Rhöndorfer Ausgabe Online

Zur Edition des Briefwerks

[Leicht bearbeitet entnommen aus: Adenauer. Rhöndorfer Ausgabe. Briefe 1945-1947. Herausgegeben von Rudolf Morsey und Hans-Peter Schwarz. Bearbeitet von Hans Peter Mensing, Berlin 1983, S. XIII-XXII]

Der vorliegende Band umfasst 572 Briefe Konrad Adenauers vom 14. Januar 1945 bis zum 3. Juli 1947. Der im Frühjahr 1984 erscheinende zweite Band enthält weitere 599 Briefe aus der anschließenden Korrespondenz bis zur Verkündung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949. Die zwischen den beiden Bänden liegende Zäsur ergibt sich aus dem Briefwerk selbst: Adenauer hält sich im Sommer 1947 mit seiner Frau Gussie während des ersten Nachkriegsurlaubs und -auslandsaufenthalts in der Schweiz auf. Die dadurch bedingte Unterbrechung in der Abwicklung seiner Korrespondenz wird von einschneidenden Ereignissen und Umbrüchen begleitet und damit auch politisch akzentuiert: das Kriegsbündnis der vier Großmächte fällt nach dem Fehlschlag der Moskauer Außenministerkonferenz im April 1947 immer weiter auseinander; die unterschiedlichen deutschlandpolitischen Interessen treten deutlicher zutage; ein letzter Verständigungsversuch der Deutschen in Ost und West untereinander (die Münchner Ministerpräsidentenkonferenz Anfang Juni) scheitert; die Westorientierung der amerikanischen, britischen und französischen Besatzungszonen nimmt festere Formen an (Ankündigung des Marshallplans); im Juni und Juli werden der Wirtschaftsrat geschaffen und die bizonalen Verwaltungsämter in Frankfurt/Main eingerichtet. Am 17. Juni erfolgt darüber hinaus mit der Wahl Karl Arnolds zum nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten eine wichtige landespolitische Weichenstellung, die für die weitere politische Tätigkeit Adenauers und auch für die Gestaltung seines Briefwerks wegweisende Bedeutung gewinnt.

 

Der Briefbestand

Die zweibändige Veröffentlichung der Nachkriegsbriefe Adenauers gibt im vollständigen Abdruck alle politisch und persönlich relevanten Schreiben aus dem von der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus betreuten schriftlichen Nachlass1 sowie dort fehlende Stücke aus anderen Archiven wieder. Ediert werden (einschließlich verschiedener direkt zum Briefwerk hinzugehörender Anlagen) insgesamt 1109 Dokumente, die sich im Besitz der Stiftung befinden, und 133 Dokumente anderer Herkunft. Zusammen entspricht dies etwa einem Fünftel des für die Jahre 1945 bis 1949 nachgewiesenen Gesamtbestandes von über 6000 Briefen. Weitere erhebliche Teile der Korrespondenz werden im Kommentar angesprochen und dort durch stichwortartige Inhaltsangaben und summarische Bestandsbeschreibungen der jeweiligen Briefkategorie und dem besonders aussagekräftigen veröffentlichten Schriftstück zugeordnet.
Die Gliederung des Rhöndorfer Archivs in private Korrespondenz (9 Leitz-Ordner), allgemeine Korrespondenz (19) und Sachbereichskorrespondenz (31) entspricht weitgehend dem nach Anweisung Adenauers von seiner Sekretärin Frau Lucie Köster geb. Hohmann entwickelten Ordnungssystems.2
Die Orientierung im privaten und allgemeinen Schriftverkehr ist anhand eingehefteter Adressatenverzeichnisse möglich. Nach Häufigkeit und Anlass der Kontaktaufnahme lassen sich im wesentlichen folgende Empfängergruppen ausmachen:
1. Nachbarn, persönliche Freunde und Bekannte der Familie sowie ganz besonders Bittsteller aus der rheinischen Heimat und näheren Umgebung von Köln, Bonn und Rhöndorf;
2. Funktionsträger und Mitglieder der CDU aus allen Bereichen des Rheinlands, Westfalens und der britischen Zone, in zunehmenden Maße auch aus den Landesverbänden Süd- und Südwestdeutschlands, dazu Parteifreunde aus dem früheren Zentrum;
3. Nordrhein-westfälische Kommunal und Landespolitiker und Parlamentarier, namentlich der Parteien der Mitte;
4. Vertreter wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Organisationen, des Rundfunks und der Presse, besonders auch der Kirchen;
5. Repräsentanten der alliierten Besatzungsstellen und Bekannte im westlichen Ausland;
6. Schließlich, mit wachsender Bedeutung in den Jahren 1947 bis 1949, die Verwaltungschefs und leitenden Beamten der bizonalen Ämter und Wirtschaftseinrichtungen sowie Delegierte des Parlamentarischen Rats.

