Rhöndorfer Ausgabe Online
An Oberbürgermeister Dr. Heinrich Weitz
, DuisburgStBKAH 07.12, mit hs. Vermerk Hohmann »Vertraulich!«
Lieber Herr Weitz!
Inzwischen habe ich Ihren Brief vom 15.6.461 nebst Anlagen erhalten. Ich würde Ihnen dankbar sein, wenn Sie mich über den Fortgang der Angelegenheit auf dem Laufenden halten würden.
Interessieren wird Sie, daß anscheinend Herr Lehr, übrigens ohne Rücksprache mit mir, Herrn Hegmann, trotzdem sowohl Herr Müller wie Herr von Joest und ich Herrn Hegmann entschieden davon abgeraten haben, dazu gebracht hat, Nachfolger von Dr. Müller zu werden. Ich bedauere das sehr, weil ich Herrn Hegmann für nicht in der Lage halte, diesen Posten auszufüllen. Es fehlt ihm die dazu nötige verwaltungsmäßige Erfahrung. Die Angelegenheit ist um so verwickelter geworden, als die Engländer sofort nach dem Ausscheiden des Herrn Dr. Müller 46 Beamte dieser Abteilung, da sie frühere Pg's seien, entlassen haben (die Rede des Herrn Görlinger wird Ihnen hierbei ins Gedächtnis kommen)2. Ich glaube nicht, daß wir in der Lage sein werden, als Partei oder Fraktion uns hinter Herrn Hegmann zu stellen, weil er mit größter Wahrscheinlichkeit Schiffbruch erleiden wird und sein Versagen dann auf uns fallen würde, ferner aber auch, weil er – vorausgesetzt, daß meine Informationen richtig sind – den Posten nur angenommen hat, ohne sich mit der Partei vorher abzustimmen. Soeben ruft Herr H[egmann] an, ob er mich sprechen kann.
Ihrer Anregung festzustellen, wo die Militärregierung überall versucht, gegen den Willen der Bevölkerung sozialdemokratische Beamte in leitende Stellen zu bringen, werde ich folgen. Ich glaube ja, daß erst der Ausfall der demnächstigen Wahlen die britische Militärregierung dazu bringen wird, hiervon Abstand zu nehmen.
Inzwischen erhielt ich auch Ihren Brief vom 24.6. d. Js.3. Die Klagen über die Haltung der CDU-Presse sind ganz allgemein und nur zu berechtigt. Ich werde, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Ihren Brief und die Zeitungsanlagen der »Rheinischen Post« übersenden.
Dankbar bin ich Ihnen für die Mitteilung über die Äußerung des Herrn Reimann4. Ich werde natürlich Herrn Reimann schriftlich und mündlich zur Rede stellen und Ihnen dann weiteren Bescheid geben.
Gleichzeitig mit diesem Brief geht ein Brief nach Düsseldorf ab wegen des Finanzausschusses.
Ihre Rücktrittserklärung5 habe ich mitgenommen zum Zonenausschuß der CDU der britischen Zone, der vergangene Woche einige Tage in Neuenkirchen in Westfalen tagte und dort einigen Herren zum Lesen gegeben und gleichzeitig das Lied vom braven Mann gesungen.
Seien Sie herzlichst gegrüßt wie immer
Ihr
(Adenauer)
Hierin Angaben zu kommunal- und personalpolitischen Entscheidungen der britischen Militärregierung (»Bevorzugung marxistischer Bewerber«).
Vgl. Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen, S. 171.
Vgl. hierzu und zum nachfolgenden das Schreiben an den Chefredakteur der »Rheinischen Post« vom 1.7.1946.
Die »Äußerung« Reimanns konnte nicht nachgewiesen werden; der Weitz-Brief und die unvollständig erhaltenen Anlagen geben hierüber keinerlei Aufschluss.
Weitz hatte wegen der geplanten Ernennung des Stadtoberamtmannes Hofmann zum Oberstadtdirektor von Duisburg am 31.5.1946 ein Demissionsgesuch an die örtlichen Besatzungsstellen gerichtet (das kurz darauf durch die Entscheidung für einen anderen Kandidaten – Gustav Klimpel [1891-1956] – allerdings gegenstandslos wurde; hierzu Abschrift eines Weitz-Briefes an Regierungspräsident Kurt Necker vom 11.7.1946); vgl. Gunter v. Roden, Heinrich Weitz, S. 200f.