu weiter aus, dass »für die politische Neuerziehung des deutschen Volkes ... bessere Informationsmöglichkeiten« unerlässlich seien, »schon um den wilden Gerüchten entgegenzutreten, die beim Ausbleiben regelmäßiger Nachrichten so leicht entstehen. Er habe daher die britischen Besatzungsbehörden gebeten, aus der Wochenzeitung ›Kölnischer Kurier‹ eine Tageszeitung für Köln zu machen«.
Zu Josef Breuer, seiner langjährigen Tätigkeit als Redakteur ›Kölnische Volkszeitung‹ bis 1933 und seinem Beitrag zum Aufbau des Pressewesens in Köln 1945 zahlreiche Angaben bei Josef Hofmann, Journalist.