Der personalen Aufteilung nach Briefpartnern steht die thematische Anordnung der Sachakten gegenüber. Ihre Schwerpunkte sind durch die Stationen des politischen Werdegangs Konrad Adenauers vorgegeben. Am besten belegt und demzufolge in der Edition am dichtesten vertreten sind die Einzelkorrespondenzen zu diesen Komplexen:
1. Gründung, organisatorische und programmatische Entwicklung der CDU;
2. Tätigkeit im Zonenbeirat März 1946 bis Juni 1948;
3. Landespolitik Nordrhein-Westfalen, hierzu besonders der Kontakt mit den Ministerpräsidenten Amelunxen und Arnold sowie einzelnen Ressortchefs;
4. Zonenausschuss der CDU der britischen Zone und Entstehungsprozess der CDU/CSU-Arbeitsgemeinschaft;
5. Verhältnis zu den Vertretern anderer Parteien;
6. Präsidentschaft im Parlamentarischen Rat und Diskussion des Grundgesetzes;
7. Der Europa-Kongress in Den Haag vom 7. Bis 11. Mai 1948 sowie die Berner Reder Adenauers vom 23. März 1949 und die dadurch ausgelösten internationale Diskussion (als besonders reich dokumentierte Ausnahmeereignisse).

Der Nachkriegskarriere Konrad Adenauers ist der politische Neuanfang auf der kommunalen Ebne vorgeschaltet: die Tätigkeit als Kölner Oberbürgermeister von Mai bis Oktober 1945. Die Amtsausübung während dieses Zeitraums lässt sich anhand der wenigen Belege in der Rhöndorfer Registratur nur höchst unvollständig darlegen. Daher kommt dem Zufluss aus einer anderen Quelle, den vom Historischen Archiv der Stadt Köln (HAStK) verwahrten dienstlichen Akten der Kölner Oberbürgermeister, große Bedeutung zu. Für die Zustimmung des Leitenden Archivdirektors Dr. Hugo Stehkämper zur Veröffentlichung wichtiger Vorgänge dieser Provenienz ist besonders zu danken; sie ermöglicht eine an neuen Erkenntnissen reichhaltige Dokumentation zur kommunalen Aufbauarbeit, die im Demokratierverständnis Adenauers den Auftakt und die fundamentale staatspolitische Voraussetzung der nachfolgenden Schritte bildet.


Aufschlussreich für die unmittelbare Nachkriegszeit bis hin zur abrupten Abberufung Adenauers aus seinem Kölner Amt im Oktober 1945 durch die britische Besatzungsmacht und seine Rehabilitierung zwei Monate darauf sind auch die von Dr. Hans Rörig zum Abdruck zur Verfügung gestellten Briefe, die Adenauer 1945 an ihn in die Schweiz richtete. Der ihm abzustattenden Dank gilt auch Herrn Stadtarchivdirektor Dr. Everhard Kleinertz (HAStK), den den Kontakt herstellte und darüber hinaus mit zahlreichen Hinweisen behilflich war. Dieser Briefkategorie zuzuordnen sind die ebenfalls in HAStK erhaltenen Schreiben an den langjährigen Weggefährten und Freund Adenauers, Ernst Schwering, in deren Abdruck sein Sohn, Oberstudienrat i.E. Karl E. Schwering, freundlicherweise einwilligte.


Mit Unterstützung des HAStK, dort besonders der Stadtarchivamtsrätin Ulrike Nyassi, war es weiterhin möglich, Teile des Nachlasses von Wilhelm Sollmann auszuwerten. Der Veröffentlichung der hierin enthaltenen Belege für die Bemühungen Adenauers um Kontaktaufnahme mit dem westlichen Ausland stimmte Kurator Jean R. Soderlund (Swarthmore College, Swarthmore/Pennsylvanien) zu.


Die Anfang 1946 einsetzende parteipolitische Karriere Adenauers gab Anlass, die Akten seines Landesverbands – der CDU des Rheinlands – durchzusehen. Hier ist dem stellvertretenden Landesgeschäftsführer Heinz Haupt (gest. April 1983) dafür zu danken, dass signifikante Einzelstücke in die Dokumentation und in den Kommentar einbezogen werden konnten. Der genannte CDU-Bestand wird im Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStAD) [heute Landesarchiv NRW] aufbewahrt, in dem sich auch weiteres parteigeschichtlich relevantes Schriftgut befindet, das für diese Edition ausgewertet werden konnte. Mit Hilfe von Oberstaatsarchivrat Dr. Dieter Weber geschah dies vor allem anhand der Nachlässe von Wilhelm Hamacher und Johannes Gronowski. Schlüsseldokumente der früheren Programmdiskussion der CDU befinden sich in der ebenfalls im HStAD erhaltenen Korrespondenz des späteren Staatministers Dr. Otto Schmidt; die an ihn gerichteten Adenauer-Briefe gab er dankenswerterweise zur Publikation frei.


Parallel zur Wahl Adenauers an die Spitze der CDU-Führungsgremien im Rheinland und in der britischen Zone erfolgte im Frühjahr 1946 seine Ernennung zum Mitglied des Provinzialrats der Nordrheinprovinz und des Zonenbeirats der britisch besetzten Zone. Um auch in diesen Zusammenhängen den Rhöndorfer Bestand auf Vollständigkeit zu überprüfen und in einzelnen Fällen zu komplettieren, wurden – unter freundlicher Beratung des Städtischen Archivdirektors Dr. Hugo Weidenhaupt und des Archivdirektors Dr. Günter Weller – Teile des Nachlasses des Oberpräsidenten der Nordrheinprovinz, Robert Lehr, im Stadtarchiv Düsseldorf sowie die Akten des Zonenbeirats im Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestags ausgewertet.


Die ständige Ausweitung der Aktivitäten und Kontakte Konrad Adenauers ergibt sich aus einigen Nachlässen bedeutender Zeitgenossen, die im Bundesarchiv Koblenz lagern. Die allgemeine Orientierung wie auch der Zugang zu den Beständen (besonders von Hermann Pünder und Friedrich Holzapfel) wurden von Archivoberrat Dr. Heinz Jürgen Real wesentlich erleichtert. Im Einzelfall erforderliche Genehmigungen erteilten freundlicherweise Frau Elfriede Kaiser-Nebgen (für den Nachlass ihres Mannes Jakob Kaiser), Finanzpräsident Friedrich Bracker und dessen Ehefrau Dr. Gerda Bracker, geb. Schäffer (für den Nachlass ihres Vaters Fritz Schäffer), der spätere Staatssekretär Franz Thedieck (für seinen eigenen Bestand) und Dirk Heile (für den Nachlass seines Vaters Wilhelm Heile).

Aber auch ergebnislose Recherchen verpflichten zu Dank, so an den Leiter des Archivs der Ludwig-Erhard-Stiftung in Bonn, Dr. Volkhard Laitenberger. Seine Bemühungen konnten den Rhöndorfer Negativbefund zur spärlichen Korrespondenz zwischen Adenauer und Erhard aus dem Zeitraum 1945-1949 nur bestätigen. In den folgenden Bänden der »Rhöndorfer Ausgabe« wird sich der Briefwechsel zwischen den beiden Unionspolitikern verdichten.


Abschließend und mit besonderer Herzlichkeit ist der Familie Adenauer für ihre Unterstützung des Editionsvorhabens insgesamt und ihre Hilfe bei der Klärung familiengeschichtlich relevanter Fragen zu danken. Dies gilt vor allem für die Zustimmung zum Abdruck einiger ganz und gar privater Briefe vornehmlich zur Krankheitsgeschichte und zum Tod der Ehefrau Adenauers, Gussie, im März 1948.3


Die Verbindung zu den Kindern Konrad Adenauers stellte die frühere Kanzler-Sekretärin und Geschäftsführerin der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, Dr. Anneliese Poppinga, her. Gemeinsam mit Engelbert Hommel M.A., dem Archivar der Stiftung, ragt sie zugleich aus dem Kreis der Rhöndorfer Mitarbeiter heraus, in dem die Briefedition in einem intensiven Diskussions- und Arbeitsprozess heranreifte. Ihm gehörten bzw. gehören an: Dr. Hanns Jürgen Küsters, Julia Massenkeil, Ursula Pinkus, Ursula Raths, Dr. Elisabeth Sautter und Gabriele Thelen.


Die Grundsätze und Details der Editionsarbeit wurden mit den Herausgebern, Professor Dr. Rudolf Morsey und Professor Dr. Hans-Peter Schwarz, ständig besprochen.

 

Editionsprinzipien

Ausschlaggebendes Kriterium für die AUSWAHL DER BRIEFE ist ihre geschichtliche und biographische Bedeutung. Unter diesem übergeordneten Gesichtspunkt ist in wichtigen Teilbereichen des Briefwerks die Erweiterung der Dokumentation durch den zusätzlichen Abdruck von Gesprächsaufzeichnungen, Aktennotizen und Bescheinigungen erforderlich, die den zugehörigen Brief besser verständlich machen und vervollständigen. Als zeitgeschichtlich besonders informativ erweisen sich in diesem Zusammenhang die in die Edition einbezogenen ›Persilscheine‹. Unabhängig von der Beschaffenheit und der differenzierten Handhabung eines jeden einzelnen Vorgangs4, enthalten diese Dokumente in sich und in ihrer Verbindung miteinander autobiographische Auskünfte Adenauers, wie sie in dieser Anschaulichkeit und Dichte bisher nicht zugänglich waren.


Die RELEVANZ DER SCHRIFTSTÜCKE erschließt sich in einer Briefedition vornehmlich über den Rang der Adressaten und die Bedeutung der mit ihnen erörterten Themen. Insofern erleichtert die bereits dargestellte Struktur des Rhöndorfer Bestands das Auffinden der für die Veröffentlichung in Frage kommenden Vorgänge. Doch ist die Übertragung des Gliederungsprinzips nach Briefinhalten und -empfängern auf gerade diese Publikation schwer durchführbar. So kommt es zwischen den archivischen Kategorien der Adenauer-Korrespondenz zu zahlreichen Grenzfällen und Überschneidungen, die die Festlegung auf jeweils eine Form des Briefes an einheitlich identifizierbare Adressatengruppen bzw. zu in sich geschlossenen Themenbereichen in Frage stellen und außer Kraft setzen. In seiner Privatkorrespondenz dieses Zeitraums nimmt Adenauer kurz und prägnant zu politischen und zeitgeschichtlichen Grundsatzfragen etwa der deutschen Teilung, der Vertriebenenproblematik und der gesellschaftlichen Neuordnung Stellung; Freundesbriefe (z.B. an Heinrich Weitz) sind zugleich für die nordrhein-westfälische Nachkriegsentwicklung landespolitisch relevant; Partei- und Landespolitik werden in der Korrespondenz mit Karl Arnold miteinander verknüpft; konzeptionelle Entwürfe zur deutschlandpolitischen Entwicklung fließen in die CDU-Grundsatzkorrespondenz etwa mit Jakob Kaiser ein, sind also Bestandteil der Sachakten; sie bilden zudem ein Wesensmerkmal der Auslandsbriefe dieser Jahre, die sich im privaten und allgemeinen Schriftverkehr wiederfinden.


Aus diesen Besonderheiten des Adenauer-Briefwerks wird für die Edition das Prinzip der streng CHRONOLOGISCHEN PRÄSENTATION abgeleitet. Dieses Verfahren, das gleichsam eine Synopse der Korrespondenz und der mit ihr korrespondierenden Ereignisse ermöglicht, zeigt geschichtliche Entwicklungen auf und stellt biographische Bezüge her, die durch das »Ineinander von öffentlichem Wirken und Privatheit«5 von allgemeinem Interesse sind.


Von der chronologischen Abfolge im Abdruck der Briefe (die sich in arabischer Nummerierung niederschlägt) wird nur abgewichen, wenn es die Korrespondenz eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen gilt – hierfür wird auf das Empfängeralphabet zurückgegriffen – oder um die Zuordnung zusätzlichen Aktenmaterials, von Entwürfen und Anlagen geht – hierbei werden der Aufbau des Originalbestands und damit die von Adenauer und seinen Mitarbeitern selbst verwendete Form der Ablage zugrundegelegt.


Die weitere Gestaltung der Edition zielt darauf ab, formale Einheitlichkeit herzustellen und zugleich die charakteristischen Merkmale der Vorlagen beizubehalten.


So dient zunächst die Anordnung der DOKUMENTENKÖPFE dem Zweck eines informativen Gesamtverfahrens, das schnelle Orientierung verschafft und den zeittypischen Merkmalen Rechnung trägt. Letzteres gilt vor allem für die aufgrund der Nachkriegssituation differierenden Adressaten- und Adressangaben.


Weitgehend standardisiert sind die Angaben zum Briefdatum und zum Ausfertigungsort (zugleich zum Aufenthaltsort Adenauers). Hier werden grundsätzlich nur Abweichungen vom Normalverfahren (Abwicklung in Rhöndorf) nachgewiesen und andere Büros erst im konkreten Fall aufgeführt: das Kölner Oberbürgermeisteramt in den Monaten Mai–Oktober 1945; das CDU-Landesverbands- und Zonensekretariat in Köln ab Frühjahr 1946; vereinzelt auch das Düsseldorfer Büro der nordrhein-westfälischen Landtagsfraktion ab Herbst 1946; ab Herbst 1948 dann verstärkt der neue Schauplatz Bonn, dort das Sekretariat des Präsidenten des Parlamentarischen Rats.


Der Überschrift des Dokuments ist, typographisch abgesetzt, seine BESCHREIBUNG zugeordnet. Die hierin genannte Archivsignatur wird durch weitere Informationen zur äußeren Form ergänzt, wenn Brief, Aktennotiz oder Bescheinigung gegenüber den in den meisten Fällen verwendeten Durchschlägen oder Abschriften andere oder zusätzliche Merkmale aufweisen. So ist es bei erweitertem Adressatenkreis bzw. durchschriftlicher Weitergabe eines Briefes erforderlich, den Verteiler zu nennen und damit die in der Überschrift enthaltenen Angaben näher zu erläutern. Zum Verständnis des jeweiligen Vorgangs tragen weiterhin Bearbeitungsvermerke von anderer Hand bei, die die arbeitsteilige Abwicklung der Korrespondenz und ihre Entstehungsstufen verdeutlichen. Dies gilt auch für die Briefköpfe, die erste Hinweise zum politischen Stellenwert eines Schreibens liefern und die Amtsautorität Adenauer anzeigen.


Soweit in der Zeitgeschichtsforschung und in der Adenauer-Historiographie bereits früher Briefe aus den Jahren 1945-1949 benutzt wurden, werden deren Drucknachweise im Kopfregest erwähnt. Darin wird u.a. auf den punktuell aufschlussreichen Zusammenhang zwischen dem Briefwerk und den »Erinnerungen« Konrad Adenauers hingewiesen, in deren Band 1 einige Schriftstücke ›eigener Wahl‹ erstmals veröffentlicht wurden.


Den Drucknachweisen kommt zugleich eine erläuternde Funktion zwischen Dokumentation und Kommentar zu. Dem Brückenschlag zwischen beiden Bereichen dient vor allem die quellenkundliche Beschreibung selbst: so eröffnet die Archivsignatur gleichermaßen den Zugang zum Fundort des veröffentlichten Briefes wie auch des in die wissenschaftlichen Erläuterungen einbezogenen Zusatzmaterials. Erst bei Korrespondenz und Anlagen unterschiedlicher Provenienz werden die zusätzlich benutzten Archivbestände und andere Fundorte namhaft gemacht.


Als oberstes Gebot der TEXTGESTALTUNG gilt: die wörtliche und vollständige Widergabe der Vorlagen einschließlich der von Adenauer nuanciert und variantenreich verwendeten Anrede- und Grußformeln.
Das Prinzip des unveränderten Abdrucks wird nur durchbrochen, wenn Teilaussagen eines Briefes in einer ausdrücklich gekennzeichneten Form Belange des Personenschutzes tangieren. In diesen insgesamt wenigen Fällen werden die ausgelassenen Sätze oder Abschnitte mit ‹ keilförmigen Klammern und einer nummerischen Anmerkung › markiert und im Kommentar kurz charakterisiert. Dieselbe Form des Vermerks und der satztechnischen Kennzeichnung wird bei handschriftlichen Veränderungen oder weitergehenden Texteingriff durch Adenauer selbst gewählt.


[Eckige Klammern] stehen für Hinzufügungen und Richtigstellungen des Bearbeiters bei offensichtlichen Flüchtigkeits- und Rechtschreibfehlern bzw. beim Fehlen einzelner Wortteile und Wörter, deren Ergänzung aufgrund des Sinnzusammenhangs zweifelsfrei möglich ist.


Der KOMMENTAR hat im Zusammenhang dieser Edition eine besondere Aufgabe zu erfüllen. In ihm werden sachliche Fragestellungen des Briefwerks aufgegriffen, zeitgeschichtliche und historiographische Orientierungshilfen gegeben sowie die personellen Zusammenhänge erläutert. Vor allem im biographischen Bereich sind angesichts der großen Zahl der mit Adenauer korrespondierenden bzw. in dieser Korrespondenz erwähnten Person eindeutige Akzente zu setzen. Erst durch Würdigung des lebensgeschichtlichen Hintergrundes, der Herkunft, der eigenen Interessenlage und späterer politischer und beruflicher Tätigkeiten der Briefpartner wird der personale Bezugsrahmen hergestellt, in den die Briefinhalte und die, je nach Adressat, differenzierten Äußerungen Adenauers einzuordnen sind.


Von besonderem Interesse ist es hierbei, biographische Verbindungslinien und Berührungspunkte zwischen Adenauer und seinem jeweiligen Gegenüber aufzuzeigen. Sie weisen oft weit in die Zeit vor 1933 zurück und machen die briefliche Kontaktaufnahme und den Umgangston überhaupt erst verständlich. Doch auch beiläufig erwähnte weitere Personen die in einem Briefwechsel mit Adenauer in den Nachkriegsjahren (noch) nicht oder erst relativ spät eintreten, werden schon bei ihrer jeweils ersten Nennung mit einer Kurzvita zeitgeschichtlich relevanter Daten vorgestellt.


Die Adenauer brieflich vorgetragenen Anliegen und politischen Ansichten kommen im Zitat und Regest von Kernaussagen der Gegenkorrespondenz zum Ausdruck, soweit diese nicht bereits im zugehörigen Adenauer-Schreiben selbst hinreichend wiedergegeben werden. Bei unvollständig erhaltenen Vorgängen – fehlenden Bezugsschreiben oder nicht nachgewiesenen Reaktionen – wird der Versuch der Komplettierung mittels zeitgenössischen Pressematerials, (auto-)biographischer Literatur und wissenschaftlicher Forschungsergebnisse unternommen. Darüber hinaus ordnet der Kommentar durch interne Querverweise und Rückbezüge die über längere Zeiträume hinweg behandelten Briefbeziehungen einander zu. Die vollständige Aufschlüsselung nach Personen und Sachbegriffen und damit die inhaltliche Verschränkung und Verzahnung der zahlreichen Aspekte des Briefwerks erfolgt vor allem durch die Register, die Band 2 beigebeben werden, der auch das für beide Bände gemeinsame Quellen- und Literaturverzeichnis sowie eine Liste der Personen enthalten wird, die dem Bearbeiter mit schriftlichen und mündlichen Auskünften behilflich waren.

Integrierende Bestandteile der Edition sind PHOTOS und andere zeittypische ORIGINALDOKUMENTE, die thematisch unmittelbar zum Briefwerk hinzugehören. Sie stammen, wenn nicht anders nachgewiesen, aus dem Nachlass Konrad Adenauers.

Rhöndorf im August 1983

Hans Peter Mensing

 

  1. Zum Aufbau, zur Bewertung und zur zeitgeschichtlichen Einordnung des Briefwerks insgesamt vgl. die schon 1979 von Rudolf Morsey vorgenommene und im Rahmen eines ›Rhöndorfer Gesprächs‹ der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus vorgetragenen Bestandsanalyse (Konrad Adenauer und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, in : Rhöndorfer Gespräche Bd. 3, Stuttgart und Zürich).
  2. Frau Köster kam durch Vermittlung der Hausärztin der Familie Adenauer, Dr. Ella Bebber-Buch, im März 1946 zu Adenauer  und blieb dessen Rhöndorfer Privatsekretärin bis zum Tod des Kanzlers im April 1967. Sie fand sich in den vergangenen Jahren zu mehreren ausführlichen Gesprächen mit dem Bearbeiter bereit, die erheblich dazu beitrugen, die Entstehung des Briefwerks und die konkreten Arbeitsabläufe im Kreis der Mitarbeiter Adenauers nachzuvollziehen und zeitgeschichtlich einzuordnen. Der Bearbeiter ist hierfür zu großem Dank verpflichtet.
  3. Vgl. hierzu die bereits früher veröffentlichten Angaben bei Paul Weymar, Konrad Adenauer. Die autorisierte Biographie, München 1955, S. 345-349 und in der Artikelserie von Lola Adenauer, Mein Schwiegervater, der Kanzler (Folge 4), u.a. in: »Bonner Rundschau« vom 27.12.1975.
  4. Hierzu vgl. Rudolf Morsey, Konrad Adenauer und die Gründung, S. 16.
  5. Vgl. Hans-Peter Schwarz, Der unbekannte Adenauer. Einige Aufgaben künftiger Forschung, in: ders., Dieter Blumewitz, Klaus Gotto, Hans Maier und Konrad Repgen (Hrsg.), Konrad Adenauer und seine Zeit. Politik und Persönlichkeit des ersten Bundeskanzlers Bd. II: Beiträge der Wissenschaft, Stuttgart 1976, S. 591.